Raiffeisen-Chefökonom: «Eine Insel der Glücksseligen»

Martin Neff, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz
Der Chefökonom von Raiffeisen Schweiz, Martin Neff, ist voller Lobes für die Schweiz. (Bild: PD)

Die Welt ist vielerorts ökonomisch aus den Fugen geraten. Doch ein Land meistert seinen Weg vorbildlich.

Selten hat es so viel Lob über die Wirtschaft eines Landes gegeben. Während der Coronavirus-Pandemie ist die Volkswirtschaft mit Blick auf das reale Wachstum viel weniger abgestürzt und hat sich viel rascher erholt.

Sowohl bei der Beschäftigung als auch bei den Unternehmen sind negative Aspekte, wie hohe Arbeitslosigkeit und Massen-Konkurse, praktisch ausgeblieben.

Top of the world

Die Rede ist von der Schweiz und Martin Neff, dem Chefökonom von Raiffeisen Schweiz. Er kommt aus dem Schwärmen derzeit fast gar nicht mehr heraus. «Absolute Spitzenklasse», sagte der sonst kritische Wirtschaftsexperte diesmal vor den Medien, wenn es um den Platz der Schweiz im globalen Wettbewerb geht.

Das Land sei «Top of the world», wenn man auf die Rankings von IMD Lausanne zur Wettbewerbsfähigkeit, der Uno zur Innovationsfreude beziehungsweise vom World Economic Forum WEF zur globalen Wettbewerbsposition blickt.

Gewiss, die Verteidigung der Schweizer Landwirtschaft bremse die Wettbewerbsposition etwas. Aber die Lage des kleinen Landes sei ein absolutes Erfolgsmodell.

Geringere Akademisierung

Selbst im Vergleich mit anderen Ländern, wie mit den USA oder etwa mit dem Nachbarn Deutschland, muss sich die Schweiz nicht verstecken.

Ganz im Gegenteil gebe es hierzulande zum Beispiel keine Akademiker-Schwemme, die zum Fehlen von handwerklichen Fachkräften führe, und auch keine fatalen Streikwellen, welche die Volkswirtschaft bremsen könnten.

Selbst die Staatsschulden in Relation zum Bruttoinlandprodukt BIP sind nach der jüngsten Finanzkrise und nach der Coronavirus-Pandemie nicht wie in anderen Ländern, etwa in Deutschland, Frankreich, Italien oder sogar in den USA, explodiert.

Energieintensität gesunken

Und auch aktuell navigiert sich die Schweiz gut durch die Energiekrise sowie die Inflation, betonte Neff.

Bezüglich der Erzeugerpreise habe das Land seine Wettbewerbsposition sogar verbessert, weil der Anstieg der Kosten für Unternehmen nicht so stark wie in anderen Regionen gewesen sei.

Entgegen kam der Schweiz laut dem Chefökonomen der drittgrössten Bankengruppe des Landes, dass es bereits kaum noch energieintensive Massenproduktionen gibt.

Finnland mit seiner Papierindustrie, Australien mit seinem Bergbau und Belgien mit seiner Stahlindustrie kommen in der Energiekrise unter Druck.

Der Anteil der besonders energieintensiven Branchen sei in der Schweiz bereits sehr gering, führte Neff gegenüber muula.ch weiter aus.

Moderates Lohnwachstum

Über den starken Schweizerfranken konnte die Schweizer Volkswirtschaft zudem den Inflationsschock abfedern, hiess es weiter.

Dabei sei die Schweiz zudem von sogenannten Zweitrundeneffekten bei der Teuerung, also dem Überwälzen von Inflation von den Firmen auf die Endverbraucher, bis auf wenige Ausnahmen verschont geblieben.

«Die USA und die Eurozone steht in diesem Punkt unglaublich schlecht im Vergleich mit der Schweiz da», betonte der Starökonom. Selbstverständlich habe auch das tiefere Lohnwachstum hierzulande die globale Wettbewerbsposition der Schweiz verbessert, führte der 63-Jährige weiter aus.

Zugpferd Migration

Die Schweiz geniesse als Zuwanderungsland zudem eine besondere Attraktivität. Dabei würde automatisch die Knappheit bei den Arbeitskräften gemildert. Allerdings teilt sich der Wohlstand dann auch auf mehrere Nasen, weshalb die Schweiz beim BIP pro Kopf etwa von den USA und Deutschland überholt würde.

In diesen Ländern verlangsamte sich nämlich die Einwanderung – relativ betrachtet.

Sonderfall Schweiz

Mit Blick auf die Zukunft rechnet der Raiffeisen-Chefökonom zwar für dieses Jahr mit keiner berauschenden, aber auch keiner beunruhigenden Wirtschaftsentwicklung für die Schweiz. Das BIP soll rund 1 Prozent zulegen.

Die EU und die USA dürften es dagegen deutlich schwerer haben. Neff erwartet für die Vereinigten Staaten ein BIP-Anstieg von 0,5 Prozent und für die Eurozone ein Nullwachstum.

Die Schweiz sei, so der Chefökonom von Raiffeisen Schweiz gegenüber muula.ch, eben eine Insel der Glücksseligen.

10./11./01.2023/kut.

Raiffeisen-Chefökonom: «Eine Insel der Glücksseligen»

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert