Die Schweiz hat eine vergleichsweise geringe Inflation. Doch nun heizen Lohnerhöhungen auch die Teuerung an.
Des einen Freud, ist des anderen Leid, könnte man meinen. Doch bei Lohnerhöhungen sitzen eigentlich alle im gleichen Boot.
Das dürfte den Arbeitnehmern erst auf den zweiten Blick einleuchten, denn sie wollen immer mehr Geld in der Lohntüte haben. Doch das geht langfristig nach hinten los.
Effektivlöhne steigen 2,5 Prozent
Denn je mehr die Entgelte für Arbeitsleistungen angehoben werden, desto mehr steigen die Kosten für die Firmen.
Diese legen die flächendeckenden Kostensteigerungen auf die Verkaufspreise um und dann zieht auch die Teuerung an. Daher mahnen Ökonomen stets moderate Lohnsteigerungen an.
Dieser Teufelskreislauf ist als Lohn-Preis-Spirale bekannt und dürfte nun in der Schweiz eingesetzt haben.
Die unterzeichnenden Sozialpartner der wichtigsten Gesamtarbeitsverträge (GAV) in der Schweiz haben für das Jahr 2023 nämlich eine nominale Erhöhung der Effektivlöhne um durchschnittlich 2,5 Prozent und der Mindestlöhne um 1,9 Prozent im Schnitt beschlossen.
Dies teilte das Bundesamt für Statistik BFS am heutigen Montag überraschend zur Erhebung über die gesamtarbeitsvertraglichen Lohnabschlüsse mit.
Gewerbe lockt mit 2,8 Prozent
Die offizielle Teuerung liegt allerdings «bloss» zwischen 1,6 und 1,7 Prozent. Dies heisst, es geht doch markant bei den Löhnen nach oben, als die Inflation als Begründung hergeben mag.
Das Effektivlohnwachstum betrug laut dem BFS sowohl im Sekundärsektor als auch im Tertiärsektor 2,5 Prozent.
Von den Effektivlohnanpassungen sind etwas mehr als 655.000 Personen betroffen. Im Jahr 2022 waren es 551.000 Person gewesen.
Die Lohnanpassungen sind nach Wirtschaftszweig doch recht unterschiedlich. Information, Kommunikation und der Handel erhöhen zum Beispiel sogar um 2,9 Prozent.
Das verarbeitende Gewerbe packte 2,8 Prozent drauf. Die Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen bringt 2,5 Prozent an Effektivlohn mehr. Und das Gesundheits- und Sozialwesen legt immer noch um 1,9 Prozent zu.
Banken spielen Vorreiter
Das Mindestlohnwachstum betrug im Sekundärsektor 1,9 Prozent und im Tertiärsektor 1,8 Prozent.
In den Wirtschaftsabschnitten fielen die Lohnanpassungen bei der Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen mit einem Plus von 3,7 Prozent zum Beispiel doch sehr hoch aus, wie die Grafik eindrücklich zeigt.
Zwar unterstehen nicht alle Arbeitnehmer in der Schweiz den Regeln eines GAV.
Aber ausserhalb der Tarifverträge dürften die Lohnerhöhungen noch höher sein, weil in der Schweiz ein hoher Mangel an Fachkräften herrscht und die Arbeitgeber ihr bestehendes Personal oftmals halten wollen.
Kniff mit der Effizienz
Wie die Firmen vorgehen, um dennoch etwas an Lohnkosten einzusparen, hat der Detailhändler Coop vorgemacht. Am heutigen Montag gab er zwar eine Erhöhung der Lohnsumme für 2024 um 2,2 Prozent bekannt.
In der vergangenen Lohnrunde erhöhte Coop zwar auch die Entgelte auch für die Belegschaft. Doch die Firma sparte gleichzeitig bei Teilzeitpensen und Ferienvertretungen wieder Personal ein, wie muula.ch berichtete. Dies bedeutete letztlich Mehrarbeit für die Stammbelegschaft und relativierte die Lohnanpassungen.
Die Teuerung dürfte in der Schweiz nun nicht nur wegen Mieterhöhungen anziehen, sondern auch wegen der üppigen Lohnaufschläge, welche die Inflationsrate vielerorts übersteigen.
30.10.2023/kut.