Schweiz verpasst mit PUK wieder historische Chance

Eine Strasse mit Schweizer Flaggen in Bern
Die Schweiz hat die Mitglieder der PUK zum Untergang der Credit Suisse bestimmt. (Bild: A. Andersen / unsplash)

Die Schweiz ist vom Untergang der Credit Suisse stark getroffen worden. Doch bei der Aufarbeitung der Krise vergibt das Land, wie bereits vor Kurzem, eine historische Chance.

Lückenlose, ja restlose Aufklärung schallten die Rufe überall, als das Ende der Krisenbank Credit Suisse (CS) besiegelt worden war.

Doch die Politik wäre nicht die Politik, wenn sie tatsächlich Klarheit zum Untergang der einstigen Vorzeigebank am Schweizer Finanzplatz schaffen würde.

Keine Ahnung von Materie

Die von allen Seiten begrüsste Parlamentarische Untersuchungskommission PUK, welche nunmehr eingesetzt wird, um alles aufzuklären, hat zwar 5 Millionen Franken zum Untersuchen bekommen, wie auch muula.ch berichtete.

Doch die Personen, die aufklären sollen, haben vom Geschäft internationaler Grossbanken so viel Ahnung, wie der Teufel vom Weihwasser

Man weiss ungefähr, was es soll, aber von Details hat man keinen blassen Schimmer.

CDS und AT-1

Was sind Credit-Default-Swaps CDS? Wie funktioniert Investmentbanking?

Was steht in den 500 beziehungsweise 1000 Seiten umfassenden Jahresabschlüssen der zwei Grossbanken zu derivativen Finanzinstrumenten? Welche Risikogewichtungen werden bei den Finanzkennzahlen vorgenommen und warum?

Und wer hatte von AT-1-Bonds überhaupt schon einmal gehört? Wahrscheinlich niemand vom folgenden Personenkreis:

Die sechs Bundeshausfraktionen hatten 14 Personen für die PUK nominiert, wovon elf aus der Deutschschweiz stammen sowie neun Männer und fünf Frauen sind. 

Mitte und Grüne vorne

Dann kam am heutigen Mittwoch die überraschende Wahl.

Ständerätin Isabelle Chassot (Mitte/FR) wird die PUK präsidieren. Vizepräsidentin der PUK wird die Nationalrätin Franziska Ryser (Grüne/SG), wie die Gremien vor den Medien mitteilten.

Zwei Frauen an der Spitze im Männergremium, Chassot ist zudem Westschweizerin – das ist doch ein gelungener Kompromiss, wird sich die Schweiz sagen.

Heer und Jositsch

Weitere Mitglieder des Untersuchungsgremiums sind aus dem Nationalrat die Politiker Alfred Heer (SVP/ZH), Thomas Matter (SVP/ZH), Roger Nordmann (SP/VD), Leo Müller (Mitte/LU), Daniela Schneeberger (FDP/BL) und Roland Fischer (GLP/LU).

Aus dem Ständerat kommen Heidi Z’graggen (Mitte/UR), Andrea Caroni (FDP/AR), Philippe Bauer (FDP/NE), Werner Salzmann (SVP/BE), Daniel Jositsch (SP/ZH) und Maya Graf (Grüne/BL) in die PUK.

Bessere Kandidaten?

Für den Vorsitz wäre aber zum Beispiel der 58-jährige Fischer besser geeignet gewesen, weil er als Ökonom zumindest über etwas Knowhow des Ganzen verfügt. Fischer ist zudem Präsident der Finanzkommission des Nationalrats und dürfte sich mit Zahlen auskennen.

Auch Schneeberger wäre beispielsweise prädestiniert gewesen, weil sie Treuhänderin ist. Aber sie ist in der FDP und die dürfte zu sehr mit der untergegangenen CS verbandelt sein.

Juristin und junge Technikerin

Kompetente Kontrolleure wollte aber wohl niemand. Nicht auszudenken, wenn die PUK wirklich irgendwelche Missstände in der Schweiz finden und die Monsterbank UBS, die nun noch übrig geblieben ist, später an die kurze Leine nehmen würde.

Gewiss können die Politiker auch Experten zu Rate ziehen. Aber das ist etwas anderes, als wenn man in der komplexen Materie der Finanzwelt jahrelange eigene Erfahrungen hat.

Mit Chassot wurde nunmehr eine Juristin einst aus dem Bundesamt für Kultur gewählt, die viel mit Erziehung und Bildungspolitik zu tun hat.

Und Ryser mit Jahrgang 1991 als Vize der PUK hat Maschinenbau studiert und realisiert in ihrer Freizeit laut Wikipedia verschiedene Theater- und Tanzproduktionen.

Kampfjets lassen grüssen

Schon bei der Beschaffung des neuen Kampfjets F-35 hatte die Schweiz ihre historische Chance zur Aufklärung verpasst.

Damals wunderte sich die ganze Welt, wie plötzlich im Evaluationsverfahren das US-Modell dreimal besser bewertet worden war als etwa europäische Alternativen.

Eine dezidierte Untersuchung sollte her. Doch genau an dieser Stelle kam auch die Politik ins Spiel.

EFK mit Mini-Auftrag

Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates und die Eidgenössische Finanzkontrolle EFK sollten den Fall untersuchen.

Doch dabei einigte man sich laut Recherchen von muula.ch darauf, dass die EFK den Kaufvertrag unter die Lupe nehmen sollte und die Politik selbst ausgewählte Aspekte um das Evaluationsverfahren beleuchtete.

Im Bericht der EFK heisst es wörtlich: 

«Auch das Evaluationsverfahren unter den verschiedenen Kampfflugzeuganbietern gehörte nicht zum Prüfungsumfang. Das Evaluationsverfahren wird 2022 von der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK-N) behandelt», womit klar ist, dass die Politik ihr eigenes Fehlverhalten selbst untersuchen konnte.

Lüge der Ministerin

Knallhart herausgekommen ist bei den Finanzprüfern der EFK, dass Viola Amherd nicht die Wahrheit gesagt hatte, und es gar keinen Festpreis gab, wie die Schweizer Verteidigungsministerin immer beteuert hatte.

Amherd machte ein typisches Politikerspiel daraus und holte für eine halbe Million Franken noch ein Gutachten und so drehte sich das Thema im Kreis.

Die Hauptkritik der GPK-N aus ihrer Untersuchung fiel dann auch nur auf den Bundesrat.

Profane Kritikpunkte

Dieser habe seinen eigenen Entscheidungsspielraum unnötig eingeschränkt mit der Vorgabe, dass nur Kampfjets mit gleichwertigem technischen Testresultat überhaupt in Frage kämen, war das Hauptfazit gewesen.

Ein zweiter Kritikpunkt traf auch Amherd: So habe sie den Gesamtbundesrat über den klaren «Sieg» des F-35 im technischen Auswahlverfahren viel zu spät informiert.

Es sei für die Kommission nicht nachvollziehbar gewesen, weshalb die VBS-Vorsteherin zwei bis drei Monate zugewartet habe, so das profane Fazit der Politikerschelte.

Amherds damalige Kollegen im Bundesrat Ueli Maurer und Ignazio Cassis hatten deshalb zu lange mit anderen Ländern, wie Frankreich, weiterverhandelt und falsche Hoffnungen geschürt.

EFK sollte alles prüfen

Die Schweiz hatte mit der laschen Aufarbeitung des Skandals um die Beschaffung der F-35 genauso wenig zur Aufklärung beigetragen, wie sie nun mit Chassot an der Spitze der PUK zur Aufklärung der Hintergründe des Untergangs der CS beitragen wird.

Hätten unabhängige Fachexperten der EFK auch das Evaluationsverfahren beim Kauf der Kampfjets untersucht, wäre mit Sicherheit auch wirklich etwas Handfestes dabei herausgekommen. Doch da vergab die Schweiz eine Chance.

Bei der PUK, die eigentlich eine lückenlose Aufklärung zum Untergang der CS will, vergibt sich die Schweiz eine einmalige historische Chance, wieder die Oberhand im Land über den Finanzplatz zu gewinnen.

14.06.2023/kut.

Schweiz verpasst mit PUK wieder historische Chance

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert