Villeroy & Boch rettet sich ins Badezimmer

Ein Badezimmer von Volleroy & Boch
Villeroy & Boch glaubt an das Besondere im Zuhause der Menschen. (Bild: PD)

Seit 1748 produziert Villeroy & Boch seine Keramikwaren. In einer Abtei im Saarland finden die Gründerfamilien die Zukunft um das edle Porzellan.

Zum 275. Firmenjubiläum präsentierte das Familienunternehmen Villeroy & Boch die Lösung für ihr Geschäft.

Der Konzern, der fast eine Milliarde Euro umsetzt und einen Gewinn von 61 Millionen Euro erwirtschaftet, will das Zuhause seiner Kundschaft zu etwas ganz Besonderem machen.

Wohnaccessoires und Geschenke

Die Firma setzt neben «Dining & Lifestyle» vermehrt auf den Unternehmensbereich «Bad & Wellness», wie die seit Anfang des Jahres amtierende Konzernchefin Gabi Schupp im Interview mit der «Wirtschaftswoche» erklärte.

Dabei geht es gar nicht mehr so stark um Tischkultur.

CEO von Villeroy & Boch Gabi Schupp
Gabi Schupp leitet seit Anfang dieses Jahres die Firma Villeroy & Boch (Bild: PD)

«Das Produktportfolio ist diverser geworden: Tischaccessoires werden zu Wohnaccessoires und Geschenken», erklärte die erste Frau, die in der Geschichte des Traditionsunternehmens einen Posten in der Geschäftsleitung einnahm.

Buttermesser verschwinden

Dabei sind viele Dinge auf den Tischen der Menschen obsolet geworden. «Buttermesser oder auch Fischmesser zum Beispiel werden immer weniger nachgefragt», erklärte die Managerin.

Auch auf Kaffeekannen werde häufig verzichtet und würden nicht mehr ersetzt, wenn sie kaputtgingen.

«Stark entwickelt sich dagegen alles, was sich Mug nennt», sagte Schupp über den Kaffeepott mit Henkel, der keine Untertasse hat. «Da würden manche sagen: Das ist ein Mangel an Kultur», erklärte sie aber.

Insgesamt reagiert das Unternehmen mit den Massnahmen, dass es immer weniger Hochzeitstische und die traditionelle Aussteuer bei Jugendlichen zur Hochzeit gibt.

Hohe Qualität und Innovation

Ganz grundsätzlich spreche der Trend allerdings schon für die Produkte von Villeroy & Boch. «Wer die Zeit investiert, um schön zu kochen, isst auch gerne von einem schönen Teller», hiess es weiter. Dies habe etwas mit Lebensstil zu tun.

Die Kundschaft vertraue da in die Marke wegen der Qualität und der Innovation, sagte die Managerin, die nun das Sagen am Hauptsitz im saarländischen Mettlach hat, der sich in einer alten Abtei befindet.

Akquisition getätigt

Doch neben der Ausweitung des klassischen Porzellansortiments sieht Villeroy & Boch grosses Wachstum im Badbereich.

Zwei Drittel des Umsatzes steht laut dem aktuellen Geschäftsabschluss bereits für diese Geschäfte, was vielerorts gar nicht wahrgenommen wurde.

Die Bad-Branche sei ein dynamischer Wachstumsmarkt, weshalb Villeroy & Boch auch den belgischen Armaturenhersteller Ideal Standard übernommen habe. «Wir machen einen grossen Sprung und schliessen mit der Übernahme zu den führenden Badherstellern Europas auf», sagte sie zum Zukauf der hochprofitablen Firma.

Grösse und Skaleneffekte würden immer mehr eine Rolle spielen.

Ein Badezimmer von Villeroy & Boch
Ästhetik spielt bei Villeroy & Boch eine grosse Rolle. (Bild: PD)

«Hinzu kommt, dass Ideal Standard unser eigenes Geschäftsmodell hervorragend ergänzt, sowohl von den Produkten, den Kunden, aber auch geographisch», betonte die Managerin, die eigentlich aus der Personalberatung kommt.

Wohnungen überall gebraucht

Von dem Zukauf zeigte sich Schupp mehr als überzeugt, auch wenn es im Jubiläumsjahr in der Sparte nicht sonderlich gut lief. «2023 war ein aussergewöhnliches Geschäftsjahr mit rückläufiger Konjunktur, einer hohen Inflation und einer generellen Verunsicherung wegen zahlreicher geopolitischer Krisen».

Dies habe vor allem die Baubranche getroffen. «Ganz grundsätzlich denke ich aber schon, dass der Trend für uns spricht und uns durch diese herausfordernden Zeiten trägt», betonte sie.

Alle wüssten, dass viele Wohnungen gebraucht würden und daher rede sie von einer Delle und zeigte sich überzeugt, dass sich die Baubranche erholen werde.

Eigene Geschäfte wichtig

«Ich bin sehr froh, dass wir die beiden Standbeine haben», sagte Schupp weiter. Das Dining-&-Lifestyle-Geschäft sei in Frankreich und Italien gut gewachsen; der Badbereich dagegen in China. «Wichtig ist für uns, breit aufgestellt zu sein», erklärte die Firmenchefin die Strategie.

Und um aussterbende Innenstädte und weniger Porzellanfachgeschäfte macht sich Schupp ebenfalls kaum Sorgen. «Wir haben 85 eigene Geschäfte auf der ganzen Welt und im Onlinehandel unsere E-Shops», erklärte die Villeroy-&-Boch-Chefin. Dies mache die Firma unabhängig und resilient.

Zudem glaube sie daran, dass der stationäre Handel bestehen bleibe. «Die Kunden möchten die Ware auch weiterhin irgendwann und irgendwo anfassen», gab sich die erste Frau an der Firmenspitze von Villeroy & Boch in der «Wirtschaftswoche» überzeugt.

23.03.2024/kut.

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