Der neue US-Präsident Donald Trump gilt als schwieriger Verhandler. Doch nichts ist unmöglich, wie die EU der Schweiz vormacht.
«Alle zocken die Vereinigten Staaten ab, doch damit ist es nun vorbei.»
Mit diesen Worten trat Donald Trump in der Nacht auf den heutigen Dienstag seine zweite Amtszeit als US-Präsident an.
Schutz von Schlüsseltechnologien
Das bedeutendste Land der Welt setzt unter Trump noch mehr auf die Entflechtung kritischer Wertschöpfungsketten sowie darauf, China den Zugang zu modernstem Wissen zu erschweren.
Dabei vermischen die USA wirtschafts- mit sicherheitspolitischen Fragen und erklärten Schlüsseltechnologien um Quantum, Halbleiter und Künstliche Intelligenz KI zu geostrategisch bedeutsamen Bereichen, die Investitionskontrollen unterliegen.
Handelskrieg abwenden
Trump will für sein Land lukrative Deals. Dazu braucht es aber auch die andere Seite.
Kurioserweise steckt im Begriff Zusammenarbeit das Wort USA eigentlich drin. Ohne Kooperation geht es auf der Welt nicht und dies wissen die Amerikaner auch.
Wie Verhandlungspartner mit Trump erfolgreich sein können, hat der die EU unter dem damaligen Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker vorgemacht.
Er schloss im Jahr 2018 einen Deal im Weissen Haus und wendete einen Handelskrieg von den USA mit der EU ab.
Nun verriet Juncker dem Nachrichtenmagazin «Der Spiegel», wie es dazu und zu einem Bruderkuss von Trump kam.
Verzerrtes Bild korrigieren
«Ich habe Donald Trump ernst genommen», sagte der einstige EU-Kommissionspräsident.
«Und ich habe versucht, mich in seine Lage zu versetzen», erklärte er.
Trump habe ein völlig verzerrtes Bild von der EU gehabt und ist der Auffassung, die Europäer hätten die EU erfunden, um den Interessen von den USA zu schaden.
Juncker half Trump innenpolitisch, indem er Sojabohnen von amerikanischen Farmern abkaufte, weil China die Importe aus den USA auf null reduziert hatte.
Zudem hatte Juncker den USA angeboten, mehr Flüssiggas nach Europa zu importieren.
Details unwichtig
«Trump ist niemand, der sich in die Substanz der Probleme vertieft», erklärte Juncker zu den Gesprächen.
Der US-Präsident hatte nicht einmal gewusst, dass die EU kaum Sojabohnen produziere und damit der «Deal» kaum etwas kosten würde, so der Luxemburger zu Trumps Vogelperspektiven weiter.
Es spielte dabei auch keine Rolle, dass die EU eigentlich keine Sojabohnen oder Erdgas importieren konnte, weil dies bekanntermassen die EU-Unternehmen entscheiden.
«Ich wollte ihn auch nicht mit allzu vielen Details bekannt machen», sagte der 70-jährige Juncker zu dieser Situation.
Trumps Wähler treffen
Es spielte der EU auch in die Hände, dass für Handelsfragen eben Brüssel und nicht die einzelnen Mitgliedstaaten zuständig sind, was Trump offenbar nicht wusste.
«Es ist schön, dass du auch mit Merkel oder Macron sprichst – aber ich bin der Typ, mit dem du reden musst», machte Juncker ohne Arroganz als kleine Lehrstunde für Trump klar.
Dabei würde die EU mittlerweile verstärkt darauf achten, sich nicht von direkten Gesprächen mit den Mitgliedstaaten auseinander dividieren zu lassen.
Alles sollte sich Europa aber von den USA nicht gefallen lassen, erklärte der einstige EU-Kommissionspräsident weiter.
«Sollte Trump den Fehler begehen, überhöhte Zölle zu verhängen, muss man bereit sein, auf ähnliche Art zu reagieren», sagte er und empfahl Schutzzölle in US-Gliedstaaten, die genau Trumps Wählerschaft treffen.
Zugleich sollte man alles tun, um diesen aufkommenden Handelskrieg im Keim zu ersticken, hiess es kritisch.
Kumpeltyp mit Handschlag
Den Verhandlungsstil von Trump beschrieb Juncker als extrem sprunghaft in seinem Denken und Handeln. Diese Unberechenbarkeit und Irrationalität scheint generell seine Strategie zu sein.
«Innerhalb einer Sitzung ändert er seinen Standpunkt manchmal von null auf 100 und wieder zurück», erklärte er.
Der US-Präsident mache Deals mit dem Gesprächspartner, der ihm per Handschlag etwas anbietet – Nationen oder die EU interessierten ihn überhaupt nicht.
«Mich hat immer gewundert, dass er Dinge über das persönliche Verhältnis angeht, obwohl es objektive Interessen zu verteidigen gibt», führte Juncker weiter aus.
Trump sei regelrecht ein Kumpeltyp, erklärte der weltbekannte Alkoholiker über den weltbekannten Abstinenzler.
Maurer rückte weit vor
Für die Schweiz heisst dies, sie könnte die 2006 abgebrochenen Gespräche über ein Freihandelsabkommen wieder aufnehmen.
Dafür bräuchte sie allerdings Zugeständnisse in der Landwirtschaft sowie einen Kumpeltypen, der mit Trump auf Augenhöhe spricht.
Alt Bundesrat Ueli Maurer war dies bereits gelungen, und er durfte als erster Schweizer Präsident überhaupt ins Oval Office im Weissen Haus.
Es braucht auf Schweizer Seite also jemanden, der Trump ernst nimmt und das Gefühl als Kumpel gibt, dass die USA nicht über den Tisch gezogen werden.
21.01.2025/kut.