Finma senkt Zinsen noch vor der Nationalbank

Das Logo der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma in Bern
Die Finma trifft Annahmen, wie sie die Behörde gerade braucht. (Bild: PD)

Eine Finanzmarktaufsicht sollte Vorbild für den Finanzplatz sein. Doch wer sich die Jahresabschlüsse der Finma anschaut, bekommt daran Zweifel.

Die Jahresrechnungen der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma bergen so manches Dynamit.

Denn wer sich etwa die Angaben zur Vorsorge der Staatsdiener ansieht, traut seinen Augen kaum.

Rücklagen entscheidend

So senkte die Finma für 2023 schon das Zinsniveau für ihren Vorsorgebestand um hohe 0,73 Prozentpunkte auf 1,5 Prozent, wie aus der Jahresrechnung 2023 unter Punkt 10 hervorgeht. Mit diesem Wert diskontiert die Finanzaufsicht die Verpflichtungen für aktive Versicherte und Pensionäre.

Erhöht sich der Zins, muss die Finma weniger Rücklagen ausweisen. Geht der Zins in den Keller, erhöhen sich die benötigten Werte.

Extremwerte im Jahr 2022

Nun reiben sich Beobachter die Augen, wie die Finma noch vor der Schweizerischen Nationalbank SNB quasi das Zinsniveau senken konnte.

Da muss man wohl auf die absolute Zahl im Jahresabschluss 2022 blicken, denn da lag der Diskontsatz bei Sage und Schreibe hohen 2,23 Prozent für aktive Versicherte und bei 2,28 Prozent für Rentenbeziehende.

Diese Höhe verwundert, weil die Resultate im Anlagejahr 2022 stark negativ waren. Wohlgemerkt hatte die Behörde den Zins von 0,38 beziehungsweise 0,35 Prozent auf besagte 2,23 und 2,28 Prozent erhöht.

Hohe Unterdeckung vermieden

Der Deckungsgrad für die Finma-Vorsorgelösung lag bei 98,3 Prozent und wies für 2022 somit eine Unterdeckung auf. Doch wenn man den Zins so stark erhöht, ergeben sich für die Einrichtung versicherungsmathematische Gewinne, weil es eben weniger Rücklagen braucht.

Die Idee dahinter leuchtet ein, denn jedes Jahr werden ja höhere Zinsgewinne erwirtschaftet.

Damit konnte die Finma versicherungsmathematische Gewinne von 77 Millionen Franken aufgrund der Änderung der Finanzannahmen ausweisen.

Heimliche Anpassungen

Den Wirtschaftsprüfern dürfte dies aber wohl nicht geheuer gewesen sein, denn ein Zinsniveau weit über dem Leitzinsniveau leuchtet bei diesen langlaufenden Verpflichtungen meist kaum ein.

Auch machen die unterschiedlichen Zinsannahmen für Aktive und Pensionäre kaum einen Sinn – und siehe da – 2023 ist der Zins plötzlich einheitlich 1,5 Prozent.

Jahresabschluss Finma 2023
Finma Jahresabschluss 2023
Finma Jahresabschluss 2022
Finma Jahresabschluss 2022

In den Wirren des Untergangs der Krisenbank Credit Suisse ist der Jahresabschluss der Finma logischerweise in den Hintergrund getreten. Doch wer sich dies nunmehr genauer anschaut, glaubt eben seinen Augen kaum.

Erklärungen zur Vorgehensweise gibt es jedenfalls keine.

Schwankungen im Eigenkapital

Dazu muss man allerdings noch wissen, dass diese Bewegungen gemäss den Rechnungslegungsstandards im Eigenkapital gezeigt werden müssen. Mit der Zinssenkung sanken die Eigenmittel der Finma 2023 um rund 20 Millionen Franken.

Mit der drastischen Zinserhöhung 2022 für den Versichertenbestand gab es immerhin einen Gewinn von 5 Millionen Franken im Eigenkapital.

Die Finma wollte mit den Anpassungen sicher erreichen, dass ihr Eigenkapital nicht mehr negativ wird, wie es im Jahr 2014 bereits aufgrund der Vorsorge passiert war.

Erhöhung der Lebenserwartung

Letztlich zeigt sich aber, dass die Finma kein gutes Vorbild für den Finanzplatz Schweiz ist. Und dies wird durch noch einen Umstand belegt.

Als sich das Land nämlich auf neue Sterbetafeln einigte und BVG 2015 durch BVG 2020 abgelöst wurde, liess sich die Finma mit der Anwendung der neuen Berechnungsgrundlagen für die Vorsorge von Leistungen und Verpflichtungen noch ein Jahr lang Zeit.

Finma Jahresabschluss 2021
Finma Jahresabschluss 2021
Finma Jahresabschluss 2021
Finma Jahresabschluss 2021

Darin nahm die Lebenserwartung der Menschen nochmals zu und die Invaliditätswahrscheinlichkeit ab. Aber für die Staatsdiener ignorierte die Finma diese Entwicklungen zunächst.

Andere Finanzmarktteilnehmer setzten die im Dezember 2020 publizierten Regeln aber sogar noch für die Jahresabschlüsse 2020 um.

Zinserhöhung noch vor SNB

Die Finma passte die neuen Berechnungsgrundlagen erst für das Geschäftsjahr 2021 an. Jedoch verkürzte sie die Lebenserwartung für Männer sowie Frauen und erhöhte sogar die Invaliditätswahrscheinlichkeit für ihre Beamten.

Aber gleichzeitig erhöhte die Aufsichtsbehörde damals auch noch mitten im Negativzinsumfeld ihren Kalkulationszins, was ein grosser Hebel ist und zu sinkenden Rückstellungen führte.

Die Schweizerische Nationalbank SNB erhöhte ihre Leitzinsen allerdings erst im Juni 2022.

Insofern preschte die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht schon damals vor.

08.04.2024/kut.

Finma senkt Zinsen noch vor der Nationalbank

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