
Die Schweiz und die Islamische Republik Iran ändern einen fast 100 Jahre alten Staatsvertrag. Doch daran gibt es auch lautstarke Kritik.
Dinge gibt es, die glaubt man gar nicht.
Dies sind beispielsweise extrem alte Niederlassungsverträge, welche die Schweiz mit vielen Ländern geschlossen hat.
Kaiserreich Persien im Fokus
Diese Abkommen reichen von Afghanistan aus dem Jahr 1928 über Ecuador von 1888 und Grossbritannien von 1855 bis hin zu Spanien von 1879 oder den USA von 1850.
Diese Verträge haben bis heute Gültigkeit und regeln die zwischenstaatlichen Beziehungen, obwohl sich daraus beispielsweise keine Erteilung einer Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung mehr herleiten lässt.
Das Niederlassungsabkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Kaiserreich Persien von 1934 führt aber regelmässig zu Problemen, weshalb es die Schweiz nun mit der Islamischen Republik Iran ändern will.
Auch Handel geregelt
Der Vertrag regelt die Niederlassungsverhältnisse der persischen Staatsangehörigen in der Schweiz und der Schweizerischen Staatsangehörigen in Persien, dem heutigen Iran.
Es geht um den Schutz von Personen und Vermögen, aber auch um die Reisefreiheit oder das Recht auf Arbeitsausübung.
Unter Beachtung der Landesgesetze haben die Angehörigen des jeweils anderen Gebiets in gleicher Weise wie die Inländer sogar das Recht, jede Art von Industrie und Handel zu betreiben und jedes Handwerk und jeden Beruf auszuüben.
Dies gilt, soweit es sich nicht um ein Staatsmonopol oder die Ausbeutung eines vom Staate verliehenen Monopols handelt, lautet eine Regel in dem alten Staatsvertrag.
Teure Rechtsgutachten
Doch wenn die Vorschriften des iranischen Rechts wesentlich von den Schweizer Grundsätzen abweichen, kommt es zu Problemen.
Da das iranische Recht für Schweizer Gerichte schwer zugänglich sei, erfordere es zudem oft teure Rechtsgutachten und die Gerichtsverfahren verzögerten sich, führte der Bundesrat zur Änderung dieses alten Staatsvertrages aus.
Bereits im Dezember 2024 erarbeiteten die Schweiz und Iran deshalb gemeinsam eine Änderung des Niederlassungsabkommens, wie nun bekannt wurde.
Wohnsitz nötig
Künftig sollen auch für iranische Staatsangehörige in der Schweiz die allgemeinen Regeln des internationalen Privatrechts gelten. Dieses sieht im Regelfall die Anwendung des Wohnsitzrechts vor.
Für Iranerinnen und Iraner mit Wohnsitz in der Schweiz soll also im Personen-, Familien- oder im Erbrecht künftig Schweizer Recht gelten.
Wohlgemerkt braucht es dazu einen Schweizer Wohnsitz, dass diese neue Regelung wirkt. Die Vernehmlassung spricht von mehreren tausend Personen, welche die Änderungen tangieren.
Für den Rest der Iraner gelten auch weiterhin in der Schweiz religiös geprägte Regeln durch einen fremdländischen Wächterrat, welcher sich an der islamischen Scharia orientiert, der Frauen ganz offiziell weniger Rechte zugesteht.
Schweizer Grundwerte achten
Iran hält aber anders als die Schweiz am Heimatrecht fest, was allerdings selbst ohne Staatsvertrag gelten würde.
Diese Rechtsanwendung ist jedoch positiv für Schweizer in Iran, weil dort damit das Schweizerische Personen-, Familien- und Erbrecht seine Anwendung findet.
In der Vernehmlassung gab es aber auch kritische Stimmen, weshalb die Schweiz bald 100 Jahre braucht, um eine solch umstrittene Rechtsanwendung in der Schweiz loszuwerden, hiess es beispielsweise.
Die Anwendung des Wohnsitzprinzips sei besser mit den Grundwerten des Schweizer Rechts vereinbar als die Anwendung des Heimatrechts, welches bei iranischen Staatsbürgern in der Schweiz eben zu iranischem Recht führt.
Meistbegünstigung für Perser
Doch es gibt noch einen anderen Aspekt, der für Stirnrunzeln sorgt.
Wenn die Schweiz schon das ganze Änderungsprocedere mit Vernehmlassung & Co. durchläuft, hätte sie noch eine Klausel in dem alten Staatsvertrag ändern können, hiess es etwa von der SVP, die bei der ganzen Sache gar keinen richtigen Anstoss an den «fremden Richtern» hegt.
Im Abkommen mit Iran räumt die Schweiz weiterhin eine Meistbegünstigungsregel ein, welche den Iranern gewisse Vorteile in der Eidgenossenschaft verschafft.
«In allen diesen Angelegenheiten geniessen sie eine Behandlung, die nicht weniger günstig ist als die den Angehörigen der meistbegünstigten Nation gewährte Behandlung», heisst es im Abkommen, weshalb Iraner vor Schweizer Gerichten die beste Behandlung aller Staaten weltweit geniessen.
Umgekehrt gilt dies für Schweizer in Iran aber auch.
Blinde Justizia?
Schweizer Richter sind durch den alten Staatsvertrag zu Erfüllungsgehilfen iranischer Machthaber geworden.
Vor dem Gesetz sind selbst in der Schweiz eben doch nicht alle Menschen gleich.
Sachen gibt es, die glaubt man eigentlich gar nicht.
22.12.2025/kut.





