Drei Lehren für die Schweiz aus dem Brexit-Desaster

Kaum jemand in Grossbritannien ist mit den Ergebnissen des Brexits zufrieden. (Bild: Tumisu / pixabay)

Der Wohlstand ist in Grossbritannien nach dem Brexit eingebrochen. Die Schweiz kann davon lernen, auf was sie beim Verhältnis zur EU achten muss.

Emotionen spielen bei wichtigen Entscheiden oft eine grosse Rolle. Doch dabei passieren auch häufig Fehler.

Dies zeigt sich besonders in Grossbritannien an der Brexit-Frage, wo sich die Mehrheit des Volkes von Gefühlen hat leiten lassen und den Entscheid zum Brexit nun aufgrund der Einbussen beim Wohlstand vielfach bitter bereut.

Keine Freihandelsabkommen

Die Aufräumarbeiten zum Brexit beinhalten, zu analysieren, was konkret falsch gelaufen ist. Und so werden drei Hauptprobleme genannt, die auch für die Schweiz eine Warnung sein sollten.

Erstens glaubte Grossbritannien nämlich, wie auch hierzulande weithin geglaubt wird, dass das Land ohne die «Fesseln» der EU viel bessere Handelsabkommen mit Nicht-EU-Staaten abschliessen könne.

Keine besseren Verträge

«Heute gibt es aber weder mit den USA noch mit China eine Vereinbarung, und es bestehen auch keine Aussichten, dass sich das ändert», sagte der bekannte britische Ökonom und Mitglied des geldpolitischen Ausschusses der Bank of England, Michael Saunders, bezüglich dieser falschen Erwartung an den Brexit zur «NZZ am Sonntag».

Selbst die geschlossenen Handelsabkommen, die Grossbritannien seit dem Brexit erzielt habe, seien bloss Kopien der Vereinbarungen, welche die EU bereits mit diesen Ländern habe.

Das Argument, auf eigenen Füssen bezüglich Handelsvereinbarungen besser dazustehen, ist somit falsch. Es wird allenfalls gleich gut.

Nützlicher EU-Moloch

Das zweite häufig vorgebrachte Argument der Brexit-Befürworter war, dass die EU eine zu komplexe Regulierung und eine ausufernde Bürokratie habe. Doch auch dies liess der Experte bezüglich der EU-Regeln nicht gelten.

«Sie machen vielmehr das Leben für Unternehmen einfacher, weil man allen die gleichen Regeln vorgibt», erklärte er. Die EU-Länder hätten zudem Spielräume bei der Umsetzung von Standards.

«Grossbritannien hatte eine der niedrigsten Regulierungslasten von allen entwickelten globalen Volkswirtschaften – und zwar als EU-Mitglied», betonte Saunders. Die Vorstellung, dass die EU dem Land eine enorme Regulierung auferlegt habe, sei eine Legende.

Komplexes System geschaffen

Die Regulierung sei nunmehr mit dem Brexit viel schlimmer und eine grössere Belastung, klagten zudem die britischen Unternehmen. «Jetzt müssen sie sich mit zwei verschiedenen Systemen auseinandersetzen: dem britischen und jenem der EU», erklärte der Wirtschaftsfachmann.

Der Brexit erschwere viele britischen Firmen obendrein, wie früher Vorleistungen aus der EU zu beziehen. Einfuhren seien viel teurer und zeitaufwendiger geworden, mahnte er. Viele Firmen hätten daher Geschäfte verloren.

Für britische Unternehmen hätten sich nicht einfach die Handelsbeziehungen verschlechtert, sondern sie mussten ihr Geschäftsmodell vollkommen ändern oder sogar wirtschaftliche Aktivitäten herunterfahren.

Auch mit Blick auf den Lebensabend der Briten dürfte es nicht besser geworden sein, findet zudem muula.ch. Früher konnten sich Pensionäre aus UK problemlos in Spanien, Portugal oder in Griechenland niederlassen. Das ist nun alles vorbei.

Wartezeiten im Spital

Und auch das dritte Hauptargument für den Brexit, der Stopp der hohen Einwanderung, ging nach hinten los. So sehe Grossbritannien nunmehr die Kosten, die entstünden, wenn Unternehmen Mühe hätten, Mitarbeiter aus der EU zu bekommen, sagte der Wirtschaftsfachmann weiter.

«Es fehlt an Arbeitskräften im Gesundheitswesen, im Gastgewerbe und im kulturellen Sektor. Eine Folge der fehlenden Personenfreizügigkeit sind längere Wartezeiten in unserem Gesundheitssystem», erklärte Saunders die Misere. So etwas will in der Schweiz ja sicher niemand.

Ohnehin hat die Schweiz für die Ausbildung all der eingewanderten Ärzte, Pflegekräfte, Ingenieure, Topmanager, IT-Experten, ja selbst der Journalisten, nichts bezahlt. Das Land profitiert aber enorm von diesen Personen.

Gemeinschaft hilft allen

Handel ist letztlich kein Nullsummenspiel, sondern hilft beiden Seiten. Die neuen Brexit-Schranken hätten sowohl der EU als auch Grossbritannien geschadet.

«Es ist allerdings offensichtlich, dass die Kosten für Grossbritannien viel höher sind», sendete der Ökonom mahnende Worte in der «NZZ am Sonntag» aus.

08.01.2023/kut.

Drei Lehren für die Schweiz aus dem Brexit-Desaster

2 thoughts on “Drei Lehren für die Schweiz aus dem Brexit-Desaster

  • Januar 8, 2023 at 1:16 pm
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    Leider die Gefühle hindern das Lernen.

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  • März 13, 2023 at 12:35 pm
    Permalink

    Keep functioning ,remarkable job!

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