Schweiz ohne Glück bei Energiemangellage

Illustration zum Reservekraftwerk Birr
Ein spontan errichtetes Gaskraftwerk in Birr AG sollte der Schweiz bei Energiemangel beistehen. (Bild: PD)

Die Schweiz wollte rasch für einen allfälligen Energienotstand vorsorgen. Doch dies ging total daneben und braucht nun sogar ein neues Gesetz.

Der Bundesrat wollte die Schweizer Stromversorgung gegen ausserordentliche Situationen absichern und beschloss unter anderem die Bereitstellung eines Reservekraftwerks in der aargauischen Gemeinde Birr.

Über Ziel hinausgeschossen

Der Bundesrat stützte sich dabei auf das Landesversorgungsgesetz, das ihm erlaubt, bei einer schweren Mangellage zeitlich begrenzte wirtschaftliche Interventionsmassnahmen zu ergreifen.

Doch das ging völlig schief und bedarf neuer Massnahmen, wie die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates GPK-N am Freitag eingestand.

Verfassungsrüge kassiert

Ohnehin hatte das Bundesverwaltungsgericht BVger aufgrund der Beschwerde einer Anwohnerin festgestellt, dass der Bundesrat bei seinem Entscheid wirtschaftlichen Interventionsmassnahmen, um die Versorgung mit elektrischer Energie sicherzustellen, nicht frei sei.

Die Landesregierung müsse sich am Gesetzeszweck orientieren und die Grundprinzipien der Bundesverfassung beachten, hiess es in einem seltenen Richtungsentscheid.

Die Schweiz habe hinreichend über Reserven an Wasserkraft verfügt und hätte eine Strommangellage mit milderen Mitteln als mit wirtschaftlichen Interventionsmassnahmen abwenden können.

Die Beurteilung der künftigen Versorgungslage dürfe nicht zu früh erfolgen, denn die Unsicherheiten in Bezug auf die zu treffenden Annahmen wären sonst zu gross.

Nur Hinweise auf Mangellage

Die Geschäftsprüfungskommission kam in ihrer Untersuchung zum Reservekraftwerk Birr zum Schluss, dass es im Winter 2022/23 an Transparenz bezüglich der Informationsgrundlagen zur drohenden Energiemangellage fehlte.

Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) und das Bundesamt für Energie (BFE) hätten zwar bei der Erteilung der Betriebsbewilligung für das Kraftwerk Birr im Dezember 2022 über Informationsgrundlagen verfügt, die auf die Gefahr einer schweren Energiemangellage hindeuteten, hiess es im Untersuchungsbericht.

Aus dem Bauch heraus entschieden

Doch diese Informationsgrundlagen seien weder vom Bundesrat noch vom Uvek in den Anträgen und Beschlüssen zu diesem Dossier erwähnt, erklärten die Prüfer, ohne aber auf wirtschaftliche Details zum Investitionsvolumen und dem ganzen Aufwand einzugehen.

Die Landesregierung muss nunmehr aber die Schätzungen zu den wirtschaftlichen Auswirkungen einer allfälligen Strommangellage vervollständigen, da dieses Kriterium beim Entscheid über die Notwendigkeit von Interventionsmassnahmen eine wichtige Rolle spiele, hiess es kritisch.

Definition finden

Es kommt allerdings noch viel dicker, wie aus dem Gesamtbericht zudem hervorgeht. Es war nämlich nicht einmal klar, ob überhaupt eine Energiemangellage gedroht hätte, so die Befunde. Genau dies hatte auch das Bundesverwaltungsgericht bemängelt.

Gewiss, es habe schnell gehen müssen, schränkte die GPK-N ein. Doch dass es keine hinreichend klare rechtliche Definition einer schweren drohenden Energiemangellage gibt, gehe nicht, so die GPK-N.

Messbare Kriterien festlegen

Der Bundesrat wird deshalb aufgefordert, diese Lücke im Sinne der Rechtssicherheit zu schliessen.

«Die Definition muss messbare Kriterien enthalten», lautet die klare Anweisung, sonst kann der Bundesrat keine Entscheide über die Versorgungslage oder die Versorgungsrisiken in der Schweiz fällen.

Was für den Normalbürger fast logisch klingt, ist offenbar für die Regierung sowie die Administration in Bundesbern ein Problem und braucht klarere Anweisungen.

In einem Rechtsstaat geht es für eine Regierung nicht, es nur gut gemeint zu haben.

02.03.2025/kut.

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