Alt-Bundesrat Kaspar Villiger bekam in Zürich den Röpke-Preis verliehen. Plötzlich drehte sich aber alles nur um den Präsidenten Argentiniens.
Es sei ein Pakt des Finanzministers mit dem Volk gegen die Politiker gewesen, sagte Alt-Bundesrat Kaspar Villiger am Dienstagabend in Zürich über die von ihm lancierte Schuldenbremse.
Das Volk sei damals solider als die Politik gewesen, betonte der einstige Finanzminister während der Verleihung des Röpke-Preises für Zivilgesellschaft an ihn durch das Liberale Institut der Schweiz.
Ist das Volk immer noch solider als die Politik?
Diese Frage liess der 83-jährige FDP-Politiker und einstige Verwaltungsratspräsident der Grossbank UBS zwar an der jährlich stattfinden Freiheitsfeier offen.
Doch wirtschaftliche Stagnation sei das grösste Risiko für den liberalen Rechtsstaat, betonte Villiger, weil dann die Menschen den Glauben an die Schweizer Erfolgsfaktoren um freie Marktwirtschaft und dem Genossenschaftsprinzip des gemeinschaftlichen Zusammenlebens verlören.
Wohlstand nötig
Villiger skizzierte vier Prinzipien, die er von seinem unternehmerisch tätigen Vater quasi mit in die Wiege gelegt bekommen habe.
Erstens bräuchten die Menschen die Freiheit, damit sie sich entfalten könnten.
Zweitens müsse der Rechtsstaat diese Freiheit des Einzelnen schützen.
Doch der Staat brauche dabei, drittens, auch eine Kontrolle, um genau diese Freiheit zu sichern und den Staat zu bändigen hilft.
Und viertens sei all dies nur mit einem gewissen Wohlstand möglich, weshalb es die Marktwirtschaft brauche.
Verteidigen der Demokratie
Die langen Schlangen von Migranten in Westeuropa seien genau ein Zeichen des Erfolgsmodells, denn an den Landesgrenzen von China, Russland und Iran würden die Menschen kaum um Einlass bitten, machte Villiger am Liberalen Institut ganz einfach klar.
Doch das «Promoten der Demokratie» sei mittlerweile wegen der aufstrebenden Autokratien einem «Verteidigen der Demokratie» gewichen, ordnete der liberale Politiker die aktuelle Situation in der Welt ein.
Gewucherten Staat stutzen
Und genau da kam der argentinische Präsident Javier Milei ins Spiel.
Er stutze derzeit den gewucherten Staat zurück, um den Menschen wieder Entfaltungsmöglichkeiten zu geben und der Marktwirtschaft überhaupt erst einmal wieder zu einer Grundlage zu verhelfen.
Der Direktor des Liberalen Instituts, Olivier Kessler, kündigte sodann für den 24. Januar 2025 einen Vortrag des argentinischen Präsidenten bei seiner Organisation in der Schweiz an und liess die Herzen der Liberalen der Schweiz sofort höherschlagen.
Weltweites Aufsehen
Kurz vorher hatte «Swissinfo» bereits auf Spanisch vermeldet, dass Milei im Januar 2025 wieder an das Weltwirtschaftsforum WEF nach Davos reisen werde.
Bereits in diesem Jahr hatte der argentinische Präsident mit einer Rede weltweit für Aufsehen gesorgt und war mit einem Linienflug in die Schweiz gereist, um den Menschen zu zeigen, dass es selbst bei einem Präsidenten stets Sparanstrengungen braucht.
Weder die argentinische Botschaft in Bern noch der Präsidentenpalast Argentiniens in Buenos Aires wollten muula.ch zwar den Besuch beim Liberalen Institut bestätigen.
Doch bei der anschliessenden Freiheitsfeier am Dienstagabend sprachen die Teilnehmer praktisch nur noch über Milei und seine Kettensäge, welche den gewucherten Staat Argentiniens zurückstutzt, genau wie es Unkraut von Zeit zu Zeit braucht.
Düsteres Zukunftsbild
Kaspar Villiger und seine Schuldenbremse, die derzeit von den vielen Wünschen des Volkes und den Lobbygruppen auf ihre Funktionsfähigkeit getestet wird, war nur noch am Rande das Gesprächsthema.
Dies lag wahrscheinlich auch daran, weil der Alt-Bundesrat ein ziemlich düsteres Zukunftsbild der Welt gemalt hat.
Mit dem libertären Milei sieht die Zukunft freiheitsliebender Menschen da wohl viel optimistischer aus.
04.12.2024/kut.