
Der Mobiliar war die Schweiz zu klein geworden und der Versicherer versuchte sein Glück wieder einmal im Ausland. Doch das ging erneut schief.
«Die Vergütungspolitik der Mobiliar trägt den genossenschaftlichen Werten des Unternehmens Rechnung», schrieb der Berner Versicherer in seinem aktuellen Geschäftsbericht.
Das heisst, dass die Konzernchefin Michèle Rodoni um die 1,5 Millionen Franken jährlich als Lohn rund 1,5 Millionen Franken mit nach Hause nimmt, was die Gesellschaft sowohl als angemessen als auch konkurenzfähig einstufte.
Liquidation und Entlassungen
Für so viel Geld dürfen die Genossen der Mobiliar also auch Top-Managementleistungen erwarten. Doch dies ist bei Weitem nicht so.
Die Mobiliar stampfte unlängst die mit grossen Paukenschlägen angekündigten Investitionen in sogenannte Ökosysteme fast alle ein, wie muula.ch berichtete.
Beim Start-up Liiva, welches eine digitale Wohneigentumsplattform darstellte und die Mobiliar von Raiffeisen vollständig übernommen hatte, gab es sogar Entlassungen und die Gesellschaft befindet sich in Liquidation.
Dies räumte die seit 2021 amtierende Rodoni erst auf Nachfrage an der Medienkonferenz zum Jahresergebnis 2024 wortkarg ein.
Abwicklung des Geschäfts
Am heutigen Dienstagabend gab die Mobiliar nun kleinlaut die nächste Hiobsbotschaft bekannt.
Nach eingehender Prüfung habe der Berner Versicherer entschieden, die Geschäftstätigkeiten des Insurtech-Unternehmens Companjon (Anavon DAC) in Irland einzustellen.
Dieser Entscheid werde erhebliche Auswirkungen auf die rund 60 Mitarbeiter, 34 davon in Irland, der Rest in mehreren europäischen Ländern, haben, hiess es weiter.
Companjon habe ein Konsultationsverfahren mit der Belegschaft eröffnet.
Die bestehenden Embedded Versicherungspolicen würden unter Vorbehalt der Genehmigung durch die Behörden abgewickelt.
Volle Kehrtwende
Auch diese Auslandsexpansion hatte Mobiliar mit viel Tamtam angekündigt.
Es waren mit Matthias Naumann ein erfahrener Partner vom Beratungsunternehmen Boston Consulting Group (BCG) und mit Patrick Manley ein Topmanager der Zurich Insurance sogar mit grossen Worten für das Geschäft im Insurtech-Bereich beauftragt worden.
Der Schweizer Markt sei zu klein, doch die EU lockte mit einer halben Milliarde an Kunden für digitale Versicherungsangebote, hatte der Versicherer zu dem Abenteuer in Dublin erklärt. Diese Medieninformation ist mittlerweile auf der Webseite aber nicht mehr aufzufinden.
Die weitere Entwicklung und Skalierung dieses Geschäftsfelds stimmten nicht mehr mit dem strategischen Fokus auf das Kerngeschäft in der Schweiz überein, kommentierte Mobiliar-Chefin Rodoni nun den Ausstiegsentscheid.
Büro in Deutschland eingestampft
Seinen Genossen blieb der Versicherer allerdings die Informationen schuldig, wie viele Millionen die Mobiliar mit all den Abenteuern nunmehr in den Sand gesetzt hat.
Da lässt die Transparenz zu wünschen übrig. Auch bei den Entlassungen ist unklar, wie viele Mitarbeiter bei all den Ökosystemen ins Gras beissen müssen.
Eine Auslandsexpansion der Mobiliar war unlängst schon mit einem Büro in Deutschland schiefgegangen.
Die älteste Privatversicherung der Schweiz hat jenseits der Landesgrenzen also offensichtlich kein Glück.
Chance in der Schweiz verpasst
Bei der Konsolidierung des Schweizer Marktes hätte die 1826 gegründete Mobiliar auch eine aktive Rolle spielen können.
Das Schweizer Lebengeschäft der Basler Baloise hätte sehr gut zu den Bernern gepasst, die praktisch nur im Sachversicherungsgeschäft richtig stark sind.
Stattdessen fusioniert nun Baloise mit der Helvetia-Gruppe und werden Mobiliar gestärkt Beine im Nicht-Leben-Bereich machen.
Rodoni hatte an der Medienkonferenz bei diesem Thema nur rhetorisch zurückgefragt, ob die Journalisten mit Sicherheit wüssten, dass die Baloise-Gruppe überhaupt zum Verkauf stünde.
Ineffiziente Oberaufsicht
Wer angemessene und konkurrenzfähige Löhne wie ein börsenkotierter Grosskonzern zahlt, dürfte wohl einen besseren Leistungsausweis liefern und mehr Transparenz walten lassen.
Doch da ist Mobiliar plötzlich eine Genossenschaft. Wie viel bei solchen Gesellschaften im Argen liegt, wissen die Genossen dabei oft nicht.
150 Delegierte vertreten die Genossenschafter – das ist keine effiziente Oberaufsicht.
Doch eventuell stimmen bei Mobiliar die Leistung und die Transparenz – doch die Kaderlöhne sind einfach zu hoch.
01.07.2025/kut.