In der Schweiz wurden bisher keine Kosten der Überlastung von Infrastruktur und Verkehrsmitteln quantifiziert. Dabei wären das bedeutsame Beträge.
Überlastete Strassen und Züge kosten die Schweizer Volkswirtschaft jährlich mehrere Milliarden Franken. Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) hat nun erstmals die Zeitverluste auf den Strassen und die Komfortkosten für den öffentlichen Verkehr beziffert.
In der dicken Studie, die am Dienstag der Öffentlichkeit präsentiert wurde und das Verkehrsaufkommen des Jahres 2019 als Basis nimmt, kommen die Experten zu erstaunlichen Beträgen.
Zahlungsbereitschaften ermitteln
Auf knapp 200.000 Stunden häuften sich jeden Tag auf Schweizer Strassen die Verspätungen. Dies geschehe, weil Autos und Lastwagen in Staus feststeckten oder nur langsam vorwärtskämen, teilte das ARE in einer Mitteilung mit.
Die verlorene Zeit koste rund drei Milliarden Franken pro Jahr, hiess es weiter. Das ARE erhebe diese Verspätungskosten auf der Strasse anhand eines Vergleichs mit der staufreien Fahrzeit während der Nacht.
Die Kosten entsprächen der Zahlungsbereitschaft der Verkehrsteilnehmer, um Verspätungen zu vermeiden. Die Auto- und Lastwagenfahrer wären also bereit, rund drei Milliarden Franken zu bezahlen, falls sie dafür garantiert keine Verspätungen im Strassenverkehr hinnehmen müssten, erklärten die Fachleute.
Hauptstrassen betroffen
Neun von zehn Stunden der Verspätung gehen demnach zu Lasten der Personenwagen. Der Rest entfällt auf Lieferwagen und den Schwerverkehr.
Besonders häufig und lange stünden Fahrzeuge auf Hauptstrassen still. Am meisten Zeit büssten die Verkehrsteilnehmer an Werktagen ein, hiess es zudem. Ein viel kleinerer Teil entfällt auf die Wochenenden oder auf Ferienreisen. Knapp 20 Prozent der Zeit geht zu Spitzenzeiten, also zwischen 7 und 8 Uhr sowie zwischen 17 und 18 Uhr, verloren.
Die durchschnittlichen Zeitverlustkosten pro Fahrzeugkilometer – für Fahrzeuge, die einen Zeitverlust erleiden – betragen gemäss der Studie rund 4.4 Rappen bei den Personenwagen, 5.9 Rappen bei den Lieferwagen und 6.6 Rappen bei den schweren Nutzfahrzeugen.
Millionen unbequeme Stunden
Das ARE erhob aber erstmals auch die Komforteinbussen im öffentlichen Verkehr, die Fahrgäste durch überfüllte Züge, Busse und Trams zu Spitzenzeiten erleiden. ÖV-Teilnehmer haben demnach doch tatsächlich rund 41 Millionen Personenstunden in überlasteten Wagons oder Bussen verbracht.
Dies entspricht laut den ARE-Experten volkswirtschaftlichen Kosten von rund 27 Millionen Franken. So viel wären die Verkehrsteilnehmenden also bereit zu bezahlen, um in weniger überlasteten Verkehrsmitteln zu fahren.
Verspätungen noch zusätzlich
Stehplätze wurden dabei noch nicht einmal in die Analyse einbezogen, sondern ein Transportmittel galt als überfüllt, wenn rund 90 Prozent der Sitzplatzkapazität ausgeschöpft war.
Und aufgrund des Fokus auf die Überlastungen wurden keine Verspätungskosten im ÖV quantifiziert, da diese mehrheitlich nicht auf Überlastungen zurückzuführen sind, sondern Qualitätseinbussen darstellen. Gleichwohl müssten Verspätungen auch beachtet werden.
Schlussfolgerungen wichtig
Die strategischen Entwicklungsprogramme des Bundes für die Eisenbahninfrastruktur, die Nationalstrassen und für den Agglomerationsverkehr haben ja eigentlich das Ziel, das Transportsystem zu verbessern und Verspätungen zu reduzieren.
Nun wissen die Verantwortlichen zumindest, was den Betroffenen gewisse Verbesserungen an der Infrastruktur wert wären und schliessen in diesem Sinne eine Wissenslücke.
04.10.2022/kut.