Weitet die Finma ihren Geltungsbereich unnötig aus?

Das Logo der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht
Die Finma will Comparis an die kurze Leine nehmen. (Bild: PD Finma)

Die Finanzmarktaufsicht will wie viele Behörden immer mehr regulieren. Ein Streit eskaliert und landet nun vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma startet ihren nächsten umstrittenen Regulierungsakt.

Wie schon bei der Entwertung der AT-1-Bonds der Krisenbank Credit Suisse will die Schweizer Aufsichtsbehörde allein ihre Sichtweise auf die Dinge durchsetzen.

Nur Sichtweise des Amtes

Diesmal geht es aber nicht um die Banken, sondern um die Versicherungsbrache.

Der Online-Vergleichsdienst Comparis wurde im Rahmen eines Enforcementverfahrens von der Finma als Versicherungsvermittler eingestuft, teilte das Amt am heutigen Freitag überraschend mit.

Comparis sei als ungebundener Versicherungsvermittler tätig und müsse sich daher registrieren, so die Entscheide der Finma.

Präsentieren von Angeboten

Comparis betreibt ein Online-Portal, auf dem Nutzende verschiedene Versicherungstypen von verschiedenen Anbietern vergleichen können.

Dabei präsentiert die Firma einer interessierten Person aufgrund individueller Informationen und Suchkriterien eine massgeschneiderte Produkterangliste mit der Möglichkeit zur Offertanfrage beim Versicherungsunternehmen.

So können die Nutzenden anhand der auf dem individuellen Suchprofil beruhenden Rangliste eine Versicherungsofferte einholen.

Sobald auf diesem Weg aber eine Offerte eingeholt wird, bekommt eine als Versicherungsvermittlerin registrierte Schwestergesellschaft von Comparis vom entsprechenden Versicherer für diesen sogenannten Lead eine Vergütung.

Damit erfülle Comparis die Funktion der Versicherungsvermittlung, so die Behörde.

Umweg nicht akzeptiert

Comparis habe zwar ihr ursprüngliches Geschäftsmodell angepasst, indem eine als Versicherungsvermittler registrierte Schwester-Gesellschaft für die Bestellung der Offerten zuständig sei.

Der Prozess bleibe jedoch grundsätzlich gleich, indem auf der Comparis-Website aufgrund eines Versicherungsvergleichs Offerten bestellt werden könnten. Die für die Vermittlung eines Produkts entscheidende Funktion – nämlich der Versicherungsvergleich – verbleibe bei Comparis.

Jahrelange Praxis geändert

Comparis sieht das anders, wie die Firma in mehreren Medienmitteilungen betonte und auch am heutigen Freitag nochmals erklärte.

Das Online-Portal biete seit 1996 Versicherungsvergleiche an und zähle mit über 80 Millionen Besuchen im Jahr zu den meistgenutzten Schweizer Websites.

Über Jahre sei unbestritten gewesen, dass es keine Regulierung für diese Vergleiche braucht.

Die Finma sehe das nunmehr anders und argumentiere, dass aufgrund der Möglichkeit, den Versicherern über die Website Offertanfragen zukommen zu lassen, der gesamte Vergleich als Versicherungsvermittlung einzustufen sei.

Schlag auf Schlag

Comparis habe von der Aufsicht am 27. September 2023 eine Verfügung zugestellt bekommen, in der sie die Plattform auffordere, bis zum 3. November 2023 ein Gesuch für die Eintragung ins Register der Versicherungsvermittler einzureichen, schrieb Comparis weiter.

Dabei hat das Unternehmen ein Gutachten, dass die Frage klar beantwortet, ob ein Vergleichsdienst, wie Comparis, Versicherungsverträge «anbietet» oder «abschliesst».

Das Bundesverwaltungsgericht muss nun klären, ob die Sichtweise von Comparis oder die Sichtweise der Finma mehr Gewicht bekommt.

Vorgelagerte Tätigkeiten als Dorn

Daniel Jositsch, Strafrechtsprofessor, SP-Ständerat und Comparis-Beirat, erachte einen klärenden Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts in dieser Angelegenheit als wichtig:

«Bevor auf Verordnungsstufe der Geltungsbereich der Versicherungsvermittlertätigkeit ausgeweitet wird, soll das Bundesverwaltungsgericht entscheiden, ob auch dem Anbieten und Abschliessen von Versicherungsverträgen vorgelagerte Informations- und Vergleichsangebote zur Versicherungsvermittlung gemäss Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) gehören.»

Für Comparis ist die Frage, ob Information über Versicherer und Versicherungsprodukte bereits Teil der Versicherungsvermittlung ist, deshalb wichtig, weil der Internetvergleichsdienst mit grossen Konkurrenten wie Google und anderen Technologiegiganten im Wettbewerb stehe, sagte Comparis-Gründer und Verwaltungsrat Richard Eisler.

Halbe Welt registrieren?

Wenn auch Information, Marketing, Sponsoring oder Werbung Teil der Versicherungsvermittlung gemäss Gesetz wären, bräuchten neben Comparis auch Medien- sowie Werbeunternehmen und besonders Technologiefirmen wie Google und Facebook eine Finma-Registrierung», so Eisler weiter.

Für Comparis dürfte der Schritt der Finma zu einem ungünstigen Zeitpunkt kommen.

Denn auf die Explosion der Krankenkassenprämien, die im nächsten Jahr wirkt und über die auch muula.ch berichtete, dürften viele Schweizerinnen und Schweizer den Drang verspüren, ihre Krankenkasse wechseln zu wollen.

Insofern wären eine Übersicht über alle Angebote für die Kunden sicher hilfreich und der Finma-Streit mit Comparis unnötig.

29.09.2023/kut.

Weitet die Finma ihren Geltungsbereich unnötig aus?

One thought on “Weitet die Finma ihren Geltungsbereich unnötig aus?

  • September 29, 2023 at 9:33 pm
    Permalink

    Gut haben sie Daniel Jositsch.
    Dann wird es ohnehin – weil politisch brisant – noch einige Jahre dauern, bis die Instanzen (angefangen vom Bundesverwaltungsgericht?) einen Entscheid Fällen werden.
    Viel Erfolg für Comparis.

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