Schweiz mutiert zum Schnüffelstaat

Eine Überwachungskamera in rotem Licht
Schweizer Behörden überwachen deutlich mehr Menschen. (Symbolbild: P. Coffman / unsplash)

Überwachungen nehmen in der Schweiz rasant zu und Telekomanbieter müssen Staatshilfe im Akkord leisten. Eine Behörde fällt dabei besonders auf.

Der Schweizer Staat überwacht seine Bürgerinnen und Bürger immer mehr.

Das Jahr 2024 war beim Schnüffeln sogar aussergewöhnlich, wie aus dem neuesten Jahresbericht des Dienstes Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr (Dienst ÜPF) hervorgeht.

Verschweigen der Dramatik

«Im Jahr 2024 haben die Schweizer Strafverfolgungsbehörden und der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) mehr als doppelt so viele Überwachungsmassnahmen beim Dienst ÜPF angeordnet», steht dort geschrieben, ohne zu sagen, dass dies im Vergleich mit dem Vorjahr gilt.

Der rasante Anstieg beim Schnüffeln des Staates fand also binnen eines Jahres statt.

Die Gesamtzahl der Überwachungsmassnahmen erhöhte sich auf 20.515 gegenüber 9428 im Vorjahr, was allerdings erst aus einer separaten Aufstellung klar hervorgeht.

Bereits im Jahr 2022 hatte muula.ch den Abhörstaat Schweiz entlarvt, als die Fernmeldeüberwachungen stark zugenommen hatten.

Zwei- und dreistellige Zuwachsraten

Erstmals seit Jahren sei 2024 bei den Antennensuchläufen eine Verdoppelung der Anzahl Fälle gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen, hiess es weiter im jüngsten Bericht.

Entwicklung Schweizer Überwachungsmassnahmen des Staates
Der Schweizer Staat schnüffelt 2024 stark. (Screenshot: muula.ch)

Auch die Echtzeitüberwachungsmassnahmen, also die simultane Übertragung von Post- oder Fernmeldeverkehrsdaten an Strafverfolgungsbörden, legten um etwa 45 Prozent zu.

Die Zahl der rückwirkenden Überwachungen liege zudem etwa ein Viertel über dem Vorjahr, erklärte der Dienst ÜPF.

Geldsuche als Haupttreiber

Im Jahr 2024 betrafen 43 Prozent aller Überwachungsmassnahmen allerdings Vermögensdelikte.

Die Zahl der Massnahmen in Zusammenhang mit Vermögensdelikten habe sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdreifacht. Das heisst, der Schweizer Staat sucht quasi Geld.

Nur 10 Prozent der Massnahmen wurden zur Ermittlung von schweren Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz durchgeführt.

Notsuchen, also wenn eine Person vermisst wird, kamen auf einen 6-Prozent-Anteil.

Steigerung um das 33-fache

Eine Behörde schiebt sich an die Spitze der Statistik. Es ist die Bundesanwaltschaft (BA), die allein bei Echtzeitüberwachungen von 195 im Jahr 2023 auf 482 Massnahmen zulegte.

Bei Antennensuchläufen gab es 2023 gerade einmal 82 Stück. Im vergangenen Jahr nahm die BA dagegen 2715-mal eine solche rückwirkende Überwachung vor. Das sind über 3300 Prozent mehr.

Überwachungsmassnahmen nach Bund, Kantonen und Liechtenstein
Die Bundesanwaltschaft BA überwacht am meisten. (Screenshot: muula.ch)

Neben dem Bund kam der Kanton Genf auf 16 Prozent und der Kanton Zürich auf 13 Prozent an Schnüffelmassnahmen. In den Vorjahren war Zürich regelmässig Spitzenreiter gewesen.

Dass es auch anders geht, zeigt allerdings das Fürstentum Liechtenstein. Es hat in den vergangenen Jahren keine einzige Überwachung seiner Bürger vorgenommen, sondern taucht lediglich mit 5 Notsuchen im Jahr 2022 in der Statistik auf.

Freiheiten stark einschränken

Die Anbieter von Telekomdienstleistungen wie Swisscom, Salt, Sunrise & Co. müssen dem Staat dabei helfen, weil sie eine gesetzliche Mitwirkungspflicht haben.

Der Schweizer Staat wollte sogar den Messenger- und Emaildienste Threema, Protonmail & Co. verpflichten, Schnüffelarbeiten für ihn zu leisten.

Doch der Bund verlor vor Bundesgericht, wie muula.ch berichtete. Doch damit gibt die Schweiz nicht auf, sondern will das Gesetz ändern.

Schliesslich zeigt sich, dass die Behörden von den Schnüffelmöglichkeiten immer mehr Gebrauch machen und nicht nur die Firmen mit Mehrarbeit belasten, sondern die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger immer mehr einschränken.

10.07.2025/kut.

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