Alle Beteiligte haben bisher beim Untergang der Credit Suisse einen Einfluss von den USA abgestritten. Doch muula.ch entdeckt die Wahrheit.
Es war schon eine merkwürdige Situation an dieser historischen Medienkonferenz zum Untergang der Krisenbank Credit Suisse (CS).
Sowohl der französischsprachige Bundespräsident der Schweiz, Alain Berset, als auch die deutschsprachige Finanzministerin, Karin Keller-Sutter, äusserten sich immer wieder auf Englisch, obwohl es an offiziellen Landessprachen in der Schweiz eigentlich vier andere gibt.
Anstoss kam aus USA
Die Situation wirkte fast so, als schauten die Schweizer Verantwortlichen in die Kameras und sagten ihren englischsprachigen «Auftraggebern», auf uns könnt Ihr Euch verlassen. Ihr braucht nicht mal auf eine Übersetzung zu warten.
Besonders eine Person dürfte dabei angesprochen sein. Das ist die einstige US-Notenbankchefin und aktuelle US-Finanzministerin Janet Yellen.
Sie dürfte tatsächlich der Anstoss für das Desaster um die CS sein, wie Recherchen von muula.ch nun ergaben.
Schockierender Inhalt
So muss man nämlich als Ausgangspunkt für den Untergang der CS den 14. Februar 2023 nehmen. Damals meldete die US-Tochter der Krisenbank ihren Jahresabschluss zum 31. Dezember 2022 an das «Board of Governors of the Federal Reserve System».
Die Angaben hat die CS nunmehr auch etwas versteckt unter «weitergehende Informationen» auf ihre Webseite gestellt und über diese Resultate dürfte die Öffentlichkeit genauso geschockt sein, wie damals die US-Notenbanker.
Als Jahresergebnis für die US-Tochter «Credit Suisse Holdings (USA), Inc.» klaffte nämlich ein überraschender Verlust von über 9 Milliarden Dollar.
Dies liess bei den unteren Chargen in der US-Administration alle Alarmglocken schrillen.
Das noch verfügbare Eigenkapital des US-Arms der CS brach gemäss dieser Meldung von Mitte Februar um rund 40 Prozent auf nur noch 13,2 Milliarden Dollar ein.
Zusätzlich zum Steuerabschreiber
Eine nähere Betrachtung der Zahlen zeigt, dass der hohe Fehlbetrag für die US-Geschäfte der CS hauptsächlich auf einen Goodwill-Abschreiber von fast 5 Milliarden Dollar zurückzuführen ist, wie aus Position 7.c.(1) hervorgeht.
Es ist aber auch ersichtlich, dass vom US-Investmentbanking bloss 1,2 Milliarden Dollar an Fees und Gebühren hereinkamen, die Ausgaben allein für Löhne und Gehälter der Gesellschaft aber bei 2,2 Milliarden Dollar lagen. Die Saläre waren also rund eine Milliarde höher als die dortigen Einnahmen.
Der Abschreiber auf Goodwill ist zudem nicht mit der bekannten milliardenschweren Wertminderung auf Deferred Tax Assets zu verwechseln, die im dritten Quartal 2022 auf Konzernebene bereits für Aufsehen und Milliardenverluste gesorgt hatte.
Damals hatte die Strategieanpassung vom neuen CS-Management um Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann und CEO Ulrich Körner für den US-Abschreiber bei den Steuergutschriften gesorgt.
Auf Konzernebene noch irrelevant
Dieser neue lokale Goodwill-Abschreiber in den USA war nun ein Zusatzproblem, wie mehrere Wirtschaftsprüfer unabhängig gegenüber dem Wirtschaftsnews-Portal muula.ch bestätigten.
Aber der Goodwill, der normalerweise von Übernahmen herrührt, war auf CS-Konzernebene noch kein Thema. Es gab noch genügend «positive» Geschäfte, die beim Test auf Werthaltigkeit einer Abwertung im Gesamtkonzern entgegenwirkten.
Allerdings gab die CS im Geschäftsbericht zum Gesamtkonzern an, den sie am 14. März 2023 publizierte, dass auf Konzernebene nur 23 Millionen Dollar an Goodwill-Impairment resultierten, die Bedeckung der Werte aber auf der Kippe stünde.
CS-Schlachtplan ausgeheckt
Nun ist es mit all diesen Hiobsbotschaften ein Leichtes, sich vorzustellen, was die US-Finanzministerin Yellen macht, als sie ein paar Tage später über ihre Hierarchie von dem Milliardenverlust der CS in ihrem Land erfährt.
Ohnehin waren das Image der systemrelevanten Grossbank der Schweiz bereits angeknackst, die Liquiditätsabflüsse hoch und der Aktienkurs, der eigentlich den Firmenwert darstellt, am Boden. In den USA lagen zudem die Nerven wegen einiger US-Bankenpleiten schon blank.
Yellen griff zum Telefon und rief ihre Schweizer Amtskollegin an, die neue Finanzministerin Keller-Sutter, die aber gar keine Ahnung von der Grossbanken-Materie hatte.
Bei dem Kontakt dürften die beiden Finanzministerinnen den Schlachtplan um die Megafusion ausgeheckt haben, denn selbst untere Chargen in der US-Administration waren laut der Schweizer Expertenkommission zum Untergang der CS überrascht, dass die jahrelang ausgearbeiteten Abwicklungspläne für systemrelevanten Banken nicht zur Anwendung kamen.
Finma verhinderte Kapitaleinschuss
Gemäss diesen Plänen, so hatte die CS immer hoch und heilig versprochen, hätte das Schweizer Geldhaus im Falle einer Kapitalnot bei der US-Tochter aus der Zentrale in Zürich genügend Geld nach Übersee schicken müssen. Yellen brauchte nämlich eine Lösung vor allem für die USA.
Alle anderen Geschäfte der CS waren laut den Geschäftsberichten im grünen Bereich: In Grossbritannien gab es bei der CS im Jahr 2022 lediglich einen kleinen Verlust von nur 300 Milliönchen.
Und in der Schweizer Einheit der CS resultierte sogar ein Mega-Gewinn von rund 1,2 Milliarden Dollar, wie die weiteren Einzelabschlüsse jeweils zeigen.
Ideale Lösung für Amerika
Bei der Krisenbank CS war neues Kapital für die USA aber ein Problem, weil die CS-Zentrale in der Schweiz nur mit Ach und Krach eine Kapitalerhöhung mit den Saudi von der Saudi National Bank fertiggebracht hatte und sich die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma merkwürdigerweise gegen eine höhere Aufstockung der Erdöl-Gelder bei der strauchelnden Grossbank gesträubt hatte.
Dann kamen Yellen und Keller-Sutter überein, dass die Schweiz das Problem lösen musste.
Der Plan endete in einer Notfusion der Krisenbank mit der UBS, die stark in US-Geschäften ist und eine ideale Ergänzung für den Krisenteil der CS in den USA darstellte. Es passte wohl auch, dass es damit künftig in Amerika einen ausländischen Konkurrenten weniger gab.
Es brauchte dafür aber auch noch eine Notsituation, um das Handeln der Schweizer Behörden zu ermöglichen, und diese besorgten die USA.
Mehrere Attacken
Die CS war ja in diesen bewegten Tagen an den Kapitalmärkten ohnehin schon unter Druck. Daher reichten kleine Auslöser, um einen «Bankrun» zu provozieren und beherztes Handeln der Schweizer Behörden mittels Notrecht zu ermöglichen.
Der Hauptparagraf dafür lautete 184 – wohlgemerkt jener Paragraf, der die Beziehungen der Schweiz zum Ausland regelt.
Keller-Sutter, welche in Notsituationen gemäss einem Memorandum ohnehin über der Schweizerischen Nationalbank SNB und der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma steht, stachelte gemäss gesicherten Informationen die Aufsichtsbehörde für den Schweizer Kapitalmarkt an, bezüglich Aussagen von CS-VRP Lehmann zur Liquidität zu ermitteln.
Aus den Abklärungen wurde bekanntermassen nichts. Es musste also etwas anderes her.
SEC fragte Belangloses
Den entscheidenden Anstoss zum «Bankrun» gaben dann die USA.
Am 8. März 2023 fragte die US-Börsenaufsicht SEC bei der Krisenbank völlig belanglose Sachen über Cashflows zum Jahresabschluss 2019 und 2020. Diese schürten aber extreme Unsicherheit an den Kapitalmärkten und veranlassten die CS, die für den nächsten Tag geplante Publikation ihres Geschäftsberichtes auf ungewisse Zeit zu verschieben.
Die CS erkannte wohl danach die Nebelgranate der Amerikaner und kam wenige Tage später, also am 14. März 2023, doch mit ihrem Jahresabschluss 2022 heraus, deren Resultate aber eigentlich schon am 9. Februar 2023 weitestgehend bekannt waren.
Rückkauf von Anleihen
Doch der Stein zu einem «Bankrun» kam durch die SEC-Anfrage gut ins Rollen.
Die Schweiz gewährte in der darauffolgenden Nacht auf Bitten der CS rund 50 Milliarden Franken an Liquiditätshilfen, welche die strauchelnde Bank allen Ernstes zum Rückkauf eigener Anleihen einsetzen wollte, weil sie dadurch einen enormen Gewinn machen konnte, denn die Marktwerte ihrer eigenen Schuldpapiere waren ja in den Keller gerauscht.
Wer kurz vor dem Untergang steht, würde so etwas wahrscheinlich nicht vorhaben. Doch die CS und ihre Oberen waren völlig ahnungslos.
«Not a bailout»
Die Grossbank dachte damals nicht an ihr eigenes Ende. Und die Vorgänge erklären auch, weshalb die SNB der CS in den kommenden Tagen keine unbegrenzte Liquidität zur Verfügung gestellt hat, wie es die Schweizer Nationalbank eigentlich hätte machen müssen.
Medienberichten zufolge sträubte sich das CS-Management um Lehmann und Körner in den folgenden Tagen auch bis zur historischen Medienkonferenz am 19. März 2023 gegen die Übernahmepläne durch die Konkurrentin UBS.
Dann sprach die Schweizer Finanzministerin allerdings ein Machtwort und der Untergang der Grossbank CS war besiegelt.
«It was not a bail-out», sagte Keller-Sutter auf Englisch an besagter historischer Medienorientierung zum Verschwinden der CS, was keine Rettung durch den Staat bedeutet.
Übersetzt sollte es aber wahrscheinlich in Richtung der US-Finanzministerin heissen:
«Janet, es ist alles ok, ich habe geliefert.»
25.09.2023/kut.
Sie schreiben: „Am 8. März 2023 fragte die US-Börsenaufsicht SEC bei der Krisenbank völlig belanglose Sachen über Cashflows zum Jahresabschluss 2019 und 2020.“
Das ist bestenfalls die halbe Wahrheit. Die ganze lautet: Die SEC hat diese „belanglosen Sachen“ nicht erst am 8. März 2023 aufgebracht, sondern erstmals im Juli 2022 in einem Brief an David Mathers, den Finanzchef der Credit Suisse. Die Bank hat die SEC mehr als ein halbes Jahr hingehalten. Das ist an Ignoranz oder Arroganz kaum zu übertreffen.