Private verkaufen Mietwohnungen immer mehr an Institutionelle. Dies hat Folgen auf das Mietzinsmodell der Schweiz und auf die Geldpolitik.
Im kommenden Jahr steht ein weiterer Streit am Schweizer Immobilienmarkt an.
Der Bundesrat ist in seiner letzten Sitzung im Jahr 2024 zur Überprüfung des derzeitigen Mietzinsmodells informiert worden, teilte die Administration in Bern mit.
Miete und Pacht im Fokus
Das von SVP-Bundesrat Guy Parmelin geführte Wirtschaftsdepartement WBF werde eine Überarbeitung des Mietzinsmodells und entsprechend auch der Regeln für die Anpassung der Mietzinse beantragen, hiess es weiter.
Dies beeinflusse auch das weitere Vorgehen mit den Anpassungen der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG), zu denen der Bundesrat im Frühsommer 2024 eine Vernehmlassung durchgeführt hatte.
Heutige Realitäten anders
Um das Vorgehen mit Argumenten zu belegen, liess das WBF das aus den 1980er Jahren stammende Mietzinsmodell mit einer wissenschaftlichen Studie auf seine Übereinstimmung mit den heutigen Realitäten der Immobilienfinanzierung überprüfen.
Das Modell geht davon aus, dass sich die Kapitalkosten auf 40 Prozent Eigen- und 60 Prozent Fremdkapital teilen.
Ausserdem solle der Mietzins zu 70 Prozent die Kapital- und zu 30 Prozent die übrigen Kosten, wie Unterhalt oder Verwaltungskosten, abdecken.
Fremdfinanzierung viel tiefer
Die Studie, die das Immobilienberatungsunternehmens IAZI AG im Auftrag des Bundesamtes für Wohnungswesen BWO erstellt hat, zeigt, dass sich die verschiedenen Kostenelemente des Mietzinses in den vergangenen Jahrzehnten verändert haben.
So liegen heute die übrigen Kosten sowie jene für die Fremdfinanzierung unter den Anteilen des Modells.
Dies hat seine Ursache darin, dass sich Private stark aus dem Mietwohnungsmarkt zurückgezogen haben und Institutionelle um Pensionskassen, Anlagestiftungen, Fonds, Immobiliengesellschaften & Co. eingezogen sind.
Hoher Ertrag auf Eigenkapital
Doch Private setzen viel mehr Fremdkapital als professionelle Mieteigentümer ein.
Auch die Kosten haben sich durch die neuen Besitzverhältnisse sichtbar geändert.
Die beobachteten Änderungen am Markt treffen sowohl auf sämtliche Eigentümerschaften als auch für Liegenschaften unterschiedlicher Grösse und Alters zu, hiess es von den Studienautoren.
Die übrigen Kosten sowie die Fremdfinanzierungskosten lägen unter den vom Modell angenommenen Werten, so das Fazit. Dementsprechend liegt der Ertrag auf das Eigenkapital als Residualgrösse über dem vom Modell angenommenen Anteil.
Das Mietzinsmodell ist stark durch die bei seiner Entstehung vorherrschende Dominanz der Privatpersonen geprägt.
Mittlerweile haben jedoch die institutionellen Eigentümerschaften deutlich an Bedeutung gewonnen. «Idealerweise sollte das Mietzinsmodell möglichst unabhängig von der Eigentümerschaft und von der Finanzierungsstruktur ausgestaltet sein», hiess es.
Inflation im Zaum halten
Diese Aussage dürfte die Schweizerische Nationalbank SNB freuen.
Die Zentralbank hat über die Verknüpfung des Leitzinses auf den Hypothekarmarkt nämlich das Problem, dass sie bei höher Inflation eigentlich mit Zinserhöhungen gegensteuern will.
Über das Mietzinsmodell ist der Mietmarkt mit den Hypothekarzinsen direkt verbunden und dadurch können die Vermieter bei steigenden Leitzinsen ihre Mieten auch bei bestehenden Mietverträgen erhöhen.
Dadurch heizt die SNB quasi selbst die Inflation an, denn Mieten sind mit rund 20 Prozent der grösste Posten im Warenkorb der Teuerung.
Externe Gegebenheiten?
An der jüngsten Medienkonferenz der SNB hatte muula.ch den neuen SNB-Chef Martin Schlegel gefragt, ob ihm die starke Verbindung der Leitzinsen zum Mietmarkt und damit auf die Teuerung nicht ein Dorn im Auge sei.
Doch Schlegel entgegnete nur, dass dies externe Gegebenheiten für die SNB seien.
Mit einer Lösung dieser Verbindung wäre die Geldpolitik für die Nationalbank aber viel einfacher.
Schweizer Balance wahren
Abgesehen davon, muss die Schweiz nun aufpassen, den sozialen Konsens bei der Überarbeitung nicht über den Haufen zu werfen.
Die jüngsten Ablehnungen des Volkes bei Änderungen des Mietmarktes haben gezeigt, dass eine Einigung in der Politik eben noch keinen Sieg darstellt.
Die Studienautoren sagen zwar ganz eigennützig, um genaue Wirkungen am Immobilienmarkt zu erkennen, bräuchte es weitere Abklärungen. Doch die dürfen weder Mieter noch Vermieter bevorzugen und das dürfte schwierig werden.
24.12.2024/kut.