Wer denkt, die Menschen müssten sparen, der irrt sich gewaltig. Und wer glaubt, der Online-Handel liege vorne, der liegt gleich nochmals daneben.
Cartier, Van Cleef & Arpels, IWC, Montblanc, Buccellati, Dunhill, Chloé, Piaget, Lange & Söhne – so lauten bekannte Luxusmarken des Genfer Richemont-Konzerns. Und diese verkaufen sich seit dem Ende der Hochphase der Coronavirus-Pandemie wie geschmiert.
Die Verkäufe erhöhten sich um 24 Prozent auf 9,7 Milliarden Euro im per Ende September abgelaufenen ersten Geschäftshalbjahr.
Zu konstanten Wechselkursen ging es immerhin noch 16 Prozent nach oben, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte.
Festland-China noch top
Das Hauptgeschäft mit Bijouterie-Luxuswaren erhöhte sich um 24 Prozent auf 6,3 Milliarden Euro. Juwelen sind also extrem gefragt. Der Bereich mit Luxusuhren legte beim Umsatz immerhin auch um 22 Prozent auf 2,0 Milliarden Euro zu. In allen Regionen ging es praktisch zweistellig in die Höhe, hiess es weiter von dem Unternehmen.
Die Währungseffekte sind dabei gigantisch, wie muula.ch in weiteren Dokumenten von Richemont herausfand.
Allein in Asien-Pazifik stiegen die Erlöse um 39 Prozent, allerdings wäre es zu konstanten Wechselkursen ein Minus von 5 Prozent gewesen.
Aber allein in Festland-China gingen zwar 11 Prozent weniger zum Vorjahressemester über den Verkaufstisch, allerdings waren das als grösster Einzelmarkt noch fast 2 der 9 Milliarden Euro an Umsatz. Jeder kann sich selbst ausmalen, wie die Konzernverkäufe gewesen wären, wenn China nicht mehr unter Corona-Restriktionen gelitten hätte.
Direkte Ansprache
Die Verkäufe erfolgten in der Mehrzahl, also fast zu 75 Prozent, direkt zu High-End-Kundschaft, wie es das Unternehmen nennt. Die Online-Absätze, die während der Coronavirus-Pandemie stark gestiegen waren, hinkten nunmehr hinterher. Online-Retail ging von fast 7 Prozent auf mittlerweile 6 Prozent der Verkäufe nach unten.
Beim operativen Gewinn ging es mit Schmuck und Juwelen um 22 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro aber klar nach oben. Bei den Luxusuhren steigerte Richemont den Betriebsgewinn um 35 Prozent auf rund 500 Millionen Euro.
Gigantische Margen
Während sich die Betriebsgewinn-Marge beim Schmuck um 0.8 Prozentpunkte auf immer noch gewaltige 37,1 Prozent leicht reduzierte, ging es bei den Luxusuhren um 240 Basispunkte auf 24,8 Prozent bei der operativen Marge nach oben.
Insgesamt erhöhte sich der operative Profit um 28 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro.
Unter dem Bruchstrich resultierte allerdings ein unschöner Effekt. Da Online-Absätze bei Luxuswaren offenbar gar nicht gut funktionieren, verkaufte Richemont die Mehrheitsbeteiligung von YNAP an die zwei Firmen Farfetch und dem arabischen Investor Alabbar. Die Leute gehen offenbar lieber in eine Boutique auf der Zürcher Bahnhofs- oder Münchner Maximilianstrasse einkaufen.
Entkonsolidierung drückt
Daraufhin musste die Vollkonsolidierung aufgehoben und die chronisch defizitären Aktivitäten, die unter der Marke Net-A-Portier mit Online-Versand von Luxus-Mode wie Fendi, Céline, Dolce & Gabbana, Diesel, Gucci, Armani oder Cavalli bekannt sind, als nichtfortgeführte Bereiche ausweisen.
Die Umsätze in diesem Bereich lagen bei 1,2 Milliarden Euro. Allerdings beliefen sich die Kosten bei 1,4 Milliarden Euro.
Hinzu kommt der Abschreiber auf die Firmenwerte, die auch Goodwill durch die ursprüngliche Anschaffung beinhalten, in Höhe von 2,7 Milliarden Euro.
Ende mit Schrecken
Dies führt unter dem Strich nach Finanzaufwand und Steuern zu seinem Reinverlust für die nichtfortgeführten Aktivitäten von 2,871 Milliarden Euro.
All dies tut bei den Erfolgen im Schmuck und Luxusuhren-Bereich allerdings sehr weh. Am Ende der Erfolgsrechnung resultierte durch das Abstossen der Online-Aktivitäten ein Megaverlust von 766 Millionen Euro nach einem hohen Gewinn von 1,2 Milliarden Euro im Vorjahressemester.
Online-Handel ist also nicht immer die Lösung für den Verkauf von Luxusgütern.
11.11.2022/kut.