Die Schweiz hat die Credit Suisse mit staatlicher Hilfe an die Konkurrentin UBS verscherbelt. Es formt sich Widerstand gegen den Deal und das vorgebrachte Recht.
Notrecht gemäss Paragrafen 184 und 185 der Bundesverfassung soll die Grundlage sein. So jedenfalls begründete die Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter am Sonntagabend den Schritt, der Grossbank UBS die Übernahme der Krisenbank Credit Suisse (CS) quasi aufzudrücken.
Was bisher aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nie möglich gewesen wäre, wird einfach mit Höherem, der Rettung des Finanzplatzes Schweiz, begründet und durchgeführt.
Halber Preis
Der Schweiz drohen Klagen über Klagen, wie etwa der auf Bankenrecht spezialisierte Rechtsprofessor Peter V. Kunz mehreren Medien in der Nacht auf Montag sagte, da die Rechtsgrundlage für die ganzen Transaktionen auf dünnem Eis gebaut seien.
Mit den CS-Grossaktionären, den Golfarabern aus Saudiarabien und Katar, muss sich die Schweiz vielleicht sogar hinter verschlossenen Türen einigen.
Zur Erinnerung, die UBS kauft die Credit Suisse zum halben Preis der Börsenkapitalisierung vom vergangenen Freitag, wie auch muula.ch berichtete. Die Eigentümer beider Grossbanken haben nichts dazu zu sagen und müssen die 76 Rappen je Titel schlucken.
Der Enteignung mit Hilfe des Staates wird damit Vorschub geleistet. Politiker von Links bis Rechts kritisieren das Vorgehen.
Der Aktienkurs der CS-Titel sank am Montagmorgen schlagartig um 63 Prozent auf rund 68 Rappen.
Entwertung durch Staat
Anleihen der CS im Wert von 17 Milliarden Franken werden zudem für ungültig erklärt – obwohl die eigentlichen Trigger für den Ausfall anders ausgestaltet sind. Mit Notrecht scheint eben alles zu gehen.
Letztlich muss der Bund aber noch mit 100 Milliarden Franken der Schweizer Zentralbank zur Seite springen, die nicht mehr ausreichende Rechtsgrundlagen hat, eine systemrelevante Bank mit noch mehr Liquidität als die ohne hin schon vergebenen 100 Milliarden Franken zu versorgen.
Oberflächliche Due Dilligence
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma sowie die Schweizerische Nationalbank SNB beteuerten doch quasi bis zum Schluss, dass alle Kennzahlen der Krisenbank eigentlich im Lot seien, aber dass eben das Vertrauen in das Geldinstitut verlorengegangen sei.
Plötzlich soll sogar ein internationales Blutbad verhindert werden müssen.
Da die UBS innerhalb der wenigen Tage nur eine oberflächliche Due Diligence bei der CS habe vornehmen können, also die Geschäfte und Bücher des direkten Wettbewerbers nicht so genau kennen soll, springt der Bund mit einer Ausfallgarantie bei wackeligen Investments ein.
Weiteres Zückerchen
Die Summe geht für den Staat bis zu 9 Milliarden Franken in die Höhe. Zuvor muss die UBS aber selbst Abschreiber von 5 Milliarden Franken auf diesem Portfolio absorbieren.
Es ist ein schönes Zückerchen des Staates zum Versüssen des ohnehin attraktiven Deals. Die UBS bekommt die ganze CS und kann selbst entscheiden, was sie behalten und was sie einstampfen will.
Versagen der Regulierung
Der ganze Vorgang sei aber eine Transaktion unter Privaten, verkündete Keller-Sutter immer wieder. Doch selbst die «Neue Zürcher Zeitung» hat daran ihre Zweifel und schrieb am heutigen Montag auf der Titelseite «Bund und Nationalbank retten die Credit Suisse».
Die Regulierung, das darf man ohne Übertreibung sagen, hat bei der CS komplett versagt. Die Finma starrt auf Kennzahlen, die allesamt grünes Licht signalisieren, und doch meldet sich die Credit Suisse selbst und braucht Staatshilfe.
Das zeigt, dass die Risiken viel zu gross, aber die Modelle nicht ausreichend sind.
Neues Monster
Viel zu gross ist nun auch die UBS. Die «NZZ» sprach sogar von einem neuen Monster. Die Bilanzsumme der «neuen UBS» ist nun fast doppelt so gross. Letztlich müssen die Risikokapitalien aber auch so hoch angesetzt werden, dass ein weiterer Unfall vollständig verhindert werden kann.
Die UBS wird sich dagegen zu wehren wissen, wie sie sich – gemeinsam damals noch mit der CS – gegen strengere Kapital- und Liquiditätsvorschriften bei «Too Big To Fail» erfolgreich gewehrt hatte.
Schmoren in Hölle
Das Schweizer Volk muss die Scherben immer wieder aufkehren. Pensionskassen verlieren ihre Investments. Mitarbeiter verlieren ihre Arbeitsplätze. Kunden verlieren ihre Hausbank.
Und die Verantwortlichen für das Desaster sind mit hohen Boni über alle Berge.
Bleibt nur zu hoffen und als kleiner Trost, dass sie eines Tages auch in Teufels Küche landen.
20.03.2023/kut.