Der Goldhändler Degussa hat eine totale Neuausrichtung beschlossen. Der Weg könnte auch für Schweizer Edelmetallfirmen interessant sein.
Der deutsche Goldhändler Degussa, der auch in der Schweiz aktiv ist, hat einen Strategiewandel beschlossen.
«Ich richte die Degussa inhaltlich, strategisch, strukturell und personell neu aus», sagte der neue Konzernchef Christian Rauch der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» vom Samstag.
Alte Zöpfe abschneiden
So habe er keine Nähe mehr zu irgendwelchen politischen Gruppierungen und alle Verbindungen zu entsprechenden Institutionen seien gekappt worden, sagte der Degussa-Goldhandel-Chef.
Auch zum ultra-liberalen Mises Institut habe die Firma keine Beziehungen mehr, hiess es weiter.
Selbst vom jahrelangen Chef-Volkswirt Thorsten Polleit trennte sich der Goldhändler.
Vielfältige Meinungen leben
Als Grund dafür gab Rauch an, dass Degussa nicht mehr nur ein Sprachrohr haben wolle, das die Meinung der Firma nach aussen vertritt, erklärte er den neuen Weg.
«Wir haben jetzt eine Plattform für ganz unterschiedliche volkswirtschaftliche und politische Meinungen», sagte er zu dem Tabubruch.
Anders als in der Vergangenheit wolle Degussa Goldhandel in der Zukunft keine Kommentare zum politischen Geschehen mehr abgeben, führte der Konzernchef die neue Strategie aus.
Das Unternehmen wolle Edelmetalle ins Zentrum der Aktivitäten stellen und offen sein für alle Menschen – unabhängig von Religion, Hautfarbe, Geschlecht und politischer Couleur, betonte Rauch weiter.
Nachhaltigkeit betonen
Zur Neuausrichtung habe zudem Degussa Haupteigentümer August Francois von Finck wichtige Impulse gegeben, nachdem sein Vater, August von Finck junior, vor rund zwei Jahren gestorben ist.
Degussa erweitere die Zielgruppen sehr stark, indem man sich verjünge und sich stärker auf ökologische sowie philanthropische Aspekte besinne, hiess es weiter zur Strategie.
Die bisherigen Kunden sind laut dem CEO mehrheitlich zwischen 50 und 60 Jahre alt und wohlhabend.
Angst verbannen
Degussa will ausserdem digitale Dienstleistungen rund um das Edelmetall anbieten und damit für die jüngere Generation attraktiver werden.
Gold solle obendrein mehr mit Zuversicht und Vertrauen assoziiert werden, sagte er.
«Wir werden bestimmt kein Geschäft mehr mit der Angst machen», erklärte er den Strategieschritt, der bestimmt auch für Schweizer Firmen interessant sein könnte.
Firmenphilosophie erleben
Die Marke solle aber auch emotional an den Standorten erlebbar werden, hiess es weiter.
Wenn Kunden 18 Meter unter die Erde führen und dort die Schliessfächer für Goldbarren und Goldmünzen sähen, erwecke all dies grosses Vertrauen, so die Zusammenhänge zwischen dem Marktauftritt und der neuen Firmenphilosophie. Es gehe eben nicht nur um den Internet-Handel.
Doch etwas lässt der Goldhändler auch gleich:
«Gold ist eine phantastische Währung, die extrem wertbehaltend ist. Und das seit 6000 Jahren», sagte der Konzernchef. Gold habe sich in guten wie in schlechten Zeiten bewährt, erklärte Rauch im Interview mit der «FAZ».
17.09.2023/ena.