Wo die Schweiz ihre Luxusprobleme entsorgt

Der geordnete Umgang mit Abfall ist ein gesellschaftliches Problem. (Bild: E. Demicoli / unsplash)

Die Schweiz lebt oft im Überfluss, doch wo soll der ganze Abfall hin? Ein neuer Leitfaden des Bundes gibt spannende Einblicke und zeigt die Grenzen des Landes sowie zwei Sonderfälle auf.

Die Schweiz will die Lebensgrundlagen für die heutige und künftige Generationen erhalten. Doch das ist angesichts der Wegwerfgesellschaft gar nicht so einfach, denn wo soll der ganze Müll hin?

Die Schweiz verfüge über eine gut ausgebaute Infrastruktur für die Sammlung und Behandlung von Abfällen aus Haushalten, Industrie und Gewerbe, erklärte das Bundesamt für Umwelt Bafu in einem neuen Leitfaden zur grenzüberschreitenden Abfallentsorgung.

Fehlende Kapazitäten

So würden gemischte, brennbare Abfälle, Klärschlamm, Abfälle aus der Strassenreinigung sowie zu deponierende Abfälle praktisch ausschliesslich in der Schweiz entsorgt.

Für einige andere Abfälle fehlten allerdings Anlagen zur Behandlung oder die Kapazitäten reichen nicht aus, hiess es weiter. So würden zum Beispiel Metalle wie Kupfer, Aluminium oder Zink aus Schweizer Abfällen in spezialisierten ausländischen Anlagen zurückgewonnen.

Export wichtig

Für die thermische Behandlung von Abfällen aus der Sanierung von grossen belasteten Standorten brauche die Schweiz aber ebenfalls Kapazitäten im Ausland, erklärte das Bafu weiter.

Die Möglichkeit zum Export von Abfällen sei deshalb ein wichtiges Element der Schweizerischen Abfallwirtschaft. Allerdings zeigen die Ausführungen vom Bafu, dass die Schweiz beim Müll weitestgehend nicht auf Kosten anderer lebt.

Der Import von Abfällen ist laut dem Umweltamt lediglich durch grenznahe Verbringungen von Siedlungsabfällen oder Kehricht aus Industrie sowie Gewerbe zur Verbrennung in Schweizer Verbrennungsanlagen geprägt.

Auf die Strasse stellen

Normalbürger machen sich von alldem oftmals keine grossen Gedanken. Meist stellen sie in der Schweiz einfach Gegenstände mit dem Vermerk «gratis» auf die Strassen und hoffen, dass einerseits noch jemand Verwendung für die Dinge hat und sich andererseits die Entsorgungskosten zu sparen.

Aber gerade für das anstehende Weihnachtsfest sollten sich die Bürger auch an die Müllproblematik erinnern.

Der grenzüberschreitende Verkehr mit Abfällen ist im Basler Übereinkommen über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung sowie dem OECD-Ratsbeschluss geregelt.

Lückenlose Deklaration

Die Verbringung darf grundsätzlich nur mit vorgängiger Zustimmung der betroffenen Staaten durchgeführt werden. Im Bewilligungsverfahren muss insbesondere nachgewiesen werden, dass die Abfälle umweltverträglich und nach dem Stand der Technik entsorgt werden.

Bei Export von Elektrogeräten müssen die Firmen obendrein zeigen, dass die Geräte noch funktionieren, falls sie diese nicht als Abfall deklarieren.

Nur bestimmte nicht gefährliche Abfälle dürfen Exporteure ohne Bewilligung zur Verwertung grenzüberschreitend verbringen. All diese Verbringungen von Abfällen werden zudem dokumentiert.

USA und Liechtenstein

Das Schweizerische Abfallverzeichnis entspricht mit wenigen Ausnahmen demjenigen der EU. Und interessant ist in diesem Zusammenhang noch ein Sonderaspekt: Die USA sind zwar eines der wenigen Länder weltweit, die nicht Vertragspartei des Basler Übereinkommens sind – jedoch sind sie Mitglied der OECD.

Und da der OECD-Ratsbeschluss eine Übereinkunft nach Art. 11 des Basler Übereinkommens darstellt, ist die Ausfuhr von Abfällen in die USA sogar erlaubt. Gleiches gilt für die Einfuhr von Abfällen aus den USA.

Es gibt aber neben den USA noch einen Sonderfall: Der Verkehr zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein gilt aufgrund des Zollvertrags nicht als grenzüberschreitender Verkehr. Für den Verkehr zwischen Liechtenstein und Drittstaaten ist somit einzig das Schweizer Bafu die zuständige (Müll-)Behörde.

Recycling noch verbessern

Das grösste Problem der Schweiz in Bezug auf den Abfalls sind sowieso ganz andere Bereiche.

Wie eine regelmässige Analyse zur Zusammensetzung des Hausmülls ergibt, haben biogene Abfälle sowie Papier im Kehrricht mit 32 beziehungsweise 14 Prozent die grössten Anteile.

Diese Bestandteile könnte die Bevölkerung eigentlich noch aussortieren, wie das Bafu unlängst mahnte. In den vergangenen Jahren habe die Schweiz zahlreiche Erfolge etwa beim Recycling erzielt. «Wir sind aber noch nicht am Ziel», erklärte die Bafu-Direktorin Katrin Schneeberger aber mahnend.

20.12.2022/kut.

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