Ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren, heisst es so schön. Doch der Volksspruch löste einen Streit aus.
Dieser Tage dürften sich viele Menschen die Augen reiben, wenn sie Post vom Weinpapst Philipp Schwander erhalten. Der bekannte Weinhändler und Weinexperte von Selection Schwander übersät die Schweiz mit einer Stellungnahme zu zwei Artikeln der ehrwürdigen «Neuen Zürcher Zeitung».
Fachlich miserabel
«Unbrauchbare Artikel über Alkohol in der NZZ», heisst es gleich in der Überschrift. Zu seinem Bedauern habe die sonst von ihm so geschätzte Tageszeitung «zwei äusserst tendenziöse, durch nichts zu rechtfertigende Beiträge über die schädlichen Auswirkungen des Alkoholkonsums» publiziert.
In den zwei fachlich miserablen Artikeln, geschrieben von einer Magisterin in evangelischer Theologie und einer Journalistin mit abgebrochenem Studium der Tiermedizin, werde der Kausalzusammenhang zwischen Krebs und Alkohol hervorgehoben.
«Einmal mehr wird hier ein gängiger Trick militanter Gesundheitsapostel angewendet, indem Prozentzahlen anstelle von absoluten Zahlen aufgeführt werden», schimpfte Schwander.
Krankheiten treten weniger auf
Die zwei Beiträge behaupteten zudem, Alkohol habe in jeder Dosierung negative Wirkungen. «Das ist schlicht falsch», beanstandete der Weinkenner, den die «NZZ» selbst als den bekanntesten Weinexperten des Landes bezeichnet.
Eine Meta-Studie, also eine Analyse von vielen Untersuchungen, brachte hierzu allerdings genau das Gegenteil hervor.
Von 140 untersuchten Krankheiten fanden die Autoren immerhin bei 49 Krankheitsbildern positive Effekte von Alkohol, also vermindertes Auftreten, lautet offenbar die ganze Wahrheit.
Selber Forschung präsentieren
Verschwiegen werde in den «NZZ»-Artikeln nicht nur die positiven Wirkungen, sondern auch die wissenschaftlich nachgewiesenen Effekte darüber, «dass regelmässiger leichter bis mässiger Alkoholkonsum günstige Auswirkungen auf das Herz hat», bemängelte der Star-Weinexperte.
Wo er recht hat, hat er recht. Und muula.ch berichtet auch regelmässig über Alkoholisches, wie beispielsweise zu den Überraschungen unter den besten Schweizer Weinen oder über die Königsklasse der Champagner.
Schwander werde daher mit einem Mediziner eine eingehende Analyse und Erläuterung des aktuellen Standes der Forschung präsentieren, führte er weiter aus. Damit geht der Experte also selbst in die Offensive.
Erbärmliches Resultat
Mit der lapidaren Aussage «Jedes Glas ist eins zu viel» könne Alkoholforschung beim Menschen als hochkomplexe Angelegenheit nicht abgehandelt werden, kritisierte Schwander die Berichterstattung weiter.
«Lassen Sie sich durch unausgegorene, einseitige Berichte Ihre Freude am Wein nicht verderben», empfahl der Weinhändler und Weinkenner bis zur Präsentation der Forschungsresultate.
Viel vernichtender als in der Stellungnahme ist Schwanders Urteil aber im Anschreiben, das dieser Tage in viele Schweizer Haushalte flattert.
Das Ergebnis der beiden Artikel über die Auswirkungen des Alkoholkonsums sei «pitoyabel», kritisierte er dort im Kundenbrief klipp und klar die «Neue Zürcher Zeitung». Erbärmlich ist wahrscheinlich genau das richtige Wort.
24.01.2024/kut./Tippfehler korrigiert