Der Untergang der CS hat die Regulierung des Finanzplatzes der Schweiz ins Rampenlicht gerückt. Die Aufsichtsbehörde setzt einen Hilferuf ab.
Es war ein unüberhörbarer Hilferuf der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma, den der Schweizer Regulator am heutigen Dienstag vor den Medien von sich gab.
Alles, was in ihrer Macht gestanden habe, habe die Berner Behörde seit Jahren bei der Krisenbank Credit Suisse (CS) auch getan, lautete die Botschaft von Finma-Präsidentin Marlene Amstad und ihren Mitstreitern.
Drei Gründe des Scheiterns
Und doch hat es nichts genützt, den Super-Gau zu verhindern, wie aus der Notfusion der CS mit der Grossbank UBS klar ersichtlich ist.
Das war das Fazit einer Medienkonferenz, die dramatischer kaum sein konnte. 108 Vorort-Kontrollen, 16 Strafanzeigen, 9 Rügen, 14 Enforcementverfahren, 392 adressierte Punkte für Massnahmen und 113 Feststellungen mit Risikoeinstufung «Hoch» waren nicht ausreichend, um den Untergang der Schweizer Grossbank CS abzuwenden.
Die CS habe alle regulatorischen Kennzahlen voll erfüllt, und dennoch scheiterte sie am Fehlen eines tragfähigen Geschäftsmodells, an ihrer mangelnden Risikokultur und an ihrem Vergütungsmodell, hiess es vor den Medien.
Auf Gesetzesänderung hinwirken
Ausgelöst von den Problemen auf dem US-Bankenmarkt, ausgelöst vom Verschieben des Jahresberichts und ausgelöst von den Äusserungen des Hauptaktionärs habe die CS nicht mehr aus eigener Kraft bestehen können, so die Finma zum Untergang der Grossbank.
Die Finma verlieh dabei ihren Forderungen erneut Ausdruck, die Gesetze in der Schweiz so anzupassen, dass sie quasi nicht mehr als zahnloser Tiger am Finanzplatz auftreten muss.
Doch das dürfte schwierig werden, wie das gesetzgeberische Verfahren vergangene Woche im Ständerat bereits gezeigt hat. Kaum ein Politiker will wirklich etwas ändern.
Früheres Eingreifen bei Problemen
Die Aufsichtsbehörde will aber ein klares Zuständigkeitsdokument bei Finanzinstituten haben, damit auch klar und beweisbar ist, wer im Falle eines Falles für welche Entscheide verantwortlich war.
Bisher sei dies insbesondere bei Grosskonzernen mit internationalen Geschäften sehr schwierig, hiess es diesbezüglich.
Des Weiteren will die Finma transparenter über Enforementverfahren informieren dürfen. Bisher ist dies nur in besonders wichtigen Fällen zulässig.
Und drittens will die Schweizer Finanzmarktaufsicht auch früher in die Geschäfte der Finanzinstitute eingreifen dürfen und Strafen verhängen können.
All dies dürfte aber schwer durchsetzbar sein.
Nur zehn Prozent an Problemfällen
Die Finma machte am Dienstag nämlich auch zwei entscheidende Fehler, um bei ihrem Ansinnen vorwärtszukommen.
Einerseits erklärte die Behörde, dass bei rund 90 Prozent der Enforcement-Aktivitäten, also der schärfsten Waffe des Regulators, der ordentliche Zustand bei den betroffenen Instituten innerhalb von drei Monaten hergestellt würde.
Nur rund zehn Prozent seien schwierig und der CS-Fall habe sicher dazugehört, hiess es. Manch einen Politiker dürfte dieser geringe Anteil der Problemfälle an der Gesamtmasse dazu verleiten, nicht viel am Schweizer Kapitalmarkt ändern zu wollen.
Besser keine Regulierungskeule nach einem Betriebsunfall schwingen, könnte dabei der liberale Tenor lauten.
Nichtstun als Option
Der zweite Fehler der Finma war andererseits, dass die Behörde vor den Medien versicherte, dass sie mit dem bestehenden Gesetzesrahmen auch weiterhin operieren würde. Es sei allerdings nur mit neuen Instrumenten möglich, künftige Bankenkrisen zu verhindern.
Daran dürften Politiker so ihre Zweifel haben, ob es künftig gelingt, all die neuen Probleme mit den Forderungen der Finma auch in den Griff zu bekommen. Viel zu oft schon haben sie dieses Lied gehört.
Meist kommt es doch anders, wie die Too-Big-To-Fail-Regulierung im Falle der CS eindrücklich zeigt. Letztlich lagen die Probleme der CS auf einem ganz anderen Gebiet als nach der Rettung der Grossbank UBS als Missstände identifiziert worden waren.
Steuerzahler soll weiterzahlen
Im Rahmen der Aufsichtstätigkeit würde die Finma aber in jedem Fall künftig mehr Stresstests bei den Banken und Versicherern machen, hiess es von den Verantwortlichen.
Zudem wolle das Amt prüfen, wo Kapitalzuschläge möglich und nötig seien. Drittens würde sie – analog zu ausländischen Finanzmarktregulatoren – mehr Krisenübungen durchführen, dass die Schweiz auch für turbulente Zeiten gewappnet sei.
All dies dürfte vielen Politikern ausreichen, um nichts ändern zu müssen. All dies dürfte die Bankenlobby des Landes hoch erfreuen.
Und all dies dürfte den Schweizer Steuerzahlen im Krisenfall wieder zur Kasse bitten und den Hilferuf der Finma lautlos verhallen lassen.
19.12.2023/kut.