Keller-Sutter komplett auf Abwegen

Karin Keller-Sutter
Finanzministerin Karin Keller-Sutter will liberal sein. (Bild: PD)

FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter gibt sich gerne liberal. Doch sie scheint die Orientierung vollkommen verloren zu haben.

Politiker aller Couleur leiden häufig unter dem Problem, dass sie sich nach den Wahlen nicht mehr erinnern können, was sie vor dem Urnengang versprochen haben. Das ist schon fast normal.

Lehrbuch missachten

Nicht normal ist hingegen, wenn Politiker einer politischen Überzeugung angehören, die für weniger Bürokratie, geringere Steuern und mehr Wahlfreiheit steht, doch dann genau in die entgegengesetzte Richtung laufen.

Eine dieser Politikerinnen ist die FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter, die Schweizer Finanzministerin, die offenbar völlig ihren politischen Kompass verloren hat.

Zwar sagte sie neulich an einem Anlass, über den auch muula.ch berichtete, dass die Politik im entscheidenden Fall auch anders entscheiden können müsse, als es im Lehrbuch stünde.

Wohlfahrtsverlust erleiden

Doch am heutigen Montag wird wieder ein Sündenfall deutlich, der zeigt, warum der Liberalismus in der Welt und die FDP immer weniger Anhänger haben.

Im entscheidenden Moment schwenken die Verantwortlichen nämlich auf völlig unsinnige Entscheide um und verraten ihre liberalen Prinzipien.

Die Schweiz profitiert als freies Land und offene Volkswirtschaft davon, dass Landesgrenzen eben einfach überwunden und Geschäfte in alle Richtungen betrieben werden können.

Das hilft Käufern und Verkäufern. Das hilft der Wohlfahrt aller Länder.

Halbierung klingt positiv

Wie die Zeitungen der TX-Gruppe, also etwa der Zürcher «Tages-Anzeiger», die «Basler Zeitung» oder die «Berner Zeitung», am heutigen Montag aber unter Berufung auf mehrere Quellen berichteten, plant die Finanzministerin, dass Einreisende in die Schweiz künftig Einkäufe sowie Geschenke ab einer Wertfreigrenze bei der Mehrwertsteuer von 150 Franken verzollen sollen. Bisher gelten dort 300 Franken.

Von dieser Einschränkung wären Einkaufstouristen besonders negativ betroffen, weil sie meist über 150 Franken an Netto-Wert einkaufen und künftig die Schweizer Mehrwertsteuer geschuldet wäre.

Teure Umbauten nötig

Betroffen wären aber auch die Zollstellen, die einen Ansturm von Zolldeklarationen bewältigen müssten. Zwischen 150 und 300 Franken an Mitbringsel ist ja derzeit keine Verzollung nötig.

Besonders an Flughäfen scheint die neue Idee problematisch, weil es heutzutage schon kaum Platz beim Hinauslaufen gibt.

Am Euroairport in Basel zum Beispiel fragen sich Reisende, wie die Feuerpolizei den Ausgang zur Schweiz nach dem jüngsten Umbau überhaupt bewilligen konnte, so eng ist dort der Weg durch den Schweizer Zoll mittlerweile.

Der ehemalige Finanzminister Ueli Maurer lehnte solche Ideen mit Mehrarbeit am Zoll zurecht immer mit der Gefahr von Rückstaus an den Schweizer Grenzen ab.

Falsche Argumentation

Die Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements Keller-Sutter, die sich eigentlich gemäss ihren politischen Ansichten für geringere Abgaben und weniger Bürokratie einsetzen müsste, will stattdessen Protektionismus und Administration in der Schweiz fördern.

Mit dem Senken der Freigrenze bei der Mehrwertsteuerdeklaration will sie, wie meist in solchen Situationen, aber etwas Gutes tun und das ist Hilfe für die Schweizer Detailhändler. Denen ist es nämlich ein Dorn im Auge, dass rund 8 Milliarden Franken jenseits der Landesgrenzen ausgegeben werden.

Mit der Neuregelung müssen sich Schweizer Geschäfte bloss weniger anstrengen und die Umsätze steigen automatisch. Das hatte der Detailhandel während der Coronavirus-Pandemie gelernt, als Reisen ins Ausland nicht möglich waren.

«Gleichlange Spiesse» lautet das Gebot der Stunde. Die ausländischen Einkäufe sollen auch fast vollkommen der Schweizer Mehrwertsteuer unterliegen.

Sprudelnde Geldquelle

Den Bürgern geht dabei aber Geld verloren. Der Schweizer Staat nimmt es ein, und muss aber noch die administrativen Zusatzkosten davon begleichen.

Die Menschen haben dann weniger Mittel zur Verfügung und müssen sparen. Die Volkswirtschaft leidet letztlich durch den ganzen Quatsch.

Steuereinnahmen des Bundes
Die Steuereinnahmen des Bundes in Franken. (Quelle: EFD)

Die Mehrwertsteuer ist aber ohnehin die wichtigste Einnahmequelle des Bundes, wie die Planung für das kommende Jahr anschaulich zeigt.

Insofern kommt es der Schweizer Kassenwartin entgegen, wenn die Einkommensquelle beim notorisch klammen Fiskus noch mehr sprudelt.

Ins eigene Fleisch schneiden

Wie schädlich die geplante Massnahme aber sein kann, zeigt Deutschland selbst. Bis vor Kurzem gab es die Mehrwertsteuer bei der Ausfuhr komplett zurück – dann ersannen die Bürokraten in Berlin, eine Einkaufsuntergrenze von 50 Euro einzuführen.

Seither sind zwar die administrativen Vorgänge beim deutschen Zoll zurückgegangen, weil die Abgaben erst ab dem neuen Mindestbetrag zurückgefordert werden können.

Aber auch die Umsätze bei den grenznahen Einzelhändlern in Lörrach, Konstanz, Weil am Rhein & Co. sind in der unteren Einkaufskategorie spürbar geschrumpft, wie Analysen von Kassenbons klar zeigten.

Der deutsche Staat hat zwar weniger Arbeit, wie auch die betroffenen Unternehmen – aber die meisten Firmen haben auch weniger Einnahmen, die von ausserhalb des eigenen Wirtschaftskreislaufes gekommen wären.

Belastung für das Klima

Umweltpolitisch macht die Senkung der Freigrenze ebenfalls wenig Sinn.

Steuersparer könnten ihre Einkäufe dann auf zwei oder noch mehr Tagesreisen ins Ausland aufteilen und die Deklarationspflicht umgehen. Anträge brauchen Papier.

Das Klima würde stärker belastet.

Überwachung von Schweizern

Keller-Sutter sollte sich eigentlich dafür einsetzen, dass die Administration im Land schrumpft.

Mit dem Vorhaben dürften die Stellen beim Schweizer Zoll aber förmlich explodieren, selbst für den Fall, dass eine Selbstdeklaration über eine App bald fehlerfrei funktionieren sollte.

Der automatisierte Prozess dürfte vielen Schweizern aber auch nicht schmecken, denn der Zoll beziehungsweise der Schweizer Staat kann dann schöne Einkaufs- und Bewegungsprofile seiner Bürger erstellen.

Sinnvolles entfernen

Die Schweiz wird den administrativen Moloch verstärken, wie sie unlängst schon den administrativen Moloch genau mit dem gleichen Argument der gleichlangen Spiesse zwischen inländischen und ausländischen Detailhändlern im Online-Bereich ausgeweitet hat.

Seit 2019 ist die sogenannte Versandhandelsregelung in Kraft, die besagt, dass ein Versandhändler, welcher mit der Einfuhr von steuerbefreiten Kleinsendungen einen Jahresumsatz von mindestens 100.000 Franken erzielt, mehrwertsteuerpflichtig in der Schweiz ist.

Damit war die Freigrenze von ursprünglich 5 Franken an Mehrwertsteuer weggefallen, und eine sinnvolle Massnahme zur Reduktion von Bürokratie abgeschafft.

Nun müssen die Online-Händler aber die Minibeträge deklarieren und der Aufwand steigt. Den Internet-Handel von Amazon & Co. hat das nicht gebremst, aber eben in der Schweiz mehr Geld in die Staatskasse gespült.

Berset-Masche kopiert

Letztlich zeigt sich mit geplanten Senkung der Freigrenze bei der Mehrwertsteuer und der neuen Erhebung der Autosteuer auf Elektroautos, über die muula.ch berichtete, dass der Staat einfach bloss – mit fadenscheinigsten Argumenten – mehr Geld von seinen Bürgern haben will.

Damit ersinnt er dann weitere Steuerabgaben, obwohl sich der Liberalismus ursprünglich für das Eigentum der Menschen einsetzt.

Es bleibt zu hoffen, dass die Vorabinformation in der Presse der alten Masche von SP-Bundesrat Alain Berset entspricht, bei der einfach ein Thema in die Öffentlichkeit gegeben und geschaut wird, wie gross der Protest des Volkes dabei ist.

Finanzministerin Keller-Sutter und ihre FDP brauchen sich am Wahltag aber nicht zu wundern. Falsche Versprechen vergessen Wähler vielleicht, den Verrat an liberalen Prinzipien aber bestimmt nicht.

13.11.2023/kut./14.11.2023: Zollfreigrenze klarer in Wertfreigrenze bei der Mehrwertsteuer umgeschrieben

Keller-Sutter komplett auf Abwegen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert