Die NZZ-Gruppe ist nur noch ein halber Zwerg

Das NZZ-Gebäude im Zentrum von Zürich
Die NZZ-Mediengruppe an der Zürcher Falkenstrasse. (Bild: PD)

Das Verlagshaus «Neue Zürcher Zeitung» lässt sich auf viele Abenteuer ein. Lohnt sich der Fokus auf die Weltpolitik & Co. aber geschäftlich?

Der aktuelle Geschäftsbericht der NZZ-Mediengruppe zeigt die dramatische Entwicklung.

Der Verwaltungsrat der «Alten Tante» hat mit dem Fokus des Medienhauses auf die grosse Weltpolitik und die Expansionsabenteuer in die Filmwelt & Co. sowie jenseits der Schweizer Landesgrenzen einen Zwerg geschaffen.

Umsatz halbiert

Die Geldvernichtung ist dabei eklatant. Dafür muss man bloss mal den aktuellen Jahresabschluss der NZZ-Gruppe mit jenem des Jahres 2011 vergleichen.

Damals betrug der Umsatz 527 Millionen Franken und der Konzerngewinn lag bei rund 37 Millionen Franken. Das Eigenkapital kam auf 426 Millionen Franken.

Nun, etwas mehr als eine Dekade später, kommt das Zürcher Medienhaus an der Falkenstrasse auf einen Umsatz von nur noch 250 Millionen Franken und der Gewinn lag bei mageren 20 Millionen Franken, also alles noch gut halb so hoch.

Das Eigenkapital ist mit 287 Millionen Franken um rund ein Drittel geschrumpft.

Belegschaft stark geschrumpft

Und noch eine Kennzahl schreckt auf. Der aktuelle Personalbestand liegt bei rund 850 Vollzeitstellen (FTE). Im Jahr 2011 waren es mit 1629 FTE noch rund doppelt so viele Mitarbeiter gewesen.

Die Einnahmen im Werbemarkt haben sich dabei ungefähr halbiert. Im Lesermarkt gibt es rund ein Drittel weniger Umsatz.

Der übrige Ertrag mit Veranstaltungen & Co. ist auch nur noch zirka halb so hoch und gedruckt wird in eigenen Druckereien ohnehin nichts mehr.

Lichtjahre zu «WSJ», «FT» und «FAZ»

Das Medienhaus, dessen Gründung auf das Jahr 1780 zurückgeht, ist also alles andere als auf einem Wachstumskurs.

Und von grossen Konkurrenten, wie der «New York Times», dem «Wall Street Journal», der «Financial Times», der «Welt» oder der «Frankfurter Allgemeine Zeitung», ist die «NZZ» mittlerweile Lichtjahre entfernt.

Beobachtern sticht dabei besonders der Abbau von Wirtschaftsberichten negativ im Hause «NZZ» ins Auge. Super-Chefredaktor Eric Gujer trimmt das Blatt aber hauptsächlich auf Russland, China, die USA sowie Deutschland und will zu den Weltblättern politisch aufholen.

Anteilige Probleme hinzugebucht

«Die Zusammenlegung der Regionalmedien bewährt sich», hiess es beispielsweise einmal strategisch von der Zürcher Falkenstrasse.

Im Jahr 2022 resultierte aus dem Joint Venture mit CH-Media aber ein Konzernverlust für die NZZ-Gruppe von fast 200 Millionen Franken.

Im Jahr 2023 wird der Verlust von CH-Media mit dem Beteiligungsverhältnis von 35 Prozent auch nochmal anteilig bei der NZZ-Gruppe verbucht.

Fehlinvestition Architektur

Die Geschäftsabenteuer in die Filmwelt mit dem Zürcher Film Festival ZFF, in die Architektur-Welt, nach Österreich und nun nach Deutschland haben alle nur zu einer Schrumpfung der Einnahmen und des Gewinns geführt.

Allein zu den akquirierten DAAily platforms, die reichweitenstärkste Architektur- und Design-Community, hiess es plötzlich, dass das Geschäft in Märkten agiere, die von hoher Inflation und rezessiven Tendenzen geprägt seien.

«DAAily platforms reagierte auf die rückläufige Geschäftsentwicklung mit einer Restrukturierung, um das Unternehmen zurück in die Profitabilität und auf Wachstumskurs zu führen», was eine Fehlinvestition bloss freundlich umschreibt.

Fernseh-Ertrag ausgeschaltet

Ab diesem Berichtsjahr wird aus Wesentlichkeitsgründen auch noch auf die Konsolidierung der konzessionierten Fernsehgesellschaften verzichtet. Folglich falle kein Ertrag Werbemarkt TV mehr an, hiess es.

Damit fielen im «übrigen Ertrag» allerdings wieder rund 7 Millionen Franken weg.

Die Tele 1 in Luzern und TVO aus St.Gallen sind also für das Zürcher Medienhaus so gut wie Geschichte.

Kopieren von Google

Auffällig ist nun allerdings, dass das Schweizer Vorzeige-Medienhaus mit der eigenen Vermarktungsfirma von Werbung Audiennzz selbst zu einem Google mit dem Anbieten von automatisierter Werbung für Publisher werden will.

In Deutschland kaufte die NZZ-Gruppe im Jahr 2023 nämlich die Firmen Netpoint Media mit TripleDoubleU hinzu und übernahm somit mehrere hunderttausende Online-Werbeklicks.

Im Geschäftsbericht 2023 hiess es dazu:

«Der Ertrag Werbemarkt Online/Rubriken stieg im Vergleich zum Vorjahr um 22 Prozent oder 8,8 Millionen Franken an. Diese Zunahme resultiert grösstenteils aus dem Wachstum des Digital-Advertising-Spezialisten Audienzz, der Anfang 2023 den deutschen Online-Vermarkter netpoint media und die zugehörige Digital-Agentur TripleDoubleU übernommen hat.»

Personalaufbau in Deutschland

Die «Alte Tante» an der Falkenstrasse setzt also gar nicht mehr so stark auf ihre Publizistik mit ihren eigenen Online-Titeln, die möglichst viel Werbung auf ihren Plattformen ausspielen.

Die «Alte Tante» setzt vor allem auf das Geschäft in Deutschland mit dem Anbieten von Online-Werbung für Portale.

Der Anstieg im Personalaufwand mit 27 Vollzeitstellen im Jahr 2023 auf die 850 FTE wird denn auch hauptsächlich mit dem organischen Wachstum von Audienzz und der Akquisition von netpoint media begründet.

Grosse Weltpolitik lohnt nicht

«Unser strategischer Fokus auf die Publizistik hat zum Ziel, den strukturell rückläufigen Werbemarkt durch Wachstum im Lesermarkt und bei den Business Medien zu kompensieren», hiess es einst zur Strategie.

Etienne Journod und Isabelle Welton an der Spitze des NZZ-Verwaltungsratsrates haben dies wohl geschafft – das vermeintliche Weltblatt ist aber eben nur noch ein halber Zwerg.

Der Fokus des Zürcher Medienhauses auf die grosse Weltpolitik und auf viele Nebenaktivitäten bei gleichzeitigem Radikalabbau der Wirtschaftsberichterstattung lohnt sich wirtschaftlich ganz klar nicht. 

13.03.2024/kut.

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