Der Dschungel an Administration bei Schweizer Familienzulagen ist dicht. Doch eigentlich wäre die Aufgabe für Bund und Kantone simpel.
Die Schweiz gilt nicht als besonders familienfreundliches Land und der fast einzige Zustupf für Familien ist ein Moloch an Administration.
Dies wird beim Blick auf die neuesten Jahreszahlen deutlich, welche das Bundesamt für Statistik BFS dieser Tage für das Jahr 2022 publiziert hat.
Rund 4000 Franken je Kind
Die Umverteilung klingt dabei noch ganz einfach: Die Arbeitgeber und ein paar Versicherte zahlen jedes Jahr 6,6 Milliarden Franken in einen Topf ein. Der Bund gibt 200 Millionen Franken dazu und an Kapitalerträgen resultieren 100 Millionen Franken.
Dies ergibt zusammen 6,9 Milliarden Franken, die auf rund 1,8 Millionen Schweizer Kinder und Auszubildende verteilt werden. All diese Umverteilung geht aus der Grafik eindrücklich hervor.
Bei der Summe von 6,9 Milliarden Franken, die jedes Jahr verteilt wird, kommt also im Schnitt 4000 Franken pro Kind je Jahr heraus, was rund 330 Franken pro Monat und Kind ergibt.
Natürlich wäre die Schweiz nicht die Schweiz, wenn alles so einfach wäre.
Viele Sonderrollen
Zwischen den Kantonen gibt es bei den Familienzulagen gewaltige Unterschiede bei den Beträgen und die Landwirtschaft spielt logischerweise eine Extrawurst. Die Kantone regeln die Finanzierung der Familienzulagen und der Verwaltungskosten selber.
Von Sonderrollen für Selbständige oder Nichterwerbstätige und Arbeitslosen ganz zu schweigen.
Klar haben Grenzgänger und Saisonarbeiter unter Umständen einen Anspruch auf das Geld. Bei Adoptionen gibt es wieder einen Sonderweg. Und divergierende Arbeits- und Wohnkantone erhöhen die Konfusion.
Hunderte Ausgleichskassen
Hinzu kommt ein Moloch von Hunderten Umlagestellen im Land. Die jüngste Liste der zugelassenen Familienausgleichkassen, welche die Beiträge erheben und auf Antrag die Zulagen auszahlen, ist «bloss» 79 Seiten lang.
Die Auszahlung erfolgt nicht automatisch, sondern muss beantragt werden. So sichert das Land viele Arbeitsplätze. Vergisst jemand den Antrag, bekommt die Familie das Geld fünf Jahre rückwirkend.
Nur wenige Kapitalerträge
Warum nur 100 Millionen Franken an Kapitalerträgen anfallen, steht auch auf einem anderen Blatt.
Nun, im Jahr 2022 waren die Kapitalerträge eigentlich negativ, aber zum Glück gab es sonstige Einnahmen, welche halfen, das Defizit wegzuzaubern.
Nimmt man mal die Hälfte des Verteilungsbetrages und verzinst ihn marktüblich, käme aber locker das Doppelte heraus. Also auch hierbei gibt es Potenzial.
Ideen spielen lassen
Doch warum ist das System so kompliziert? Schliesslich gilt es nur darum, den Kindern und Jugendlichen in Ausbildung monatlich 330 Franken zukommen zu lassen.
Einfacher wäre es da zum Beispiel, die Auszahlung über die Steuererklärung gleich mitzuregeln.
Dann entfielen auch die aufwändigen Abklärungen, ob ein Kind nun beim Vater oder bei der Mutter gemeldet ist, ob das Kind im Ausland lebt, und ob die Ausbildung mittlerweile nicht schon längst abgeschlossen ist. An Ideen zur Verbesserung des Systems gäbe es sicher genug, man müsste nur etwas ändern wollen.
Personalabteilungen gefordert
Von den Verwaltungskosten, welche die Hunderte von Ausgleichskassen verursachen, können Unternehmen ohnehin ein Lied von singen.
Administration hier, Administration dort und klar in den Personalabteilungen müssen die Arbeitnehmer noch melden, ob die Zulagen für das Kind beim Vater oder bei der Mutter bezogen werden. Wer eine Stelle wechselt, administriert seine Familienverhältnisse von vorne.
In dem Umlageverfahren sind all solche Kosten noch nicht einmal berücksichtigt. Familienfreundliche Betriebe verwalten sich quasi zu Tode.
Die Komplexität des Schweizer Systems der Familienzulagen ist enorm. Die Umverteilung kostet viel Geld. Am Ende leiden die Familien und dabei könnte die Schweiz viel familienfreundlicher sein.
12.02.2024/kut.