Die Schweiz steht oft in der Kritik, bei der Umsetzung von Sanktionen zu zögerlich zu sein. Der Bundesrat liefert nun selbst neue Munition dafür.
Die Schweiz regt sich oft über Druck aus dem Ausland auf, wenn es um eine rigorose Umsetzung von Sanktionen geht.
Doch in den Augen anderer Länder sieht es meist so aus, als ob sich die Schweiz da vor ihrer Verantwortung drücken würde.
Oberflächlich gleich
Daher analysierte der Bundesrat die Rechtsunterschiede zwischen der EU und der Schweiz.
Und siehe da, der Vergleich brachte tatsächlich deutliche Differenzen zum Vorschein, welche die Unzufriedenheit des Auslands mit der Schweiz in Bezug auf Sanktionen ein Stück weit erklären.
Die Rechtsgrundlagen in der Schweiz ermöglichen es zwar genau wie in der EU jegliche Verstösse gegen Sanktionen zu verfolgen und mit Bussen, Geld- oder Freiheitsstrafen zu bestrafen, hiess es oberflächlich im Communiqué.
Teufel steckt im Detail
So könne die Schweiz eine Privatperson je nach Schwere der Tat mit bis zu fünf Jahren Freiheitsentzug, einer Geldstrafe von bis zu 540.000 Franken oder einer Busse von 100.000 Franken bestrafen.
Bei Verstössen gegen Sanktionen – etwa gegen jene von Russland – sind Firmen jedoch fein raus, wie tiefer im Report hervorgeht.
5000 Franken statt 40 Millionen Euro
In der EU könne bei Unternehmen abhängig von der Schwere des Verstosses eine Busse verhängt werden, die bis zu 5 Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes der Firma oder bis zu 40 Millionen Euro betrage, hiess es in der Detailanalyse des Bundesrats.
In der Schweiz könnten aber nur in Bagatellfällen anstelle der natürlichen Personen die Unternehmen zu einer Busse verurteilt werden, erklärte die Landesregierung. Die Höchststrafe dafür liege aber ohnehin nur bei 5000 Franken.
Sonderweg der Schweiz
Bei Verstössen gegen restriktive Massnahmen kennt die Schweizer Gesetzgebung im Gegensatz zur entsprechenden EU-Richtlinie grundsätzlich keine direkte strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen, führte der Bundesrat weiter aus.
Dies bedeute, dass natürliche Personen, die eine rechtswidrige Handlung begangen haben, dafür auch die Verantwortung tragen und mit einer für natürliche Personen vorgesehenen Sanktion bestraft würden.
Die Unternehmen sind demnach mit maximal 5000 Franken immer aus ihrer Pflicht raus.
Schweiz begrenzt Möglichkeiten
Und noch einen Unterschied förderte die Landesregierung zutage.
Die Schweizer Rechtsgrundlagen sowie die EU-Richtlinie sehen zwar beide gewisse Möglichkeiten zur Einziehung von Vermögenswerten vor.
In der Schweiz seien diese Möglichkeiten aber deutlich begrenzter, vor allem wenn es sich um die Einziehung von Vermögenswerten aufgrund eines Verstosses gegen restriktive Massnahmen handele, führte der Bundesrat diesbezüglich aus.
Keine Rechtsgrundlage
Des Weiteren erlaube die EU-Richtlinie auch die Einziehung von Vermögenswerten oder wirtschaftlichen Ressourcen, die selbst restriktiven Massnahmen unterliegen, sofern eine Person oder eine Organisation eine strafbare Handlung begangen hat, um die entsprechenden Massnahmen im Zusammenhang mit diesen Vermögenswerten zu umgehen.
In der Schweiz bestünde jedoch keine Rechtsgrundlage, mit der eine Einziehung unter diesen Voraussetzungen möglich wäre, hiess es weiter.
Somit sind die Vermögen selbst in der Schweiz auch nicht gefährdet, sondern «nur» blockiert.
Langsame Politik zeigt wenig Willen
Die Schweiz merkt mit dieser Analyse, welche rund zweieinhalb Jahre nach dem Beginn des Ukraine-Krieges und über zehn Jahre nach der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland erschien, dass sich die Rechtssysteme in Bezug auf Sanktionen grundsätzlich unterscheiden.
Der Bundesrat hätte da durchaus schneller als im Schneckentempo vorgehen und selbst die Strafen für Unternehmen bei Sanktionsverstössen erhöhen können.
Damit wäre die Schweiz sicher auch viel weniger für das Ausland angreifbar.
02.12.2024/kut.