Der Dachverband der Schweizer Wirtschaft Economiesuisse hat sich mehrfach zum Untergang der Credit Suisse geäussert. Dabei zeigt sich, wie überflüssig die Organisation ist.
Interessenverbände vertreten klar die Interessen ihrer Geldgeber. Doch was sich der Dachverband der Schweizer Wirtschaft, Economiesuisse, derzeit leistet, geht auf keine Kuhhaut mehr, wie man so schön im Volksjargon sagt.
Befürworten der Zwangsfusion
«Übernahme der Credit Suisse verhindert verhängnisvolle Eskalation», titelte Economiesuisse gleich an jenem historischen Sonntag kurz nach dem Bekanntwerden der Zwangsübernahme der Krisenbank Credit Suisse (CS) durch die Konkurrentin UBS.
«Mit seinem drastischen Eingreifen hat der Bundesrat heute eine Destabilisierung des Schweizer Finanzplatzes verhindert», hiess es weiter.
Economiesuisse unterstütze diesen Schritt, aber bedauere ausdrücklich, dass es so weit gekommen sei.
Aufweichen der Gesetze
Genau an dieser Stelle kommt aber der wichtige Gedanke ins Spiel, wie es so weit kommen konnte.
Der Dachverband der Schweizer Wirtschaft, und das kann man mit einer einfachen Stichwortsuche auf seiner Webseite zu den Bestimmungen der «Too Big To Fail»-Regulierung nachlesen, trägt da eine gewisse Mitschuld.
Damals torpedierte die Interessenvertretung quasi permanent den Gesetzgeber, doch hier und da nicht zu strenge Anforderungen an die systemrelevanten Banken zu machen und gefälligst auch im internationalen Vergleich die Schweizer Geldhäuser nicht zu stark an die Kandare zu nehmen.
Wichtige Abweichungen von den Empfehlungen solle der Bundesrat noch korrigieren, hiess es etwa forsch in einer Medienmitteilung.
Nicht mal Symbolpolitik erlaubt
Doch am gestrigen Mittwochabend schoss die Interessenvertretung unter der Leitung der ehemaligen Diplomatin Monika Rühl endgültig über das Ziel hinaus.
«Economiesuisse ist enttäuscht von der Blockadepolitik im Nationalrat», kritisierte der Dachverband.
«Ohne stabiles Finanzsystem keine Schweizer Wirtschaft», mahnte die Organisation in einer Medienmitteilung zur Ablehnung der Milliardenkredite für die Lösung des Bundes durch die Kammer des Parlaments.
Die Politiker haben zwar aufgrund der bereits festgezurrten Verträge durch Notrecht ohnehin nichts mehr zu sagen, weil das Geld bereits gesprochen ist, doch laut Economiesuisse dürfen die Volksvertreter nicht einmal ihren Unmut durch diesen Symbolentscheid zum Ausdruck bringen.
Keine andere Lösung
Ohne die Rettungsaktion von Bundesrat, der Schweizerischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsicht Finma hätte eine systemrelevante Schweizer Bank in einer international sehr angespannten Situation vielleicht eine internationale Finanzmarktkrise ausgelöst, hiess es vage von den Verbandsexperten.
Der Schaden für die Schweizer Wirtschaft wäre nicht bezifferbar, so die Panikmache.
Es gebe keine andere Lösung, als diejenige, die gefunden wurde, verbietet das von Direktorin Rühl unterzeichnete Dokument sogar das Denken in Alternativen.
Folgen waren klar
«Dass die Parteien ihre Verantwortung in der Krise nicht wahrnehmen, ist für die Schweizer Wirtschaft nicht nachvollziehbar», führte die Economiesuisse-Spitze weiter aus.
Eine Schweiz ohne starken Finanzplatz bedeute weniger Wettbewerbsfähigkeit, keine starke Schweizer Währung und steigende Finanzierungskosten für alle, merkt die Vorsitzende der Geschäftsleitung des Dachverbandes plötzlich an.
Verschlimmern durch Schweigen
Ist das nicht überraschend? «Die Schweizer Wirtschaft» merkt urplötzlich, und zwar so schnell, dass jeweils am gleichen Tag der Ereignisse noch Stellungnahmen des Dachverbandes parat sind, wie schlecht die Krise der Krisenbank CS für den Wirtschaftsstandort ist.
Wo war Economiesuisse in den vergangenen Wochen und Monaten als sich der Vertrauensverlust bei der systemrelevanten Bank klar abzeichnete?
Warum schreibt der Dachverband nicht, dass er bedauert, die ganze Krise lang geschlafen und auch noch im September 2022 eigens den CEO der Credit Suisse Schweiz, André Helfenstein, in den Economiesuisse Vorstand sowie Vorstandsausschuss gewählt zu haben?
Eigentlich wäre der Dachverband damit doch rechtzeitig an der Quelle für Lösungen gewesen, um die Situation zu verhindern, welche Economiesuisse nunmehr so bedauert.
Gemacht hat er aber nichts.
Langfristiges Denken fehlt
Economiesuisse vertritt die Interessen einer wettbewerbsorientierten und verantwortungsbewussten Schweizer Wirtschaft, heisst es auf der Webseite über die Organisation.
Da lachen doch die Hühner, wenn der Dachverband eine Lösung mit viel weniger Wettbewerb begrüsst, Schweizer Firmen sich eine neue zweite Hausbank suchen müssen und der Dachverband eine Krise verniedlicht, die durch verantwortungsloses Handeln einer Schweizer Grossbank erst ausgelöst wurde.
Die Politiker, die nun im Parlament ihre Verantwortung dem Volk gegenüber wahrnehmen, sollen sich einfach nicht so anstellen und alles schlucken. Das geht nicht.
Zum Jahresanfang kritisierte Rühl in ihrer Ansprache auf der Bilanzmedienkonferenz 2023 sogar: «Die Politik hat verlernt, langfristig zu denken». Dies gilt wahrscheinlich eher für den Dachverband.
Lückenlose Aufklärung als Phrase
Klar wird bei alldem, dass eine solche Organisation eigentlich ziemlich unglaubwürdig und damit nutzlos ist.
Wenn Rühl nun vollmundig erklärt, dass die Wirtschaft fordere, nicht einfach zur Tagesordnung zurückzukehren. «Was passiert ist, gehört lückenlos aufgeklärt», so die Forderung der Verbandschefin.
«Economiesuisse wird sich in den nächsten Wochen mit Nachdruck für eine ausführliche Aufarbeitung als Grundlage für zielgerichtete Lösungen im Interesse des Wirtschaftsstandortes Schweiz einsetzen», erklärte Rühl abschliessend.
Warum sagt sie nicht, wie sie das machen wird?
Teil des Problems
Für die Öffentlichkeit wäre es doch interessanter zu erfahren, mit welchen konkreten Massnahmen sie die Aufklärung auf die Beine stellen wird.
Auch wäre die Einsicht begrüssenswert, dass Economiesuisse ein Teil des Problems und nicht der Lösung ist. Strukturelle Anpassungen beim der Organisation müssten eigentlich her.
Die Verlautbarungen des Dachverbandes der Schweiz sind daher nur peinlich für das Land.
Noch peinlicher ist allerdings, dass es in der Schweiz sogar Medien gibt, welche diesen Unsinn, ja diese Propaganda, verbreiten und sich damit eigentlich ebenfalls obsolet machen.
13.04.2023/kut.