
Nach Tschernobyl und Fukushima verzichtete die Welt auf den Zubau von Kernenergie. Doch nun gibt es einen neuen Schub, der lange anhalten wird.
Die Atomenergie erlebt eine Renaissance.
Nach Jahrzehnten der Stagnation, die auf die Reaktorunfälle von Tschernobyl und Fukushima zurückzuführen ist, sieht die US-Bank Goldman Sachs eine Änderung am Energiemarkt.
Anteil am Strommix steigt
Die weltweite Kernenergiekapazität steige bis zum Jahr 2040 von 378 Gigawatt auf 575 Gigawatt, hiess es in einer Untersuchung, die derzeit vielerorts für Diskussionsstoff sorgt.
Der Ausbau der Kernenergie erhöhe seinen Anteil damit am globalen Strommix von 9 auf 12 Prozent, erklärte Goldman Sachs weiter.
Hunderte neuer Anlagen
Eine wachsende Zahl von Staaten unterstütze sogar ein Versprechen, die Kernenergiekapazität bis zum Jahr 2050 zu verdreifachen.
Das gesamte Kernenergieareal werde von derzeit rund 440 Reaktoren bis 2030 auf etwa 500 erweitert, so die Studie.

Zudem befänden sich weit über 400 zusätzliche Reaktoren laut der World Nuclear Association in der Planungs- oder Vorschlagsphase.
Die Schweiz mit ihrer Ächtung der Atomenergie und dem Verbot zum Bau neuer Atomreaktoren ist also eher die Ausnahme.
Unterinvestitionen in Atomstrom
Seit dem Start des ersten kommerziellen Kernreaktors im Jahr 1954 hat sich die Unterstützung für die Kernenergie verlagert, da sich die Wahrnehmung der Sicherheit und Zuverlässigkeit der Energiequelle geändert hat.
Auf ihrem Höhepunkt in den 1980er Jahren machte die Kernenergie etwa 17 Prozent der weltweiten Stromerzeugungsmischung aus, aber ihr Anteil begann nach der Katastrophe von Tschernobyl im Jahr 1986 zu schwinden.
Nach der Fukushima-Katastrophe in Japan im Jahr 2011 sank die Kernenergie auf etwa die besagten 9 Prozent der weltweiten Stromversorgung und ist seitdem auf ungefähr diesem Niveau geblieben.
Nach jahrzehntelanger Unterinvestition ist der mittlere Kernreaktor etwa 32 Jahre alt.
In der Schweiz stehen um den staatlichen Stromkonzern Axpo die ältesten Nuklearstromanlagen in der Welt.
China legt kräftig zu
Doch durch die Senkung regulatorischer Bedingungen und durch die Bereitstellung von Finanzierungen für Kernkraftwerke streben derzeit beispielsweise die USA den Ausbau der Kernenergie bis zum Jahr 2050 von 100 GW auf 400 GW ab.
China plant in den kommenden 15 Jahren rund 150 Kernreaktoren zu bauen, um bis 2035 rund 200 GW Kernenergie zu erreichen.

Die Grafik zeigt, dass Asien beim Ausbau des Atomstroms klar eine Vorreiterrolle spielen wird.
Strom rund um die Uhr nötig
Als Hauptgründe für die Entwicklung geben die Goldmänner, wie die Banker einer der besten Banken der Welt auch genannt werden, drei Entwicklungen an.
Erstens den steigenden Energiebedarf auf der Welt. Die Schweiz weiss, dass günstiger Strom eben Wohlstand für die Menschen bedeutet.
Der zweite Trend, der für Nuklearenergie spricht, ist laut der Studie die Verlagerung zu sauberer Energie, denn die Emissionen sind beispielsweise im Vergleich zu Braunkohle gering.
Last, but not least sieht Goldman Sachs als Grund für die Renaissance von Atomstrom die Notwendigkeit von Stromquellen, die rund um die Uhr auch Energie liefern. Wind- und Solarenergie sind eben viel zu zyklisch.
19.06.2025/kut.