Massenansturm auf die Schweizerische Nationalbank

Wartezone vor der Schweizerischen Nationalbank SNB in der Kochergasse in Bern
Lange Menschenschlangen bildeten sich am Sonntag vor der Schweizerischen Nationalbank SNB. (Bild: muula.ch)

Die Schweizerische Nationalbank SNB ist am Wochenende überrannt worden. Wer historische Angaben zur Zentralbank liest, erlebt einen Schock.

Das Informationsbedürfnis der Schweizerinnen und Schweizer über ihre Zentralbank scheint ungebrochen zu sein.

An diesem Wochenende öffneten sich anlässlich des 175-Jahre-Jubiläums der Bundesverfassung zahlreiche Institutionen in Bern, darunter die Schweizerische Nationalbank SNB.

Belagerung der Medien

Historische Verwaltungsgebäude, unglaubliche Geschichten aus der Vergangenheit, eine Vielfalt von Themen aus der Gegenwart, so lockten die Beamten das Volk zur Bundesmeile.

Und die Menschen kamen in Massen. Am Sonntag gab es vor dem Parlament und in den Seitengassen kaum Platz, um durchzukommen, wie ein Augenschein des Wirtschaftsnews-Portals muula.ch ergab.

Warteschlangen bildeten sich vor dem Bundeshaus Ost und West. Selbst vor dem Medienzentrum traten sich Neugierige die Füsse platt.

Chaos vor der Nationalbank

Besonders lange Schlangen bildeten sich aber in praller Sonne vor der SNB. Die Wartezeit, um in das Hauptgebäude der Währungshüter hineinzugelangen, lag zwischen 2 und 3 Stunden, wie es von den Ordnungskräften hiess.

Offenbar war das Interesse der Menschen an der Zentralbank gross. Am Eingang spielten sich teils chaotische Szenen ab, weil etwa Gepäckstücke langwierig abgegeben und die Personalien jeder einzelnen Person geprüft werden mussten.

Durcheinander in Kommunikation

Fröhlich zeigte sich dagegen SNB-Vizedirektor Martin Schlegel mit seinen Kindern am Eingang der SNB.

Somit stand zumindest ein Teil der Topführung der Nationalbank an solch einem bedeutenden Tag für die Menschen zur Verfügung – ganz im Gegensatz etwa zu den Medienverantwortlichen der Zentralbank.

Mehrere Anfragen von muula.ch mit der Bitte um Erklärung der Situation blieben auch bis Sonntagabend von der SNB-Medienstelle unbeantwortet.

Fehlende Antworten

Dabei hatte Martin Candinas, Nationalratspräsident 2022/23, das Volk extra noch aufgerufen, dass es den Dialog mit den Staatsdienern suchen sollte.

«Sprechen Sie mit den Menschen, die hinter den Sandsteinfassaden arbeiten», hiess es.

Offene Bundesmeile
Offene Bundesmeile (Bild: Parlamentsdienste)
Offene Bundesmeile
Offene Bundesmeile (Bild: Parlamentsdienste)

Letztlich stand in den Institutionen aber kaum jemand tatsächlich für knifflige Fragen zur Verfügung, wie mehrere Besucher gegenüber muula.ch bestätigten.

Unglaublicher Fund

Von den Entscheiden der SNB hinge die Existenz vieler hunderttausender Arbeitsplätze ab, hiess es in der Broschüre zur Veranstaltung.

Dies sei wohl auch der Grund, dass die SNB am Bundesplatz 1 residiere und das nationale Parlament mit geringerer Bedeutung erst an der Hausnummer 3 tage, steht dort geschrieben.

Offene Bundesmeile
Offene Bundesmeile (Bild: Parlamentsdienste)
Offene Bundesmeile
Offene Bundesmeile (Bild: Parlamentsdienste)

Doch wer in der Wartezeit vor den Gebäuden das Booklet der Staatsdiener genau liest, wird dennoch entschädigt und kann eine unglaubliche Entdeckung machen.

Mandat nicht beschränkt

Es ist die offenbare Notlüge des Direktors der Schweizerischen Nationalbank Thomas Jordan zur Notfusion der Krisenbank Credit Suisse (CS) mit der UBS. Diese wird durch die Ausführungen vom Wochenende enttarnt.

Jordan hatte nämlich gesagt, dass die Nationalbank nicht einfach die strauchelnde CS kaufen könne. Dies sprenge das Mandat der Notenbank, hatte der SNB-Chef in aller Öffentlichkeit erklärt.

Doch schaut man auf Seite 32 des Veranstaltungsheftchens, zeigt sich ein anderes Bild.

Geschenk an Bund

Dort wird die Geschichte des Grand Hotels Bellevue Palace in Bern, das nur einen Katzensprung vom Parlament und der SNB entfernt ist, dargelegt.

«1994 macht die Schweizerische Nationalbank (SNB) das Grand Hotel der Eidgenossenschaft zum Geschenk», steht im Booklet geschrieben.

Mit etwas Recherchen im Internet erfährt man zum Kauf des Grand Hotels Bellevue Palace, dass es 1976 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war und die Übernahme durch ausländische Investoren gedroht habe.

Doch dann kaufte die SNB einfach die Aktienmehrheit, und schenkte das Luxushotel später der Schweiz.

Seither präsidiert der Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung EFD den Verwaltungsrat der Nobelherberge.

Notrecht obsolet gewesen

Wenn die Schweizerische Nationalbank will, kann sie also doch. Warum hätte die SNB also nicht auch der Krisenbank CS zur Seite stehen können?

Klar, eine Bank ist nicht gleich einem Luxushotel. Doch es hätte ja nicht gleich ein Geschenk an die Eidgenossenschaft sein müssen.

Aber die SNB hätte die Stabilisierung der Liquidität bei der CS wahrscheinlich ohne Notrecht und ohne Notverkauf an die Konkurrenz UBS erreicht.

Am Sonntag blieb den Menschen allerdings nichts anderes übrig, als mit der Frage zur CS wieder nach Hause zu gehen.

Der Massenansturm auf die Schweizer Institutionen vom Wochenende zeigt allerdings, dass es ein reges Interesse des Volkes am Handeln der Staatsdiener gibt.

02.07.2023/kut.

Massenansturm auf die Schweizerische Nationalbank

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