Dieses Jahr gab es kaum ein wichtigeres Wirtschaftsthema als die Künstliche Intelligenz KI. Doch steckt darin wirklich Leben?
«Ich würde ChatGPT als Werkzeug bezeichnen, das Ähnlichkeiten erkennt.» Dies sagte einer der bedeutendsten Intellektuellen, der über das Internet und den digitalen Fortschritt nachdenkt, in einem Interview mit der deutschen Wochenzeitung «Die Zeit».
Hohe Effizienzsteigerung
Beim Programmieren stünde man immer wieder vor Problemen, die schon Millionen Mal von anderen gelöst wurden, führte Jaron Lanier weiter aus.
«Wir können menschliche Leistungen, die bereits existieren, leichter wiederverwerten», erklärte der Computerexperte zudem. Programmierer wären mit ChatGPT in der Lage, Routine-Aufgaben rund 40 Prozent effizienter zu bearbeiten.
Weil ChatGPT die Lösungen anderer kenne, könne es binnen Sekunden passende Codes generieren und erspare den nervtötenden Teil der Arbeit, hiess es weiter. «Das nenne ich Fortschritt», sagte Lanier.
System zur Nachahmung
Von dem Begriff künstliche Intelligenz halte er dabei aber rein gar nichts. Grosse Sprachmodelle, wie ChatGPT, sollte man nicht als Wesen oder Kreatur betrachten.
Vielmehr solle man diese Software und Sprachmodelle als das beschreiben, was sie seien: «Sie ermöglichen eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen Menschen», erklärte der bekannte Programmierer und Vordenker.
«Wir geben der Software einen Befehl, und sie führt ihn aus und greift dabei auf das zurück, was schon einmal geschrieben, gedacht, programmiert wurde», macht Lanier die Situation anschaulich.
Parallelen zur Philosophie
Damit geht der Computerspezialist in eine ähnliche Richtung, wie der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk die Entwicklungen beschrieben hat, wie muula.ch bereits berichtete.
Es sei aber eine recht zynische Definition, ChatGPT nur als stochastischen Papagei zu begreifen, der neu zusammenpuzzelt, was in den Trainingsdaten stünde.
«Stochastische Papageien sind grossartig, sie sparen Zeit», sagte der bekannte Buchautor bezüglich der mathematischen Systeme zur Nachahmung.
Glauben spielt eine Rolle
Doch könnte allein durch die Analyse der Sprache eine Art Verständnis der Welt entstehen? «Menschen, die so etwas in ChatGPT sehen wollen, werden so etwas sehen», führte der Internetspezialist zudem aus.
Manche sehen in ihrem eigenen Hund mehr Intelligenz als andere. Aber das Problem sei dabei, dass man Dinge, wie Intelligenz und Bewusstsein, nicht messen könne. «Dies gilt auch für die Computerwissenschaften», so Lanier, der beim Microsoft-Konzern als Prime Scientist arbeitet.
«Manche glauben an Götter oder an einen Gott, an Geister und Engel. Andere eben an eine lebendige KI», sagte er ausserdem zur Situation. Sein Argument sei pragmatischer und sinnvoller, wenn man ChatGPT als ein Werkzeug zur besseren Zusammenarbeit betrachte.
24.12.203/kut.