Umweltaktivisten nehmen die Schweizerische Nationalbank SNB immer raffinierter in die Mangel. Die Strategien versprechen mehr Erfolg.
Die Schweizerische Nationalbank SNB wird von Klimaschützern immer mehr attackiert.
Doch statt sich, wie in Museen oder auf Strassen anzukleben beziehungsweise Farbbeutel zu werfen, gehen die Klimaaktivisten bei der Schweizer Zentralbank cleverere Wege.
Notenbank verweigert Zutritt
Dies wurde besonders an der Generalversammlung (GV) der SNB am vergangenen Freitag im Kursaal in Bern deutlich, wo SNB-Bankratspräsidentin Barbara Janom Steiner und SNB-Direktor Thomas Jordan aber eher in altbekannter Manier ablehnend reagierten.
Die Schweizer Notenbank hatte offenbar versucht, der Klimaallianz & Co. etwas Wind aus den Segeln zu nehmen, indem man die Aktivisten vorab zu Gesprächen bat.
Jedoch brachte die Zutrittsverweigerung von zwei aktivistischen «Aktionären» an die GV dann deutliche Missstimmung.
Aktionäre dürfen reden
Warum die SNB die zwei offenbar Bevollmächtigten, die eigens aus Argentinien angereist waren, um von den Folgen des Frackings in ihrer Heimat auf emotionaler Ebene zu berichten, nicht eingelassen hatte, blieb zwar unklar.
Jedoch verlasen andere Aktivisten, die Einlass bekommen hatten, dann doch ihre Reden.
Dabei zeigte sich, dass die Aktivisten zunächst einmal nutzen, dass die SNB eine Aktiengesellschaft ist, deren Titel normal gehandelt werden. Über den Kauf einer Aktie bekommen «Eigentümer» dann Zugang zur GV. Dieser Weg ist eleganter, als nur vor der Türe lautstark zu protestieren.
Auch Jahresrechnung betroffen
80 Aktionäre hatten sogar Traktandierungsbegehen eingereicht, welche die SNB aber alle abgelehnt habe. Dagegen wehrten sich die Initianten, indem sie die Rechtsprechung des Bundesgerichts vorbrachten und über Verletzung von Aktionärsrechten klagten.
An der GV meldeten sich die Klimaaktivisten dann vermeintlich zum falschen Tagesordnungspunkt mit ihren Anliegen, was es der SNB-Führung einfach machte, die Punkte kalt abzuschmettern.
Bankratspräsidentin Janom Steiner hatte stets darauf verwiesen, die Klimathematik werde unter «Allgemeiner Aussprache» bei Traktandum 8 abgehandelt.
Die Aktivisten wiesen dies aber pfiffig zurück und meinten etwa, auch bei der Jahresrechnung unter dem ersten Tagesordnungspunkt müssten diese Klimathemen zur Sprache kommen.
Konkrete Sorgen über Umwelt
Zur Entlastung des Bankrates lehnten sie zudem ab, denn in ihren Augen würden die Klimaziele oder Umweltaspekte durch die Zentralbankführung unzureichend berücksichtigt.
Von der Hand weisen konnte die SNB-Bankratspräsidentin dann auch nicht, dass tatsächlich Kompetenz in ihrem Gremium bei Klima- und Umweltaspekten fehle.
Indirekt seien die Gefahren des Klimawandels im Risikomanagement berücksichtigt und der Bankrat würde sich schon Sorgen über die Umwelt machen, konterte Janom Steiner zwar die Kritik.
Doch mit Fakten belegte dies die SNB kaum überzeugend.
Julius-Bär-Verluste sprechen Bände
Der Ansatz, dem Gremium die Kompetenz abzusprechen, könnte durchaus Erfolg haben. Dabei reicht nämlich schon der Blick auf den gewählten Vize des SNB-Bankrates, Romeo Lacher, der hunderte Millionen Franken bei Julius Bär in den Wind streichen musste, weil sich sein Bankhaus mit Krediten beim Immobilienmogul René Benko verspekulierte.
Funktionierendes Risikomanagement sieht da wohl anders aus. Insofern darf man durchaus die Kompetenz des Bankrats bei der Schweizer Nationalbank hinterfragen, was die Umweltschützer einfallsreich tun.
Doch fehlendes Wissen im Bankrat ist nicht der einzige Angriffspunkt der Klimaaktivisten. Auch beziehe die Anlagestrategie, welche bei einer Zentralbank zwar die Geldpolitik widerspiegele, nicht adäquat die eigenen Umweltziele ein, hiess es an der GV.
Gleichgerichtete Ziele
Besonders Investments in die Erdöl- und Erdgasindustrie standen dabei in der Kritik. Ein Redner wollte von der Nationalbank daher wissen, wie viele Milliarden überhaupt in Klima-schädigende Industrien investiert sind. Mehr Transparenz in der Anlagepolitik sei eben der erste Weg zur Besserung, so die Logik dahinter.
Dabei argumentieren sie auch smart. Die SNB wolle eine stabile Schweiz sowie eine stabile Landeswährung. Genau dies seien auch die Anliegen der Umweltaktivisten. Ohne ein stabiles Klima gebe es auch keine stabile Wirtschaft.
Klimaschutz sei nicht gegen andere Interessen gerichtet, sondern ein gemeinsames Ziel. Umgekehrt sei die Preisstabilität gefährdet, falls sich die SNB nicht noch engagierter um Klima- und Naturrisiken kümmere.
Politik gefordert
Last, but not least, solle die SNB auch die Klimaziele sowie Biodiversitätsziele des Bundes unterstützen, forderten die aktivistischen Aktionäre.
Wenn die SNB dies machen würde, könnte auch die GV wieder zügiger vonstattengehen. SNB-Bankratspräsidentin hatte nämlich die Redezeiten beschränkt, um die GV rascher durchführen zu können. Genau bei diesem Argument hakten die Aktivisten also ebenfalls geschickt ein.
SNB-Bankratspräsidentin Janom Steiner sowie SNB-Direktor Jordan, dessen letzte GV dies bei der SNB als Direktor war, verwiesen aber immer nur auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Falls die Klimaaktivisten etwas ändern wollten, müssten sie den politischen Weg beschreiten.
Risiken priorisieren
Jordan konterte allerdings in seiner Replik auch clever, dass mit Preisstabilität für die unteren Gruppen einer Gesellschaft viel getan würde. Gerade am Beispiel Argentinien könne man eindrücklich sehen, wie Preisstabilität für die Lebensgrundlagen der Menschen beitrage.
Mit guten Bedingungen schaffe eine Zentralbank erst die Grundlage, Investitionen in bessere Lebensbedingungen und Nachhaltigkeit zu ermöglichen. Insofern leiste die SNB eigentlich einen grossen Beitrag zur Klimapolitik, so der gutgelaunte Jordan weiter.
Die Zentralbank der Schweiz, die über ein sehr eng definiertes Mandat verfüge, erlitt vor Jahren horrende Verluste, die aus drei Bereichen, nämlich dem Wechselkurs, dem Zins und den fallenden Börsen, resultierten.
Daher müsse die Nationalbank genau diese relevanten Gefahren im Auge behalten und sich nicht von anderen, weniger relevanten Sachen ablenken lassen.
Kryptowährungen als Anlagen?
Mit der Geldpolitik könne man aber ohnehin nicht alle Probleme der Welt lösen, argumentierte Jordan. Mit der Preisstabilität schafft eine Zentralbank die Grundlage, dass andere Akteure ihre Aufgaben auf diesen Gebieten überhaupt wahrnehmen könnten.
Und das Anliegen eines Aktionärs, die SNB möge ihr Geld auch in die Kryptowährung Bitcoin investieren, nahm Jordan abschliessend zum Anlass, die Funktion von Währungsreserven zu erklären.
Diese Vermögen müssten international liquide sowie werthaltig sein und die SNB müsse sie jederzeit kaufen sowie verkaufen können. Zu Bitcoin habe die Zentralbank dazu noch keine Meinung gebildet.
Zielkonflikte unter Aktionären
Und genau bei Kryptowährungen zeigte SNB-Chef Jordan das Dilemma der Zielkonflikte einer Notenbank auf.
Bitcoin & Co. haben bekanntermassen ja hohe CO2-Emissionen – so unterschiedlich können eben die Interessen bei einer Zentralbank sein, raunte Jordan lächelnd in den Saal und spielte den Ball an die Klimaaktivisten zurück.
28.04.2024/kut.