Gewerbeverband entledigt sich seines Hauptproblems

Gewerbeverbands-Präsident Fabio Regazzi
Präsident des Gewerbeverbandes Fabio Regazzi räumt vor Jahresende auf. (Bild: PD)

Den Gewerbeverband sgv plagt seit Monaten ein gewaltiges Thema. Kurz vor Weihnachten macht der Dachverband plötzlich reinen Tisch.

Erst sah es so aus, als würde der Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv, der Tessiner Mitte-Ständerat Fabio Regazzi, sein Hauptproblem mit ins neue Jahr schleppen.

Gemäss Recherchen von muula.ch war bis Mitte Dezember nämlich nicht abzusehen, was aus dem gewählten und dann wieder zurückgestuften sgv-Direktor Henrique Schneider wird.

Lobende Worte zum Abgang

Nun, kurz vor Weihnachten, teilte Regazzi aber freudig mit, dass sich der sgv und Schneider einvernehmlich geeinigt hätten, wie aus einem kurzen Communiqué des Gewerbeverbandes hervorgeht.

Demnach beenden die Vertragsparteien das Arbeitsverhältnis per 31. Dezember 2023. Dies gelte aber mit Ausnahme einzelner Dossiers, die der amtierende Vizedirektor Schneider bis ins Frühjahr 2024 mandatsweise betreuen werde.

Der sgv bedanke sich für die stets vorzügliche sowie umsichtige Tätigkeit und wünsche ihm für seine weitere Karriere alles Gute, so das Prozedere.

Als Vizedirektor geeignet

Schneider war beim Direktorenamt über eine Plagiatsaffäre gestolpert, die sein Arbeitsverhältnis aber bisher nicht tangiert hatte.

Das Rechtsgutachten des sgv, wonach es zwar schon unsauberes wissenschaftliches Arbeiten gegeben habe, aber dies eher für Universitäten als für einen Wirtschaftsverband von Belang gewesen wäre, hatte bisher keine Folgen für Schneiders Arbeitsvertrag gehabt.

Henrique Schneider
In Ungnade gefallener sgv-Vizedirektor Henrique Schneider. (Bild: PD)

Jedoch hatte Regazzi die Wahl Schneiders zum Direktor einfach annulliert, obwohl die Satzung zwar die Wahl, aber nicht die Abwahl regelte. Danach arbeitete Schneider einfach als Vizedirektor weiter.

Unlogisches Vorgehen

Schneider selbst war dann erst von gar keinem Direktor und dann von zwei Untergebenen als Co-Leitung geführt worden, was zu einer absurden Situation beim sgv geführt hatte.

Wie man hört, lief intern aber alles erst einmal «normal» weiter. Auch Schneider soll weiterhin Rechnungen visiert und seine Dossiers, wie immer, vertreten haben.

Letztlich stand aber die Frage im Raum, weshalb jemand mit den Plagiatsvorwürfen weiterhin Vizedirektor sein kann, aber nicht Direktor. Das war unlogisch.

Graue Maus als Lückenbüsser

Der Verband zauberte dann überraschend einen Ersatzkandidaten für die unbesetzte Position des Direktors aus dem Hut, der dann auch zum neuen sgv-Direktor gewählt wurde, wie muula.ch berichtete.

Der Jurist Urs Furrer, der die Nachfolge des zurückgetretenen Hans-Ulrich Bigler antreten soll, startet aber erst voraussichtlich im Mai 2024.

Er wird die Wirtschaftsorganisation laut Beobachtern sicher in die Bedeutungslosigkeit führen, wie er auch schon seine vorhergehenden Verbände Chocosuisse und Biscosuisse in die Bedeutungslosigkeit geführt hat.

Denn von diesen Verbänden hat die breite Öffentlichkeit noch kaum Notiz genommen. Den Namen Urs Furrer dürfte vorher auch kaum jemand ein Begriff gewesen sein. Doch es soll wohl Ruhe in die Organisation hineinkommen.

Unwohlsein bei «Altlast»

Schneider, der sicher eine Kündigungsfrist von sechs Monaten im Arbeitsvertrag hat, wäre bei einer normalen Weiterbeschäftigung bis ins neue Jahr allerdings noch auf diesen neuen Direktor getroffen, der aber wahrscheinlich auch nicht scharf auf diese «Altlast» beim sgv gewesen war.

Daher einigte sich der Dachverband nun auf die Lösung zum Austritt schon per Ende Jahr. Arbeitsrechtlich hätte der sgv den Arbeitsvertrag auch einfach per 30. Juni 2024 kündigen können. Offenbar war Regazzi & Co. aber nicht wohl dabei.

Störender Intellektueller

Was Schneider für die nunmehr erzielte Einigung bekommen hat, ist nicht bekannt. Es dürfte sich allerdings sicher für den cleveren Verhandler gelohnt haben.

Schneider war als Person für viele sicher ein Dorn im Auge, weil der liberale, teils libertäre Intellektuelle sich nicht unterordnen will und oft für seine dezidierte Meinung kämpfte.

Dies passt in der oft engstirnigen Schweiz allerdings nicht jedem. 

25.12.2023/kut.

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