Die Westschweizer Krankenkasse Groupe Mutuel ist in ihrer Existenz bedroht. Das Management scheint nicht mehr Herr der Lage zu sein.
Zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit müssen Krankenkassen laut Gesetz ausreichend Reserven vorhalten.
Diese Rücklagen dienen einerseits dazu, ungewisse Entwicklung in den Leistungen aufzufangen und andererseits Finanzrisiken zu bewältigen.
Öffentlichkeit schaut weg
Sind die Reserven einer Krankenkasse zu niedrig, sinkt die Solvenz des Versicherers und damit die Zahlungsfähigkeit der Leistungen für die Versicherten.
Genau dies ist in dramatischer Weise bei der Groupe Mutuel, der Gruppe von Krankenversicherern aus der Westschweiz, passiert.
Wie das Bundesamt für Gesundheit BAG mit den Prämienerhöhungen für 2025 bekanntgab, kann die Groupe Mutuel zahlreiche gesetzliche Vorgaben nicht mehr erfüllen.
Aufgrund des Prämienschocks haben diese News aber in der Öffentlichkeit kaum Beachtung gefunden.
Eklatante Missstände
Bei der Krankenkasse Supra müssen die gesetzlichen Mindestreserven rund 129 Millionen Franken betragen. Die Gesellschaft kommt aber bloss auf 85 Millionen Franken beziehungsweise 65 Prozent des geforderten Mindestmasses.
Bei der Krankenkasse Easy Sana ist es noch dramatischer. Sie müsste 105 Millionen Franken an Mindestreserven vorhalten – kommt aber nur auf 54 Millionen Franken beziehungsweise 52 Prozent des gesetzlich vorgeschriebenen Betrages.
Überdecken der Probleme
Als Ausweg aus dieser schier unglaublichen Situation kommen die Verantwortlichen um CEO Thomas Boyer nur auf die Idee, die kleineren Krankenkassen mit grösseren Einheiten zu fusionieren.
So wird die Supra per 1.1.2025 von der Avenir übernommen und die Easy Sana geht zum gleichen Zeitpunkt in der Mutuel Assurance auf.
Damit hat die Groupe Mutuel zwei Krankenkassen weniger. Doch Avenir kommt auch nur auf eine Solvenzquote von gerade einmal 103 Prozent. Die Mutuel Assurance erfüllt die gesetzliche Mindestreserve von 100 Prozent genau wie die lahmen Töchter nicht und erreicht nur 97 Prozent.
Von einer Gruppe an verschiedenen Trägergesellschaften lässt sich auch immer weniger sprechen, wenn es immer weniger Einheiten in der Grundversicherung gibt.
Kunden erfahren nichts
Das Management um CEO Boyer hält es nicht für nötig, die Öffentlichkeit beziehungsweise die betroffene Kundschaft zu informieren.
Allenfalls der Aufsichtsbehörde wurden Vorschläge zur Lösung unterbreitet, wie eine Mediensprecherin der Groupe Mutuel auf Anfrage von muula.ch erklärte.
Warum sonst nicht kommuniziert wurde, beantworten Boyer und auch seine Kommunikationsabteilung nicht.
Die Kundschaft wurde sogar mit einer Medieninformation zu den erneuten Millionenverlusten 2023 quasi völlig in die Irre geführt, wie muula.ch berichtete.
Hoffnung stirbt offenbar zuletzt
Die Versicherten der Mutuel Assurance müssen nunmehr aber ihre noch «gute» Solvenz der schlechten Easy Sana zur Verfügung stellen und in einer gemeinsamen Betrachtung die Mindestreserve gemäss Gesetz wiederherstellen.
Die Gruppe rechnet laut eigenen Angaben damit, durch Prämienerhöhungen und die Fusion die 100-Prozent-Marke zu erreichen.
Änderungen notwendig
Eigentlich kann man dem kaum noch Glauben schenken, denn im Jahr 2023 betrug bei Easy Sana die Solvenzquote bereits nur 70 Prozent und statt sich die Situation verbessert, rutschte die Krankenkasse auf noch schlechtere 52 Prozent ab.
Strategie- oder Personalwechsel seien bei Groupe Mutuel keine vorgesehen, erklärte die Mediensprecherin der Krankenkassengruppe weiter.
Die Resultate über mehrere Jahre zeigen aber klar, dass dies angezeigt wäre. Praktisch keine andere Krankenkassen-Gruppe der Schweiz steht im gleichen Markt so schlecht wie Groupe Mutuel da.
02.10.2024/kut.