Schweiz behält taiwanesische Schmiergelder

Taipeih
Die Schweiz zahlt Taiwan nur einen Teil beschlagnahmter Korruptionsgelder zurück. (Bild: T. Tucker / unsplash)

Die Schweiz hat an Taiwan einen Geldbetrag aus einem Korruptionsskandal zurückgezahlt. Sie bereichert sich in dem jahrelangen Hick-Hack aber einfach an der Hälfte.

Im Jahr 2021 hatten viele Medien auf Grundlage einer Mitteilung des Bundesamtes für Justiz (BfJ) gemeldet, dass die Schweiz an Taiwan 266 Millionen Dollar herausgebe.

Doch Pustekuchen war passiert.

Französische Kriegsschiffe

Die Schweiz überwies nichts davon – sondern erst am heutigen Mittwoch machte eine Meldung der französischen Nachrichtenagentur AFP aus Taiwan die Runde, dass die Schweiz am 11. Juli dieses Jahres nur gut die Hälfte des Betrages an Taiwan gezahlt habe.

Es waren exakt 138,04 Millionen Dollar.

Die Schweiz hatte aufgrund von Rechtshilfeersuchen aus Frankreich, Liechtenstein und der Schweiz in der sogenannten Fregattenaffäre rund 900 Millionen Dollar an Vermögensgegenständen gesperrt.

Bei 266 Millionen Dollar war tatsächlich ein Delikt beim Verkauf von sechs französischen Kriegsschiffen für 2,5 Milliarden Dollar an Taiwan festgestellt worden.

Den Rest der blockierten Vermögensgegenstände hatte das BfJ freigegeben, weil kein ausreichender Zusammenhang mit Korruption nachgewiesen werden konnte.

Es waren ursprünglich bei dem Geschäft des Rüstungskonzerns Thomson (jetzt: Thales) Schmiergeldzahlungen in Form illegaler Provisionen von 500 Millionen Dollar vermutet worden.

Jahrelange Rechtsverfahren

Der Hauptverdächtige, der mittlerweile verstorbene Geschäftsmann Andrew Wang und Vermittler des Geschäfts, war bis vor Bundesgericht wegen des Falles gezogen und wollte die Hilfe der Schweiz verhindern.

Als Hauptargument hatte er die Verschlechterung der Beziehungen der Schweiz zu China genannt, weil durch die Rechtshilfe das Gebiet Taiwan als Staat anerkannt würde.

Bundesrat Christoph Blocher war in die juristische Schlacht stark involviert – und auch im Parlament gab es zahlreiche Anfragen.

Doch der Bundesrat sah die Angelegenheit anders als Wang, und sprach sich für die Rechtshilfe an Taiwan aus, weil er den Schweizer Finanzplatz nicht offiziell mit kriminellen Handlungen in Verbindung gebracht haben wollte.

Fast von selbst versteht sich, dass die Grossbanken Credit Suisse und UBS in die ganze Affäre verwickelt waren, wie ein Dokument beim Parlament zeigt.

Strategiepapier zu Taiwan-Beziehungen

Wie die Schweiz die Beziehungen zu Taiwan einstuft, hatte der Bundesrat übrigens erst vor Kurzem in einem Strategiepapier überraschend bekanntgegeben, worüber sich Beobachter die Augen gerieben hatten.

Doch fast nur das Wirtschaftsnews-Portal muula.ch berichtete über diesen eigentlich brisanten Vorgang.

Nun ist allerdings klar, dass die Schweiz damit bloss China besänftigen und ihrer Ein-China-Politik deutliche Klarheit verleihen wollte.

Schweiz will Normalität suggerieren

Taiwan habe nun dem Split des Rückzahlungsbetrages von 266 Millionen Dollar und ein paar Zinsen zugestimmt, weil die Schweiz über 20 Jahre lang Taiwan bei der Aufklärung unterstützt habe.

Die Schweiz rechtfertigte den Vorgang gegenüber Medien, es sei Usus, dass Länder solche Beträge teilten.

Im Prinzip hat aber Taiwan für den Kauf der militärischen Güter einfach zu viel bezahlt und dann tatsächlich Korruption bei dem Deal festgestellt. Die Beute der Korruptionsjäger wird offenbar geteilt.

Es dürfte aber durchaus China freuen, dass Taiwan nicht den vollen Geldbetrag zurückerhält.

Fehler im Communiqué

Vielleicht war dies auch der Grund, weshalb die Schweizer Beamten offenbar vergessen haben, die Schweizer Öffentlichkeit über den delikaten Vorgang zu informieren und nur die Nachrichtenagentur AFP einen Strich durch die Beamten-Rechnung gemacht hatte.

Unklar ist, weshalb 2021 offenbar eine Falschmeldung aus dem BfJ herausgegeben wurde. Der erste Satz des Communiqués ist jedenfalls komplett falsch: «In der sogenannten Fregattenaffäre gibt die Schweiz an Taiwan rund 266 Millionen Dollar heraus».

Warum nach der Ankündigung nicht sofort, sondern erst anderthalb Jahre später etwas gezahlt wurde, ist bisher jedenfalls nicht bekannt.

Eventuell intervenierte China.

Schweiz sollte spenden

Nüchtern betrachtet heisst der Vorgang aber, dass die Schweiz einfach nachweisliche Korruptionsgelder behält.

Klar, hatte die Schweiz mit der Aufarbeitung der Fregattenaffäre viel Arbeit. Aber so etwas gehört zum normalen Tagesgeschäft von Behörden.

All die Gerichte, welchen den Fall in der Schweiz behandelt haben, dürften für die Streitparteien aber wohl kaum gratis gearbeitet haben.

Die Schweiz sollte das nun zurückbehaltene Korruptionsgeld allerdings einem wohltätigen Zweck spenden.

19.07.2023/kut.

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