Finanzprüfer erteilen Alain Berset nachträgliche Ohrfeige

Alt-Bundesrat Alain Berset
Alt Bundesrat Alain Berset in seiner Lieblingspose beim Arbeiten. (Bild: PD)

Nicht einmal 20.000 Schweizer haben ein elektronisches Patientendossier. Doch die Finanzprüfer des Bundes finden dazu noch mehr Kurioses.

«Die Einführung des elektronischen Patientendossiers ist stark verzögert, und die gesetzlichen Vorgaben sind nicht eingehalten.»

Das ist das Fazit einer Untersuchung der Eidgenössischen Finanzkontrolle EFK beim Bundesamt für Gesundheit BAG nach rund zehn Jahren an Arbeit und Millioneninvestitionen.

Gesetz gebrochen

Das brisante Papier, welches die Finanzprüfer des Bundes diese Woche publizierten, zeigt, dass lediglich 19.500 Einwohner per April 2023 einen solchen elektronischen Ordner für ihre Gesundheitsdaten eröffnet haben.

Drei Jahre nach dem gesetzlichen Anschlussstichtag seien erst 44 Prozent der Spitäler angeschlossen. Bei den Pflegeheimen seien es sogar nur 33 Prozent ein Jahr nach deren Stichtag.

In der Summe verbleibt somit eine hohe Anzahl von Spitälern und Pflegeheimen, welche die gesetzliche Voraussetzung für eine Leistungserbringung zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung eigentlich gar nicht erfüllen, so das Fazit der Kontrolleure.

Unklares Vorgehen

Genau dabei kommt auch die grösste Schwachstelle des Schweizer Gesundheitswesens wieder zum Vorschein und das ist die Mehrfachrolle der Kantone sowie die unklare Rolle des Bundes.

«Die grossen Schwierigkeiten beim elektronischen Patientendossier sind laut der EFK darauf zurückzuführen, dass dem BAG die Handhabe fehlt, um die Einführung der Digitalisierung durchzusetzen.

Die Spitäler und Pflegeheime unterstehen nämlich den Kantonen.

Nur ein Teil involviert

Ein Problem ist auch, dass die Tiefe, wie die Daten aus dem elektronischen Dossier von Patienten etwa in die Prozesse der Kliniken integriert werden sollen, völlig unklar ist. Dabei sind die Pflegeheime und ambulante Gesundheitseinrichtungen zu einer Mitarbeit nicht angehalten, was aber kein einheitliches Bild ergibt.

Das BAG will aber auch die Pflegeheime, Hausärzte, Physiotherapeuten, Hebammen & Co. in diesen Prozess nicht einbeziehen und die EFK stimmte dieser Vorgehensweise zähneknirschend zu.

Grundmodell zu hinterfragen

Bei alldem zeigt sich auch, dass zehn Jahre nach der Lancierung des elektronischen Patientendossier so viel Zeit ins Land gegangen ist, das Grundmodell zu hinterfragen.

«Ergänzend notwendig wäre eine umfassende Analyse der über zehn Jahre alten und mitunter problematischen, im Gesetz verankerten Grundprinzipien», erklärte die EFK.

Beispiele dafür seien, dass das Dossier dezentral und privatwirtschaftlich organisiert ist, oder dass Gesundheitseinrichtungen ihre Stammgemeinschaft ohne Beachtung von Kantonsgrenzen auswählen könnten.

Behörde reagiert verschnupft

Die aktuelle Phase der Überarbeitung sei da eine günstige Gelegenheit, diese Analyse durchzuführen. Die Finanzprüfer empfehlen daher mit Nachdruck, dass das BAG ein zentrales elektronisches Patientendossier dem heutigen Modell systematisch gegenüberstellt und basierend darauf die Gesetzesrevision angeht.

Vom Eidgenössischen Innendepartement EDI, dem das BAG untersteht, und das 12 Jahre lang von SP-Bundesrat Alain Berset geführt worden ist, ist aber alles quasi Wurst.

In einer Stellungnahme erklärte die Behörde nach der Abschlussbesprechung mit den Finanzprüfern im Dezember 2023, der Bundesrat werde zu gegebener Zeit über das weitere Vorgehen entscheiden.

Dazu gehöre auch die Abwägung, ob das elektronische Patientendossier zentral oder dezentral geführt werden solle.

Frist bis Ende 2024 verlängert

Und zur Durchsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Anbindung von Spitälern und Pflegeheimen, die eigentlich gar keine Erstattung aus der Grundversicherung erhalten dürften, erklärte das EDI:

«Letzten Endes ist es aber Sache der Kantone, die gesetzliche Verpflichtung der Anbindung von stationären Leistungserbringern durchzusetzen.»

Es zeigt sich somit, dass die vielen Millionen Franken verpufft sind, um das elektronische Patientendossier zu installieren und damit viele unnötigen Doppeluntersuchungen im Schweizer Gesundheitswesen zu vermeiden.

Die EFK setzt dem BAG für ihre selbst angekündigten Massnahmen zur Behebung von Schwachstellen eine erneute Frist bis Ende 2024.

Der Gesamtbericht der Finanzprüfer ist aber nichts anders, als eine Ohrfeige an den ehemaligen Vorsteher des EDI und einstigen Gesundheitsminister Berset.

28.03.2024/kut.

Finanzprüfer erteilen Alain Berset nachträgliche Ohrfeige

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