Lag der Untergang der CS «bloss» an 138 Milliarden?

Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma
Die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma rechtfertigt sich vor den Medien. (Bild: PD)

Die Credit Suisse war in einen «Bank-Run» geraten, dessen Ausmass bisher nicht klar war. Die Finanzmarktaufsicht Finma deutet aber Details an.

Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma ist am heutigen Mittwoch vor die Presse getreten und erklärte die Hintergründe zum Untergang der Krisenbank Credit Suisse (CS).

Dabei kamen nicht nur Zahlen zu den für die Öffentlichkeit nicht bekannten Enforcement-Verfahren zur Sprache.

Moment des Untergangs

Gegen die CS sind extern 6 Verfahren bekannt – intern seien es aber mehr. Die Finma leite pro Jahr rund 40 solcher Verfahren ein, obwohl nur 5 abgeschlossene Enforcement-Verfahren jeweils publiziert würden.

Nur bei gravierenden Fällen könne die Behörde an die Öffentlichkeit treten, hiess es zur Begründung für die Vorgehensweise.

Doch an einer Stelle wurde das eilig einberufene «Mediengespräch» besonders interessant, weil es um den entscheidenden Moment der Entscheidungsgrundlage für die staatlich-forcierte Übernahme der CS durch die Grossbank UBS ging.

Ähnliche Grössenordnungen

Finma-Direktor Urban Angehrn erklärte auf Nachfrage eines Journalisten, dass gegen Ende des Jahres 2022 das Ausmass der CS-Liquiditätsabflüsse bei bekannten 138 Milliarden Franken gelegen hätte.

Im März 2023 sei es dann in ähnlicher Grössenordnung gewesen, sagte er.

Damit ist also klar, dass die CS wegen dieser fehlenden Liquidität untergehen musste.

Machtlose Aufsicht

Letztlich sei Liquiditätsmangel ein Vertrauensmangel, führte Finma-Präsidentin Marlene Amstad zudem vor den Medien weiter aus. Die Dimensionen seien aber neu gewesen, hiess es weiter. Doch fehlendes Vertrauen könne nicht mit Aufsichtsrecht wiederhergestellt werden, sagte sie.

«Strategische Fehleinschätzungen der Bank, das Scheitern des Managements oder das Vertrauen der Kundinnen und Kunden und der Investoren zu verlieren sind keine aufsichtsrechtlichen Tatbe- stände», betonte die Finma-Präsidentin abschliessend.

Nur grüne Lichter

Letztlich wurde an der Medienorientierung aber klar, dass die ganze Situation mit dem Untergang der CS auf Einschätzungen der beteiligten Staatsdiener beruhte.

«Es begann in den Tagen vor dem 19. März die dritte Phase mit starken Abflüssen von Kundengeldern – diesmal auch in der Schweizer Einheit. Gleichzeitig wurden Gegenparteilimiten gekürzt beziehungsweise die Sicherheitsanforderungen stark erhöht», führte Amstad weiter aus. 

In dieser Zeit blieben die regulatorischen Kapital- und Liquiditätsanforderungen erfüllt, betonte sie, was heisst, dass bis zum 18. März aufsichtsrechtlich eigentlich alles im Lot gewesen sei.

«Es wurde aber zunehmend klar, dass die Credit Suisse ernsthafte Liquiditätsprobleme hat und dass für alle Eventualitäten eine Lösung gefunden werden musste», lautete die Begründung für das staatliche Handeln.

Genügend Assets da

Warum nicht die ganze Aktivseite der CS-Bilanz zu Liquidität gemacht wurde, wie dies muula.ch bereits mehrfach adressiert hat, bleibt allerdings weiterhin unklar.

Die CS hatte laut dem aktuellen Geschäftsbericht, der von der Wirtschaftsprüfung PWC erst vor wenigen Tagen des Notfalls abgesegnet worden war, nach Abfluss der Gelder per 31.12.2022 noch rund 531 Milliarden Franken an Assets.

Wenn nun rund 138 Milliarden Franken an weiterer Liquidität gebraucht worden wären, wären ja immer noch fast 400 Milliarden Franken an Vermögensgegenständen da gewesen, die zu Cash hätten gemacht werden können.

Kreditvergabe nicht beeinträchtigt

Die Verbindlichkeiten der CS-Gruppe waren nicht höher als die Vermögen, wie die Aufsicht bestätigte.

Nur Kunden, die auch Geld zur Bank gebracht haben, können es im Krisenfall abziehen. Insofern braucht ein Geldhaus in einer Notsituation genügend Geld, um dieses Bedürfnis nach Abhebungen befriedigen zu können.

Die Werthaltigkeit von Forderungen der Krisenbank waren durch den Bankrun ja nicht betroffen.

Lücke bei Regulierung

Die Finma stellte vor den Medien ausführlich nochmals die Handlungsoptionen der Notsituation im Detail dar.

Ebenfalls unklar blieb dabei, weshalb es zwar Notfallpläne für die Schweizer Einheit der CS mit Assets um die 350 Milliarden gab, aber ein Konkurs der Holding sowie Credit Suisse Bank mit nochmals ähnlichen Dimensionen aufgrund von internationalen Verwerfungen nicht in Erwägung gezogen werden konnte.

Offenbar waren diese Einheiten für die Schweiz als nicht systemrelevant eingestuft worden und fielen damit regulatorisch in ein Loch.

Kein Experiment wagen

Mit den Wandlungen von Anleihen, welche eigens für Notfälle von Grossbanken konzipiert worden waren, also etwa die bekannten AT-1-Bonds, hätte die CS aber rund 73 Milliarden Franken mehr an Eigenkapital erhalten.

Vielleicht hätte damit der Vertrauensverlust bei der CS wieder hergestellt werden können. Doch die Schweiz wollte diesen Fall nicht austesten.

05.04.2023/kut.

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