Schweizer Banken schiessen «Basel III Final» quasi ab

Die Schweizer Grossbanken UBS und CS residieren in Zürich. (Bild: Claudio Schwarz / unsplash)

Die Schweizer Verordnung für Eigenmittel von Banken sowie einige Finma-Regeln sollen angepasst werden. Die geplanten Änderungen schmecken den hiesigen Geldhäusern aber gar nicht.

Die Vernehmlassung des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) zur Änderung der Eigenmittelverordnung (ERV) sowie die Anhörung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) zu ihren Verordnungen zur Umsetzung von «Basel III Final» sind voll im Gang. Und genau da platzen die Schweizer Banken mit ihrer «Sichtweise» herein.

Die Implementierung der entsprechenden Standards des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS) sei zu begrüssen, schrieben die Geldhäuser über ihr Sprachrohr der Schweizerischen Bankiervereinigung SBVg in einer aktuellen Stellungnahme noch freundlich.

Doch die hiesigen Kreditinstitute kritisieren, dass die Schweizer Behörden offenbar besonders voreilig handeln wollten.

Gemeinsam mit anderen

«Die behördliche Einschätzung, dass die Auswirkungen auf die Zukunftsfähigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes soweit einschlägig bzw. dass die Umsetzung der Basler Standards in anderen wichtigen Finanzstandorten soweit möglich und relevant berücksichtigt worden seien, halten wir für unzutreffend», teilte die SBVg etwas starr mit.

Doch, was sie meint, ist klar. Für die USA und für das Vereinigte Königreich liegen noch keine Umsetzungsentwürfe vor.

Das sei insbesondere von hoher Relevanz, weil die erwähnten Eckwerte als Vergleichs-Jurisdiktionen nebst der EU explizit auch USA und UK umfassten. Darüber hinaus gewichteten die Behörden die für die Wettbewerbsfähigkeit höchst relevante Umsetzung in der EU im Rechtsvergleich viel zu wenig.

Endlosschleife als Ziel?

Für die internationale Wettbewerbssituation sei auf die für den Schweizer Finanzplatz bedeutsamen Vergleichs-Jurisdiktionen, nämlich EU, USA und UK, abzustellen. Die wettbewerbsrelevanten Aspekte von grundlegender Bedeutung sollte die Schweiz erst endgültig festgelegen, wenn genügend Klarheit bestünde, wie sie in den wichtigen Vergleichs-Jurisdiktionen umgesetzt würden.

Damit schicken sie das Vorhaben eigentlich in eine endlose Warteposition. Zwar ist das Argument mit der internationalen Betrachtungsweise nicht von der Hand zu weisen.

Wenn allerdings ausländische Regierungen und Regulatoren dann wiederum auf die Entscheide des wichtigen Finanzplatzes Schweiz warten, wäre aus Sicht von muula.ch sogar ein kompletter Stillstand bei «Basel III Final» erreicht, weil es gar nicht mehr vorwärts ginge und jeder auf jeden wartete.

Dorn im Auge

Die Schweiz könnte da ja auch eine Vorreiterrolle einnehmen. Doch das wollen die hiesigen Geldhäuser nicht. Gleichzeitig bringen die Schweizer Banken aber folgende zentrale Anliegen hervor:

Aufgrund der schwachen Datenlage sowie methodischer Unzulänglichkeiten bei der Quantifizierung vor allem des Nutzens von «Basel III Final» ist die Aussagekraft der vorgelegten Regulierungsfolgen- Abschätzung (RFA) stark eingeschränkt.

Sie vermag den Nettonutzen der Einführung von «Basel III Final» in der Schweiz nicht in hinreichend robuster Weise nachzuweisen, mahnt die SBVg.

Altes Anliegen

Die Forderungen werden anhand von Beispielen verdeutlicht. So solle es keine Einführung der Kapitalunterlegung für den Output Floor bei Pensions- und Investitionsfonds ohne externes Rating geben, bis Klarheit über die Umsetzung in EU und UK beziehungsweise über eine akzeptierte Branchenlösung bestehe. 

Auch bei den Marktrisiken und «Fundamental Review of the Trading Book» sollte die Schweiz gemäss dem Positionspapier zuwarten, bis international Klarheit besteht.

Beim Immobilien- und Hypothekarmarkt wollen die Banken ohnehin bei der aktuellen Situation bleiben, wie auch muula.ch unlängst berichtete. Neben den alten Anforderungen hat sich nunmehr das Feuer der Banken um UBS, Credit Suisse & Co. gegen die Basler Regelungen verschärft.

Rohwaren im Visier

Und noch einen wichtigen Punkt heben die Banker hervor.

Dabei geht es um den sogenannten sektoriellen Output Floor für Schweizer Hypothekenpositionen. Hierbei solle eine Beschränkung auf die Stufe Einzelinstitut (und Finanzgruppe des Einzelinstituts) vorgesehen werden – ohne Anwendung auf Gruppenstufe.

Zusätzlich fordern die Schweizer Banken, dass etwa bei der Handelsfinanzierung, einem wichtigen Geschäftsfeld der Kreditinstitute, der sogenannte RSF-Faktor, sinke. Das benötigte Stabilitäts-Funding müsse für die Rohstoff-Handelsfinanzierungen von 50 auf 10 Prozent reduziert werden.

Grundlage gekippt

Und auch die finanziellen Folgen dieser Regulierung sind den Schweizer Bankern ein Dorn im Auge.

Die Abschätzung der Regulierungsfolgen kommt nämlich zum Schluss, dass die Umsetzung von «Basel III Final» in der Schweiz in gesamtwirtschaftlicher Betrachtung mit einmaligen Nettokosten von knapp 900 Millionen Franken verbunden sei. Dies generiere einen wiederkehrenden jährlichen (volkswirtschaftlichen) Nettonutzen von 60 Millionen Franken.

Unter den zugrunde gelegten «vorsichtigen» Annahmen könne deshalb «die volkswirtschaftliche Investition einer nationalen Umsetzung von Basel III Final … innert fünfzehn Jahren amortisiert werden», hiess es in der Fassung der Beamten unter Berufung auf Experten.

Killerargument aktiviert

«Diese Ergebnisse und Schlussfolgerungen erscheinen als ausgesprochen wenig belastbar», schrieb die SBVg in der Stellungnahme. Das heisst eigentlich auch klar, gehe wieder zum Anfang.

Die Politik wird für die Schweiz kaum etwas beschliessen, wenn der finanzielle Nutzen auf das Finanzsystem auf so wackeligen Füssen steht und der SBVg sich so dagegen stemmt.

Zusammen mit der Wartehaltung auf die ausländischen Regelungen wird eine Straffung der Kapitalanforderungen so praktisch auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben.

01.11.2022/kut.

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