
Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB bestellten Züge für 2 Milliarden Franken bei Siemens. Die Konkurrenz kocht und blockiert den Grossauftrag.
Ist die Firma Stadler Rail um den einstigen SVP-Nationalrat Peter Spuhler ein schlechter Verlierer?
Einkauf für Milliarden
Dies könnte meinen, wer die Ereignisse nach der Vergabe des Milliardenauftrages für neue Züge der Zürcher S-Bahn und der Westschweiz durch die Schweizerischen Bundesbahnen SBB an die Deutschen um Siemens nüchtern betrachtet.
Stadler Rail blockiert nun nämlich das Voranschreiten der Arbeiten um die Bestellung für 2 Milliarden Franken.
Unabhängige Prüfung gefordert
Stadler Rail habe beim Bundesverwaltungsgericht einen Rekurs gegen die Vergabe von den SBB über 116 Doppelstock-Züge eingereicht, teilte der Zughersteller aus Bussnang TG am Freitag mit.
Nach einer vertieften Analyse komme Stadler Rail zum Schluss, dass der Vergabeentscheid vom Bundesverwaltungsgericht als unabhängige Instanz überprüft werden solle, hiess es weiter.
Eine Aussprache versandet
Seit 2012 verkehrten 153 solcher KISS-Doppelstock-Züge mit der höchsten Verfügbarkeit von 99 Prozent auf dem SBB-Netz.
Stadler habe über 700 dieser Doppelstock-Züge in 14 Länder verkauft und die Preisdifferenz zum siegreichen Angebot von Siemens an die SBB liege nur bei 0,6 Prozent, erklärte das von Spuhler präsidierte Unternehmen.
Stadler Rail könne den Vergabeentscheid nicht nachvollziehen, zumal das Unternehmen einen Zug produziere, der schon im Einsatz ist und nicht nur auf dem Papier existiere.
Das Angebot von Stadler Rail erhielt beispielsweise in der Kategorie Nachhaltigkeit nur halb so viele Punkte wie der siegreiche Anbieter aus dem Nachbarland.
Ein Gespräch mit den SBB habe diesbezüglich auch keine Klarheit gebracht.
Weniger Steuergeld nötig
Die SBB bedauerten in einem Communiqué die Beschwerde und hielten fest, dass die Vergabe streng nach den rechtlichen Vorgaben abgelaufen sei.
Siemens Mobility AG habe in der Schweiz das vorteilhafteste Angebot gemacht, hiess es weiter.
Die von Stadler Rail genannte Preisdifferenz beziehe sich nur auf die Investitionskosten.
Auf die ganze Lebensdauer summiere sich der Preisunterschied der Angebote allerdings auf einen dreistelligen Millionenbetrag, erklärte das von Vincent Ducrot als CEO geführte Staatsunternehmen.
Damit müssten die Steuerzahler weniger Geld aufbringen.
Grosser Arbeitgeber
Die Kriterien und Anforderungen an die Ausschreibung seien allen drei Anbietern transparent kommuniziert und akzeptiert worden. Dagegen war auch keine Einsprache eingegangen, hielten die SBB fest.
Die Auftragsvergabe sei kein Kopf-an-Kopf-Rennen gewesen, sondern der Vorsprung von Siemens Mobility sei klar ausgefallen.
Rund 100 Experten hätten sachlich und unabhängig die Bewertung der einzelnen Kriterien vorgenommen.
Vielleicht stufen die SBB die Siemens Mobility AG in Wallisellen ZH auch als Schweizer Anbieter ein. Immerhin beschäftigen die Deutschen hierzulande 6000 Personen.
Personelle Konsequenzen
Spuhler regt sich aber quasi jedes Mal auf, wenn ein Grossauftrag von der Schweiz ins Ausland geht.
Die nun eingeschlagene Blockade ist unnötig, wenn der Abstand tatsächlich so gross ist, wie die SBB verdeutlichen.
Sollte bei der Auftragsvergabe tatsächlich etwas nicht korrekt gelaufen sein, würde nicht nur der Kopf von SBB-CEO Ducrot rollen, sondern auch Verwaltungsratspräsidentin Monika Ribar müsste ihren Hut nehmen.
Insofern hat die Staatsbahn viel zu verlieren.
Jahrelanges Bangen
Die SBB und auch Siemens bedauerten die entstehende Verzögerung. Der Lieferplan sieht den Einsatz der neuen Züge ab 2031 vor.
Das Rechtsverfahren am Bundesverwaltungsgericht kann nun Jahre dauern, wie etwa die Klagen über die Entwertung der AT1-Bonds beim Untergang der Credit Suisse zeigen.
Der Entscheid kann noch ans Bundesgericht weitergezogen werden. Es könnte auch die Neuausschreibung drohen.
Falls Spuhler in St. Gallen beziehungsweise in Bellinzona unterliegt, dürfte er aber für künftige Aufträge das Signal an die SBB-Führung gesendet haben: Ich werde Euch auf Ewigkeiten blockieren, wenn ihr meine Züge nicht nehmt.
28.11.2025/kut.





