Die Schweizer Banken haben einen Warnbrief verfasst. Damit wollen sie die Einführung der OECD-Mindestbesteuerung vorerst stoppen.
Der Brief könnte kaum eine grössere Brisanz aufweisen.
Die Schweizerische Bankiervereinigung SBVg schickte eine Warnmeldung an die Finanzministerin Karin Keller-Sutter, in dem sie umgehend die Einführung der OECD-Mindestbesteuerung in der Schweiz zum Januar 2024 stoppen solle.
Fehlen kritischer Masse
Das Schreiben wurde laut Recherchen von muula.ch bereits vor einigen Tagen an die Eidgenössische Finanzverwaltung EFD geschickt.
Die Situation zum weltweiten Inkrafttreten der globalen Besteuerungsvorschriften habe sich in den vergangenen Monaten entscheidend verändert, warnten die Schweizer Banker.
Die SBVg sehe keine kritische Masse an wichtigen Ländern, welche die konkreten Regelungen zur Mindestbesteuerung für grosse Unternehmensgruppen einführten, so der Tenor.
Schweiz soll zögern
«Wir plädieren dafür, den Entscheid für das Inkrafttreten einer schweizerischen Ergänzungssteuer und einer internationalen Ergänzungssteuer nach IIR erst im Dezember zu treffen, in enger Absprache mit den betroffenen Wirtschaftsverbänden», hiess es weiter.
Zudem plädieren die Banker für eine zeitliche und sachliche Abtrennung des Entscheides, ob eine internationale Ergänzungssteuer nach UTPR einzuführen wäre. Eine Einführung auf 2025 sei in den kommenden Monaten zu prüfen.
«Die Schweiz soll weder ‚first-mover‘, noch zu spät sein», mäkelten die Geldhäuser über ihr Sprachrohr um die Grossbank UBS, Raiffeisen-Gruppe, ZKB & Co.
Die entscheidende Frage sei, wann der geeignete Zeitpunkt sei. Dieser müsse anhand der weltweiten Entwicklung und nicht nur anhand des Fahrplans der EU entschieden werden.
Erhebliche Nachteile
Bei IIR handelt es sich laut dem Vernehmlassungsbericht um die Steuerregelungen für das Land einer Muttergesellschaft.
Bei UTPR sind die Regeln gemeint, welche eine Mindestbesteuerung bei Tochtergesellschaften vorsieht, falls in der Heimat die 15 Prozent an Mindeststeuern nicht eingeführt wurden.
Ein vorschneller Entscheid des Bundesrates zu all diesen Fragen, könnte für Schweizer Unternehmen erhebliche Nachteile bedeuten, warnte die SBVg nachdrücklich.
Dies gelte insbesondere mit Blick auf die USA und weiterer für die Schweiz wirtschaftlich bedeutender Staaten, hiess es.
Unklare Regelungen
Doch die rasche Umsetzung ist nicht der einzige Dorn im Auge.
So sei auch unklar, ob die einmal festgelegte Steuerpflicht für die Folgejahre bestehen bleibe, oder ob die Durchschnittsberechnung jedes Jahr neu vorgenommen werden müsste.
«Müsste die Dreijahres-Durchschnittsberechnung für jede Steuerperiode neu vorgenommen werden, könnte es sein, dass die Steuerpflicht jedes Jahr in einem anderen Kanton liegt», mahnte die SBVg zum unklaren kantonalen Prozedere.
One-Stop-Shop in Gefahr
Gemäss den Regelungen haben kantonale Verwaltungen obendrein Einsicht in die Daten von Geschäftseinheiten einer Unternehmensgruppe, soweit sie über Geschäftseinheiten oder Steuerobjekte dieser Unternehmensgruppe verfügen.
Diese Vorschrift dürfe aber nicht dazu führen, dass Kantone ausser dem Lead-Kanton künftig Auskunftsbegehren an ihre kantonalen Geschäftseinheiten stellten.
Andernfalls würden nämlich die Vorteile des One-Stop-Shop untergraben, kritisierten die Banker weiter.
Steuersubstrat festlegen
Und noch etwas scheint völlig unklar zu sein.
Die verwendeten Begriffe des Reingewinns, des Eigenkapitals und des Nettobeteiligungsertrags sollten sich an Schweizer Standards orientieren und nicht an die internationalen Vorschriften, gaben die Schweizer Banken – sicher sehr eigennützig – weiter zu bedenken.
Klar wird jedenfalls mit alldem, dass eine Einführung auf 2024 von alldem kaum ordnungsgemäss möglich sein wird.
Und selbst einige Kantone sind mit dem neuen Steuerverfahren völlig unzufrieden, wie sie Anfang August lautstark bekanntgaben.
26.09.2023/kut.