Eine US-Klage schreckt Hermès. Die Nerven liegen aber auch in der Schweiz blank, obwohl der Luxusgüterkonzern aus Paris noch gelassen reagiert.
«Sie möchten eine unserer berühmten Birkin-Handtaschen kaufen?», lautet meist die Rückfrage in den noblen Boutiquen des Luxusgüterkonzerns Hermès.
«Aber wir kennen Sie ja kaum als Kunden und können Ihre Loyalität zu unserer Luxusmarke nicht einschätzen», geht das Gespräch oftmals weiter.
US-Kartellrecht im Fokus
Genau diese Verkaufspraktik vieler Luxusgüterkonzerne, die Kundschaft zu einer Historie an Käufen zu zwingen, bevor ihnen die Kassenschlager überhaupt angeboten werden, steht nun im Mittelpunkt von Rechtsstreitereien in den USA.
Nur an Kunden eine Birkin- oder Kelly-Handtasche zu verkaufen, die auch andere Produkte erworben haben, stünde nicht in Einklang mit dem US-Kartellrecht, lauten die Vorwürfe.
Direkte Verkaufsgewinne als Hürde
Doch selbst bei Schweizer Luxusuhren kommt diese Praxis nicht selten zum Einsatz.
Boutiquen werden angehalten, Rolex- oder Patek-Philippe-Luxusuhren, nicht einfach an jeden Kunden zu verkaufen, sondern nur an jene, die von den umgehenden Gewinnen durch den hohen Wiederverkaufswert möglichst keinen Gebrauch machen.
Um diese Frage zu beantworten, solle die Kundschaft ihre Loyalität zur jeweiligen Marke zeigen und die Luxusfirmen möchten die Käufer erst einmal besser kennenlernen, um ihr Kaufverhalten besser einschätzen zu können. Die Bonussysteme des Verkaufspersonals sind darauf ausgerichtet.
Doch dies hat zwei verzweifelte Käufer einer Birkin-Handtasche in den USA zu einer Klage in Milliardenhöhe getrieben.
Kämpferische Worte vom Präsidenten
Hermès respektiere selbstverständlich das Kartellrecht aller Länder, sagte diesbezüglich Axel Duma in dieser Woche auf der Generalversammlung des Luxusgüterkonzerns.
In den USA werde sich die Firma mit allen Mitteln verteidigen, führte der Aufsichtsratsvorsitzende weiter aus.
Aktionäre machen sich oftmals Sorgen über solche Rechtsstreitigkeiten und daher kommen sie an den Generalversammlungen zur Sprache.
Aus Einzel- werden Sammelklagen
Die Schwierigkeit ist jedoch in den USA, dass sich solche Einzelklagen rasch zu Sammelklagen entwickeln, weil sich immer mehr Kläger dem gleichen Anliegen anschliessen.
Und der Hermès-Konzern ist nicht nur für seine Birkin- und Kelly-Handtaschen bekannt, sondern auch dafür, dass sich der Luxusgüterhersteller gerne im Hintergrund mit viel Geld solchen Klagen entledigt.
Teilen mit Anwälten
Schweizer Konzerne mögen solche Sammelklagen in den USA meist ebenfalls nicht.
Genau dies dürfte die Strategie der Kläger sein – statt einer Milliarde Dollar als Streitwert bekommen sie dann ein paar Millionen und teilen es sich mit ihren Anwälten.
Falls es nicht funktioniert, müssen die Kläger ihre Rechtsvertreter häufig auch nicht bezahlen.
04.05.2024/kut.