Schweiz und EU schalten den Turbo ein

Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
Die Schweiz und die EU eröffnen neue Verhandlungen in Brüssel. (Screenshot: muula.ch)

Die Schweiz und die EU haben offiziell wieder Verhandlungen aufgenommen. Die Geschwindigkeit zu einem neuen Pakt wirft Fragen auf.

Wer es eilig hat, muss Zugeständnisse machen. So lautet eine alte Weisheit bei Verhandlungen.

Und genau die Eile, mit der sich die Schweiz derzeit der Europäischen Union EU annähert, macht stutzig.

Unterschiedliche Aussagen

Die aktuelle Schweizer Bundespräsidentin Viola Amherd und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigten sich am Montag in Brüssel hocherfreut, dass die Verhandlungen zu den verschiedenen Elementen des Pakets bereits diese Woche starten könnten.

Amherd sprach davon, dass es noch in dieser Woche losgehen könnte. Die EU war konkreter und sagte, schon am Dienstag gehe es los.

So unterschiedlich kann man das Gleiche beschreiben. Ganz davon abgesehen, sahen Amherd und von der Leyen ziemlich uniform gekleidet aus.

Bestehendes aktualisieren

Die Schweiz und die EU seien bestrebt, ihre Beziehungen zu stabilisieren und weiterzuentwickeln, hiess es. Die Verabschiedung der Verhandlungsmandate bedeute schon einen grossen Schritt in diese Richtung.

Grundpfeiler des Pakets, über das nun verhandelt werde, sei der hindernisfreie Zugang zum EU-Binnenmarkt. Genau dies betonte Amherd auch, denn der freie Marktzugang für Schweizer Unternehmen sei besonders wichtig.

Bestehende Binnenmarktabkommen sollen daher aktualisiert und neue sektorielle Abkommen in den Bereichen Strom und Lebensmittelsicherheit mit dem Anschluss an EU-Warnsysteme abgeschlossen werden.

Giftpillen schön verpackt

Doch das Verhandlungsmandat, welche die Schweizer Regierung letztlich verabschiedet hat, ist von lautstarken Protesten begleitet worden.

Die SVP sowie die Gewerkschaften gingen auf die Barrikaden, dass der Bundesrat hinter dem Rücken des Volkes quasi bereits zahlreiche Eckpfeiler festgezurrt habe.

Laut der «Neuen Zürcher Zeitung» vom heutigen Dienstag drohen die Gewerkschafter sogar mit einem Abbruch der Gespräche im Inland, wenn der Bundesrat nicht endlich reinen Wein einschenkt.

Die Geschwindigkeit des Vorgehens der Landesregierung sowie der EU verdeutlicht, dass dem Schweizer Volk, noch ehe es erwacht, mit aller Eile zahlreiche Giftpillen untergeschoben werden sollen.

Sozialsysteme schützen?

Besonders anstössig ist dabei, dass die Schweiz sich dem Europäischen Gerichtshof unterordnen müsse und auch beim Lohnschutz weitestgehend die Bedingungen der EU akzeptiert wurden.

Bei der Personenfreizügigkeit gehe es der Schweiz um den Erhalt des Lohnschutzniveaus und um eine arbeitsmarktorientierte Zuwanderung, mit dem Ziel, das Sozialsystem zu schützen, erklärte die Schweiz etwas verklausuliert im Communiqué.

Die EU wolle keine Unterscheidung mehr für ihre Landsleute, egal aus welchem EU-Staat die Menschen kommen, betonte von der Leyen an der Presseorientierung, die merkwürdigerweise auf Deutsch gehalten wurde.

Positives Momentum nutzen

Um den Stand der Verhandlungen zu besprechen, werde für Juni ein Treffen zwischen dem Vize-Kommissionspräsidenten Maroš Šefčovič und Bundesrat Ignazio Cassis, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), ins Auge gefasst, hiess es zur weiteren Vorgehensweise.

Von der Leyen zeigte sich hocherfreut und betonte, dass das positive Momentum für Verhandlungen genutzt werden müsse und man noch in diesem Jahr dem Ende der Verhandlungen entgegensehe.

Warum es bei so wichtigen Anliegen plötzlich so schnell gehen muss, ist aber unklar.

Ausschöpfen oder Ausschröpfen?

Es muss daher auch der berühmte Freud’sche Versprecher gewesen sein, als die EU-Kommissionspräsidentin an Anwesenheit von Amherd an der Pressekonferenz in Brüssel erklärte, dass das Potenzial in den Beziehungen der Schweiz mit der EU noch gross sei und ihr das Wort ausschöpfen auch mit drei Anläufen nicht über die Lippen kam, sondern eher wie ausschröpfen klang.

Auch die Erklärung von Madame von der Leyen verwunderte, dass die EU mit dem Abkommen im Wissenschaftsbereich den Klimawandel in den Schweizer Alpen möglichst genau mit ihrem EU-Satellitenaufklärungsprogramm überwachen wolle.

Das kann die EU doch auch schon ohne Abkommen tun.

Rahmenabkommen 2.0

Letztlich steht auch noch im Kleingedruckten, dass die EU ein Paket von zehn Abkommen mit der Schweiz anstrebe und diese als eine Einheit betrachte. Wer dabei das Wort von EU-Rahmenabkommen gebraucht, dürfte wohl nicht falsch liegen.

Dies hatte die Schweiz aber klar abgelehnt und die Verhandlungen abgebrochen.

19.03.2024/kut.

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