Die Chinesen sind bekannt, dass sie Kennzahlen manchmal so gestalten, wie sie die Angaben gerne hätten. Externe können dann kaum nachvollziehen, was genau vor sich geht – wie das Beispiel Syngenta zeigt.
Die in Basel domizilierte Syngenta-Gruppe habe im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Gewinn auf Rekordniveau erreicht, teilte der mittlerweile chinesische Konzern am heutigen Mittwoch freudig mit.
Der operative Gewinn des von CEO Erik Fyrwald geleiteten Unternehmens auf Stufe Ebitda habe um 20 Prozent auf sage und schreibe 5,6 Milliarden Dollar zugelegt, hiess es weiter.
Beeindruckende Werte
Zu konstanten Wechselkursen wäre die Steigerung bei dem Agrochemie-Konzern sogar bei 25 Prozent gewesen. Der Umsatz erhöhte sich im Geschäftsjahr 2022 zudem in der Grössenordnung von 19 Prozent auf 33,4 Milliarden Dollar.
«Das Ebitda für das Gesamtjahr wuchs im Vergleich zum Vorjahr um 1,0 Milliarde Dollar (plus 20 Prozent) auf ein Allzeithoch von 5,6 Milliarden Dollar. Begünstigt durch operative Produktivitätssteigerungen erhöhte sich die Ebitda-Marge im gleichen Zeitraum um 0,3 Prozentpunkte auf 16,7 Prozent», hiess es wörtlich im Communiqué.
Enorme Nachfrage
Als Haupttreiber für die ansehnlichen Entwicklungen gab die chinesische Gruppe an, dass die Produkte und Dienstleistungen von Syngenta den Landwirten hälfen, ihre Erträge zu steigern sowie nachhaltige Anbaumethoden zu fördern, und daher die Nachfrage enorm zugenommen habe.
Die Erwartungen globaler Versorgungsengpässe hätten sogar dazu geführt, dass Landwirte früher im Jahr die benötigten Produkte gekauft hätten, so Syngenta, was allerdings die Dynamik gegen Jahresende etwas geschwächt habe.
Kleingedrucktes wichtig
Klingt doch alles eigentlich so weit gut, oder? Naja, muss man aber sagen, wenn man auf die «Endnoten» der Medienmitteilung schaut.
Dort heisst es nämlich, dass die in der Mitteilung dargestellten Ergebnisse ungeprüft seien und auf einer Konsolidierung der Geschäftseinheiten der «Syngenta Group» beruhten, zu der die Syngenta AG, die Syngenta Group China, Adama Ltd., Sinofert Holdings, Winall Hi-tech Seed und Yangnong Chemical gehörten.
Schwierige Vergleiche
Warum sind sie ungeprüft, wo es doch eine Jahresrechnung betrifft?
Auch dafür wird neben der komplexen Gruppenstruktur, die eigentlich nur einen Teil des ganzen Gebildes Sinochem umfasst, eine Erklärung angegeben.
Das Ebitda sei nämlich keine durch Rechnungslegungsstandards definierte Kennzahl und daher möglicherweise auch nicht mit ähnlich beschriebenen Kennzahlen anderer Unternehmen vergleichbar.
«Die Syngenta Group definiert Ebitda als Gewinn vor Zinsen, Steuern, Minderheitsanteilen (ohne beherrschenden Einfluss), Abschreibungen, Restrukturierungsaufwendungen und Wertberichtigungen», hiess es.
Das in der Pressemitteilung verwendete Ebitda berücksichtige zudem keine Einmaleffekte, führten die Chinesen weiter aus – ohne allerdings die Grössenordnungen für all die Anpassungen preiszugeben.
Vieles herausgerechnet
«Das Ebitda berücksichtigt ebenfalls nicht andere einmalige oder nicht zahlungswirksame / nicht operative Posten, die keinen Einfluss auf die laufende Performance des Unternehmens haben. Auch die Auswirkungen eines zeitlich gebundenen, auf Konzernebene eingeführten langfristigen Incentive-Programms für das Management werden nicht einbezogen», relativiert Syngenta die Resultate noch einmal.
Auf Nachfragen wollte der Konzern die Anpassungen und Konsolidierungseffekte aber nicht erläutern, wie ein Mediensprecher gegenüber muula.ch erklärte.
Die Gruppe publiziert allerdings den IFRS-Jahresabschluss der Syngenta AG in Basel, was für sich genommen aber eigentlich schon eine ganze Agrochemie-Gruppe darstellt.
Kein Ebitda
Mit diesen konsolidierten Angaben zur «Syngenta AG» kann man sich als Externer zumindest bei den Angaben zum Umsatz von rund 20 Milliarden Dollar sowie zum (Teil-)Konzerngewinn von rund 1,9 Milliarden Dollar sicher sein. Ein Ebitda fehlt allerdings.
Die Grössenordnungen zeigen jedoch, dass bis zum Gesamt-Gruppenumsatz der Syngenta-Gruppe von 33,4 Milliarden Dollar, wie sie eingangs erwähnt wurden, noch viel Geschäft hinzukäme.
Diese Aktivitäten müssten dann auch recht profitabel sein.
500 Millionen in Hongkong
Mit anderen Worten kommt bei den Gruppen-Resultaten zum Ebitda wahrscheinlich heraus, was man in Peking gerne sehen möchte.
Formal klingt alles super, doch ins Detail darf keiner schauen. Transparenz sieht wahrscheinlich anders aus.
Da können Externe auch nur staunen, wie die Gruppe mit solch mageren Angaben unlängst sogar einen Bond in Höhe von 500 Millionen US-Dollar an der Börse in Hongkong emittieren konnte.
Vorsicht geboten
Wie auch immer. Ein Schweizer Starökonom hat sich vor kurzem auch mit den Chinesen angelegt, weil er ihnen Manipulation an Daten auf clevere Art nachweisen konnte, wie muula.ch berichtete.
Das Fazit kann bei alldem also nur lauten, dass Zahlenangaben von Chinesen generell mit besonderer Vorsicht zu geniessen sind.
22.03.2023/kut.