
Die Steigerung der Lebenserwartung erfolgt meist in Wellen und ein neuer Schub steht an. Dabei kristallisieren sich zwei Schlüssel zum «Erfolg» heraus.
Im 20. Jahrhundert brachten neue Arzneimittel zur Senkung des Blutdrucks und des Cholesterinspiegels einen steilen Anstieg der weltweiten Lebenserwartung.
Sie erhöhte sich von 55 Jahren Ende der 1950er Jahre auf weit über 70 Jahre im Jahr 2020.
Lebensstil und Gesundheitswesen
Japan und die Schweiz erreichten mit etwa 84 Jahren eine der höchsten Lebenserwartungen bei Geburt, verglichen mit etwa 70 Jahren im Jahr 1960.
In beiden Ländern sei der Anstieg auf eine Verbesserung der Herz-Kreislauf-Gesundheit zurückzuführen, erklärten die Lebensexperten beim Rückversicherer Swiss Re unlängst in einer aktualisierten Untersuchung zu dem Thema.

Japan und die Schweiz zeichneten sich durch hervorragenden Zugang zum Gesundheitswesen und unterdurchschnittlicher Fettleibigkeit aus, hiess es weiter.
Als Schlüssel zum Erfolg hätten sich also Lebensstilfaktoren und der Zugang zu einem gut finanzierten Gesundheitswesen erwiesen.
Einfache Massnahmen helfen
Bemerkenswert sei laut den Rückversicherern, wie Japan die Zahl der schlaganfallbedingten Todesfälle zwischen 1980 und 2012 um über 80 Prozent habe senken können.
Dies sei dank relativ einfacher Massnahmen gelungen, zum Beispiel der Empfehlung einer salzärmeren Ernährung, so Swiss Re zur längeren Lebenserwartung.

Verbesserungen zur Steigerung der Lebenserwartung treten meist in Wellen auf, wie die obere Grafik zeigt.
Trend um Rauchen wirkt
Nach grossen medizinischen Durchbrüchen oder im Zuge flächendeckender gesellschaftlicher Trends wie der rückläufigen Verbreitung des Rauchens.
In der Schweiz rauchen vergleichsweise noch viele Menschen, was zeigt, dass bei der Lebenserwartung selbst in Industrieländern noch Potenzial liegt.

In den nächsten 20 Jahren stünde die nächste Welle zur Steigerung der Lebenserwartung bevor.
Treibende Kraft dahinter sei klar die medizinische Forschung, so Swiss Re.
Ansatz bei Älteren
Weitere medizinische Durchbrüche seien nämlich zu erwarten, vor allem im Hinblick auf Krebserkrankungen und altersbedingte Krankheiten wie Alzheimer, was bei der Menschheit zu noch längeren Leben führen dürfte.
Dabei käme es massgeblich auf die Bekämpfung von Krankheiten an, die ältere Menschen betreffen, vor allem eben Alzheimer und andere Demenzerkrankungen.
Personalisierte statt Standardmedizin
Das grösste Potenzial für eine Steigerung der Lebenserwartung bestünde bei der Erkennung und Behandlung von Krebserkrankungen.
Flüssigbiopsien ermöglichten etwa eine wesentlich frühere Erkennung bestimmter Krebsarten, und mit der Ablösung von Standardtherapien durch personalisierte Präzisionsmedikamente dürfte auch die Überlebenswahrscheinlichkeit steigen.
Weitreichende Auswirkungen auf die Lebenserwartung könnten von neuen Technologien ausgehen, etwa von Künstlicher Intelligenz KI in der medizinischen Forschung und als Unterstützung bei Behandlungsentscheidungen.
Hinzu kommen Wearables und Apps für die Erfassung von Daten zu Gesundheit und Wohlbefinden.
Reduktion der Fettleibigkeit als Faktor
Dass nicht alles so geradlinig verlaufen muss, zeigen die USA als Industrieland.
Hier spaltet sich die Lebenserwartung noch als eine Folge wachsender sozioökonomischer Ungleichheit, was heisst, dass Reiche länger leben als Arme.
Schätzungsweise 70 Prozent der US-Bevölkerung sind von Fettleibigkeit betroffen, wodurch Krankheiten wie Typ-2-Diabetes auf dem Vormarsch sind.
Darüber hinaus wirken sich opioidbedingte Todesfälle auf die Lebenserwartung aus, deren Zahl sich seit 1999 verachtfacht habe.

Damit wird aber auch klar, dass Medikamente zur Gewichtsreduktion um Ozempic, Wegovy & Co. in den USA einen gigantischen Effekt auf die Lebenserwartung haben werden.
Die Mortalität dürfte um 6,4 Prozent bis 2045 in den USA sinken, rechneten die Swiss-Re-Experten in einer anderen Studie vor.
Diskussion um Möglichkeiten nötig
Klar sind die Auswirkungen der nächsten Welle zu noch längeren Leben auf die Volkswirtschaften gross.
Wenn Menschen noch länger leben als bisher, muss beispielsweise die Altersvorsorge noch länger reichen.
Daher braucht es eine Diskussion in den einzelnen Ländern, ob die Menschen diese Entwicklung überhaupt wollen, was technisch und biologisch so alles möglich ist.
Schliesslich scheint der «Erfolg» zweifelhaft, wenn die Qualität des Lebens nicht stimmt.
Haupteinflussfaktoren für die Verlängerung der immer längeren Leben sind der Zugang zum Gesundheitswesen und der Fortschritt der Medizin.
Somit hat die Menschheit die Schlüssel quasi selbst in der Hand.
26.10.2025/kut.






