Hermès zelebrierte in Zürich die Kunst des Handwerks. Bei Tausenden stiegen die Lust auf die Luxusmarke und natürlich die Zahlungsbereitschaft.
Die renommierte Luxusmarke Hermès hat in der Zürcher Maag Halle eine eindrucksvolle Ausstellung präsentiert, die Besucher aus nah und fern anzog.
Rund um die Welt
In den abgedunkelten Räumen der Veranstaltungsfläche erhielten Tausende von Interessierten spannende Einblicke in die kunstvolle Handwerkskunst, die hinter den begehrten Produkten der französischen Traditionsmarke steht.
Die Veranstaltung «Hermès in the Making», die von Kopenhagen über Mexiko-Stadt bis Turin durch die ganze Welt tourt, bot nun in Zürich die seltene Gelegenheit, den erfahrenen Kunsthandwerkern über die Schulter zu blicken und die Techniken zu erleben, die seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten, von den Franzosen gepflegt werden.
Zelebrieren der Handgriffe
Von den weltberühmten Hermès-Seidentüchern – deren Herstellung vom Kunstdesign bis zum fertigen Produkt gefühlte Ewigkeiten dauern kann – bis hin zu den ikonischen Kelly- oder Birkin-Handtaschen, die für ihre makellose Verarbeitung und die umfangreichen Arbeitsstunden bekannt sind, stellte Hermès die gesamte Bandbreite des Produktportfolios vor.
Porzellanmalerei von Hand sowie die Fertigung von Handschuhen für den Winter mit einer alten Stanztechnik beim Leder oder das Zusammensetzen einer Luxusuhr zelebrierten die Arbeiter der Luxusfirma.
Viele vorgelagerte Arbeitsschritte
Die Fertigung einer Kelly-Handtasche benötigt zum Beispiel zwischen 18 und 20 Stunden.
Auch die Kunst des Sattelmacherhandwerks wurde zur Schau gestellt, ein Bereich, der die Ursprünge des Hauses Hermès widerspiegelt und bis heute eine zentrale Rolle in der Identität der Marke mit vielen Pferdemotiven spielt.
Ein Sattel erfordert eine Woche Arbeitszeit, wobei das Vermessen von Pferden sowie Reitern und die Auswahl sowie das Zuschneiden des Leders noch hinzukommen.
Fragenstellen erwünscht
Besucher verbrachten nicht selten mehrere Stunden in der Ausstellung, um Fragen zu stellen und die geduldigen Antworten der Handwerkskünstler zu vernehmen.
Diese schilderten, wie sie jeden Arbeitsschritt mit grosser Sorgfalt und Aufmerksamkeit ausführen und warum die aufwendige Handarbeit unvermeidlich zu den hohen Preisen der Produkte beiträgt.
Wer für eine Kelly- oder Birkin-Handtasche mal 100 Franken an Stundenlohn ansetzt, kommt ja schon auf 2000 Franken nur mit den Personalkosten.
Auch eine Sprechstunde für Fragen zu gekauften Produkten hatte Hermès eingerichtet.
Dort standen Frauen mit ihren Handtaschen oder Seidentüchern förmlich Schlange, um nach Reparaturmöglichkeiten zu fragen, wenn nach Jahren mal ein Faden oder das Leder gerissen beziehungsweise eine Öse abgefallen ist.
Markenloyalität steigern
Obwohl die Wanderausstellung von dem Luxuskonzern bewusst nicht als Marketing-Aktion dargestellt wurde, war sie eigentlich eine gelungene Massnahme, die das Interesse und die Wertschätzung für die Marke Hermès weiter steigerte.
Zuschauer raunten bei der Herstellung der berühmten Seidentücher beispielsweise während jedem Arbeitsschritt den Arbeitern zu, wenn sie das Ergebnis um den perfekten Siebdruck und die leuchtenden Farben präsentierten.
Mehr Markenloyalität geht wohl kaum.
Gefühl für Werthaltigkeit
Bei vielen Besuchern stieg dabei förmlich die Lust, in die Hermès-Boutique an der Zürcher Bahnhofstrasse zu gehen und umgehend ein neues Luxusprodukt zu kaufen.
Vorher hätten sich viele wohl dort nicht hingetraut.
Aufgrund der Erklärungen, dass die Luxusfirma selbst die Farben für den Siebdruck mischt oder hauseigene Spezialisten das Leder aussuchen, stieg bei Betrachtern sogar die Zahlungsbereitschaft für die Produkte, da der Aufwand enorm ist.
Im Internet kursieren ja derzeit viele Meldungen, dass Luxusprodukte um Handtaschen & Co. nur für ein paar Dollar gefertigt würden.
Die Ausstellung von Hermès zeigt aber klar, dass das für die börsenkotierte Familienfirma nicht gilt, obwohl sie auch eine Gewinnmarge von rund 30 Prozent erzielt.
Nicht umsonst heisst es immer, dass bei Luxusprodukten der Wunsch, sie zu besitzen, grösser ist, als die Vernunft. Das nützt den Herstellern.
Jedes Produkt ein Unikat
Die Präsentation verdeutlichte eindrucksvoll, dass Hermès nicht nur für Luxus steht, sondern auch für eine tiefe Verwurzelung in traditioneller Handwerkskunst und der Bewahrung seltener Techniken.
Oft verwiesen die Präsentatoren in Zürich in diesem Zusammenhang auf firmeneigene Ausbildungsorte in Frankreich.
Die Ausstellung in Zürich war somit mehr als nur ein Einblick in die Produktpalette einer Luxusfirma – sie war eine Hommage an die Geduld, das Wissen und die handwerkliche Meisterschaft, die jeden Artikel quasi zu einem Unikat machen.
17.11.2024/kut.