Läuft die CSS-Gruppe aus dem Ruder?

Konzernchefin der CSS-Gruppe Philomena Colatrella (Bild: PD)

Bei der CSS-Gruppe gibt es offenbar mehr Missstände als gedacht. Das Verhalten der Konzernleitung wirft Fragen auf.

Die in Luzern domizilierte Krankenkassen-Gruppe CSS ist wieder einmal in die Schlagzeilen geraten. Diesmal geht es um «dicke Post», welche die von Konzernchefin Philomena Colatrella geführte Krankenkasse von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma erhalten hat.

Dabei geht es gemäss einer Mitteilung der Aufsichtsbehörde darum, dass die CSS offenbar Teile der Vertriebs- und Verwaltungskosten gruppenintern einseitig zulasten der Zusatzversicherten verteilt habe. Die Aufsicht ordne deshalb an, 129 Millionen Franken den Betroffenen zurückzuerstatten.

Kämpferische Krankenkasse

Die CSS-Gruppe reagiert ihrerseits mit einer Medieninformation, dass sie die Verfügung des Regulators, in der ihr schwere Verletzungen des Aufsichtsrechts vorgeworfen werden, prüfe. «Der Entscheid der Finma ist nicht rechtskräftig und kann von der CSS beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden», hiess es.

Die strittige Allokation von Kosten betrifft die Jahre 2013 bis 2019. Dies entspricht laut dem CSS-Communiqué rund 1,5 Prozent der Jahresprämie, im Schnitt rund 14 Franken pro Jahr und versicherter Person.

Wirtschaftsprüfer muss gehen

Die CSS muss zudem das Mandat mit ihrer externen Revisionsgesellschaft EY beenden und eine neue Prüfungsgesellschaft suchen. Das ist schon sehr aussergewöhnlich.

Mit der womöglich falschen Verbuchung von Kosten sind dann auch die darauf aufbauenden Prozesse nicht korrekt gelaufen. Die Finma genehmigte letztlich zu hohe Tarife, hiess es diesbezüglich in der Mitteilung der Aufsichtsbehörde weiter. Eine Frage, die bei alldem sofort aufkommt, ist, ob dann die Grundversicherung mit zu geringen Kosten belastet wurde. Da wird das Bundesamt für Gesundheit BAG, welches für die Aufsicht in der obligatorischen Krankenversicherung zuständig ist, genau hinsehen müssen.

Öffentlichkeit irregeführt?

Die generelle Reaktion der CSS-Gruppe verwundert allerdings mancherorts. Es wäre doch einfach gewesen, zuzugeben, dass da etwas nicht nach den Vorstellungen der Aufsichtsbehörde verlaufen ist. Aber nein, die CSS-Gruppe gibt sich kämpferisch und jubelt: «Eine seriöse und nachhaltige Geschäftsführung im Interesse der Versicherten steht im Mittelpunkt des Handelns der CSS. Der grösste Schweizer Grundversicherer hält sich dabei stets an die gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Vorgaben.»

Letzteres ist allerdings nicht korrekt, weil die CSS-Gruppe als einzige Schweizer Krankenversicherung die gesetzlichen Vorgaben bei der Solvabilität 2021 nicht eingehalten hatte. Sie musste eine Fusion von Grundversicherern vornehmen, damit die Solvenzquote wieder eine gesetzeskonforme Gestalt annimmt. Die Missstände waren auf dem Finanzportal finews.ch publik gemacht worden und hatten Wellen geschlagen.

Gleich zwei Unterdeckungen

Die beiden zur CSS-Gruppe gehörenden Krankenkassen Sanagate und Arcosana hatten nämlich nur Solvenzwerte von 87 beziehungsweise 97 Prozent aufgewiesen und lagen somit unter den aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen Mindestwert von 100 Prozent.

Konzernchefin Colatrella führt die Gruppe seit 2016 und all diese Misstände fallen in ihre Verantwortung. Mit Schulterzucken reagiert man daher derzeit mancherorts, weshalb die CSS-Gruppe sich nun mit dem Regulator für Zusatzversicherungen so anlegt. Schliesslich würdigt die Finma in ihrer Verfügung sogar die Massnahmen ausdrücklich, die von der CSS zur Qualitätssteigerung des Geschäfts seit Jahren umgesetzt wurden.

17.08.2022/kut.

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