Nun werden Schweizer Firmen gefügig gemacht

Die Industrie sollte weniger Strom verbrauchen. (Bild: Rob Lambert / unsplash)

Schweizer Firmen müssen beim Stromverbrauch den Gürtel enger schnallen. Der Chef der Stromaufsicht nennt überraschende Gründe dafür.

Der Präsident der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (Elcom), Werner Luginbühl, hat Stromabschaltungen bei Firmen in die Diskussion um Stromsparmassnahmen eingebracht. «Etwas, was im Moment geprüft wird, sind Abschaltungen von Unternehmen», sagte er in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag». Es gehe um Grossverbraucher, die bereit wären, ihre Produktion für einige Zeit zurückzufahren, um Strom zu sparen, hiess es.

Zwar müssten auch Privathaushalte den Stromverbrauch reduzieren, doch das wirkungsvollste Instrument beim Stromsparen bestünde bei den Unternehmen, erklärte der Elcom-Chef.

Taube Ohren der Politik

Dass die Schweiz in solch eine Situation geschlittert ist, hat hauptsächlich mit drei Ursachen zu tun: Erstens habe die Politik die Warnungen vor Strommangellagen im Winter zu lange zu wenig ernst genommen, kritisierte Luginbühl. Dabei habe der Ukraine-Krieg nur gezeigt, dass die Probleme akzentuierter seien, führte der 64-Jährige weiter aus.

Präsident der unabhängigen staatlichen Regulierungsbehörde im Elektrizitätsbereich (Elcom), Alt-Ständerat Werner Luginbühl (Bild: PD/Elcom)

Zweitens hängen die Engpässe mit der Abschaltung des Atomkraftwerks Mühleberg zusammen. «Es ist aus ökonomischen Gründen vom Netz genommen worden. Das können wir nicht mehr ändern», sagte der Energieexperte. Aber die Schweiz wüsste heute, dass es problematisch sei, Produktionskapazitäten vom Netz zu nehmen, bevor der Ersatz klar geregelt sei, führte er diesbezüglich aus. Zwar seien erneuerbare Energien in der Grössenordnung der Leistung von Mühleberg zugebaut, aber der Fokus zu wenig auf den Winter gelegt worden, begründete der Elcom-Chef die Schwierigkeiten.

Wasserknappheit als Hürde

Und drittens trage in der Schweiz die grosse Trockenheit zur unsicheren Stromlage in Europa bei. Stauseebetreiber müssen in diesem Jahr erstmals eine gewisse Menge an Wasser als Notreserve für den Winter zurückhalten. «Wir werden in unseren Stauseen Ende Herbst wohl nicht den gleich hohen Pegelstand haben wie andere Jahre. Die Trockenheit verschärft das Problem zusätzlich», sagte Alt-Ständerat Luginbühl diesbezüglich.

Stromabschaltungen hingen generell von vielen Faktoren ab. Eine verlässliche Prognose dafür sei aber unmöglich. «Das Bundesamt für Energie, Swissgrid, die Elcom und weitere Stellen arbeiten mit Hochdruck daran, dass es nicht so weit kommt», betonte er. Allerdings werde es zusätzliche Sparmassnahmen in jedem Fall brauchen und das grösste Einsparpotenzial liege nicht im Ausschalten von Geräten oder im kürzeren Duschen bei den Privaten, sondern bei den Firmen, mahnte der Elcom-Chef gegenüber der «NZZ am Sonntag».

07.08.2022/kut.

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