Doris Leuthard siegt im Bundesrat

Alt-Bundesrätin Doris Leuthard
Alt-Bundesrätin Doris Leuthard stimmte den Bundesrat um. (Bild: Wikimedia/CVP)

Alt-Bundesrätin Doris Leuthard hat die Landesregierung mit einem Trickli bezwungen. Klar weiss sie, wie der Hase beim Regieren läuft.

Wenn eine Behörde oder ein Unternehmen in einer Medienmitteilung von «anpassen» oder «präzisieren» spricht, ist irgendetwas Negatives gemeint. Jedoch soll die neutrale Formulierung von der eigentlichen Sache ablenken.

«Svizra27» gewinnt an Fahrt

Der Bundesrat «präzisierte» nunmehr die Rahmenbedingungen für die nächste Landesausstellung in der Schweiz und dabei kommt Alt-Bundesrätin Doris Leuthard ins Spiel.

Sie ist die Co-Präsidentin bei einem der aussichtsreichsten Initiativen für eine Landesausstellung, beim Grossprojekt «Svizra27», über das muula.ch bereits mehrfach berichtete.

Klare Worte aus Bern

«Die Durchführung einer Landesausstellung mit Bundesbeteiligung ist angesichts der Sparmassnahmen beim Bund und den Kantonen vor 2030 nicht realistisch», hatte der Bundesrat im März 2023 mitgeteilt.

Daher werde sich die Schweizer Regierung frühestens 2028 zu einer allfälligen finanziellen Unterstützung einer Landesausstellung äussern, hiess es damals unmissverständlich.

Doch da hatte der Bundesrat die Rechnung ohne die einstige beliebte CVP-Ministerin Leuthard gemacht, die aufgrund ihrer Regierungserfahrung selbstverständlich genau weiss, wie man das Gremium beeinflussen und auf seine Seite ziehen kann.

Kampfgeist der Politikerin

Leuthard erklärte nach der Absage des Bundesrates für die nächste Landesausstellung auf den Sankt Nimmerleinstag aber in der «Gewerbezeitung»: «Der Bundesrat weiss sehr wohl, dass es von Zeit zu Zeit ein solches Projekt braucht, um das Land zusammenzuschweissen.», wie auch muula.ch berichtete.

Nun musste also ein Schlachtplan her und das Problem lautete dabei:

«Der Bundesbeitrag bei der letzten Landesausstellung, der Expo.02, wuchs nach mehrfach notwendig gewordenen Zusatzkrediten bei Gesamtkosten von zirka 1,6 Milliarden Franken auf schlussendlich gesamthaft fast eine Milliarde Franken (918,8 Millionen Franken) an.»

Entscheidender Schachzug

Dann ging es in die zweite Phase und ein paar Vorstösse von Parlamentariern mussten her, die ihre Sorgen über ein mögliches Stocken oder sogar ein Sistieren der Landesausstellung gegenüber der Landesregierung zum Ausdruck brachten.

Und dann gelang Leuthard der entscheidende Schachzug, ein Schweizer Trickli quasi. Der Bundesrat «präzisierte» am Mittwoch sein Konzept und schrieb nunmehr:

«Die nachfolgenden Ausführungen zu den Rahmenbedingungen erfolgen unter der Annahme, dass der Bund für sein Engagement für die nötigen rechtlichen Grundlagen sorgt».

Man tut also einfach so, als würde der Bund zahlen und macht einfach weiter.

Hineinziehen in die Verantwortung

Der Bund solle strategische sowie insbesondere finanz- und budgetbezogene Entscheide angemessen überwachen, in Abhängigkeit seines finanziellen Engagements und seines allfälligen Risikos, hiess es weiter im Bericht.

Dies sei aufgrund seiner Unterstützungsleistungen und aufgrund des Koordinationsbedarfs bei Bereichen mit bundesseitigen Zuständigkeiten sowie zwecks Einbringung des Landesinteresses angebracht, hiess es weiter glasklar.

Eine zu passive Rollenausübung («laissez-faire») durch den Bund wäre angesichts der politischen Exponierung und Betroffenheit des Bundes sowie des allfälligen Einsatzes von beträchtlichen Steuergeldern unsachgemäss, so die weiteren Überlegungen.

Aufsicht wahrnehmen

Und noch ein Zückerli aus dem Report, bei dem der Bund gar nicht mehr «Nein» sagen konnte:

Im Rahmen seiner Förderung könne der Bund nämlich den Förderzweck und die Voraussetzungen für die Förderung formulieren sowie Auflagen und Bedingungen, insbesondere zu Governance, Controlling und Berichterstattung, festlegen.

Er werde diese Punkte vertraglich mit der Trägerschaft regeln und dann darüber die Aufsicht wahrnehmen. So etwas stimmt jeden noch so eisernen Bundesrat um.

Zwei Lehren von Finanzprüfern

All dies wurde vor dem Hintergrund gemacht, obwohl die Eidgenössische Finanzkontrolle EFK zur letzten Landesausstellung Expo.01/02 und dem Finanzdesaster als zwei der 20 Lehren gezogen hatte:

«Wenn der Bund eine Landesausstellung in Auftrag gibt, geht er faktisch eine unbeschränkte politische und finanzielle Haftung ein» und «während der Expo.01/02 erlagen sowohl die Expo-Verantwortlichen als teilweise auch die politischen Akteure einem zweckoptimistischen Denken bezüglich der Einnahmenentwicklung».

Locken mit Zielerfüllung

Alt-Bundesrätin Leuthard ist selbstverständlich klar, dass das politische Geschäft ein Geben und ein Nehmen ist. So stand sie bei der Landesregierung nicht mit leeren Händen da, um die nächste Landesausstellung in ihre Heimat der Nordwestschweiz zu locken.

«Mit dem vorliegenden Bericht konkretisiert der Bundesrat die Rahmenbedingungen für eine künftige Landesausstellung und setzt damit Massnahme 39 zum Ziel 7 der Legislaturplanung 2019–2023 um», lautete Leuthards Angebot.

Der Bundesrat konnte mit den Anpassungen im Bericht sein Legislaturziel 7 erfüllen, welches lautet: «Die Schweiz stärkt den Zusammenhalt der Regionen und fördert die Verständigung der unterschiedlichen Kulturen und Sprachgruppen».

Beim Wort nehmen

Bis dato hatte die Politik dafür nämlich kaum etwas getan. Zahlreiche Legislaturziele hatten die Landesregierung und das Parlament ohnehin verfehlt, wie muula.ch berichtete.

Mit dem Sieg von Leuthard – und möglichen weiteren Hinterzimmerdeals – rette die Schweizer Politik ein Stück weit ihre Legislatur.

Ein «Nein» vom Bundesrat sollte man jedenfalls nicht für bare Münze nehmen.

Wenn dagegen das Wort «angepasst» oder «präzisiert» irgendwo fällt, darf man sicher sein, dass es etwas Negatives zu verbergen gibt.

23.11.2023/kut.

Doris Leuthard siegt im Bundesrat

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