Schweizer Banken sind verschwiegen und über Kunden gelangt kaum etwas nach aussen. Doch Dubai macht einen Strich durch die Schweizer Rechnung.
«Unsere ‚raison d’être‘ ist es, unsere Kunden dabei zu unterstützen, durch eine komplexe Welt zu steuern, und gleichzeitig sicherzustellen, dass das Finanzwesen zu einer besseren und gerechteren Gesellschaft für alle beiträgt. Dies tun wir seit mehr als 200 Jahren.»
So lautet es in einer Imagebroschüre der Genfer Privatbank Mirabaud.
Millionenbusse an Dubai
Es mag dabei durchaus stimmen, dass Mirabaud den Kunden hilft, durch eine komplexe Welt zu kommen.
Allerdings darf mit Blick auf einen Bericht über das Geldhaus aus den Vereinigten Arabischen Emiraten durchaus angezweifelt werden, dass der zweite Halbsatz vollständig korrekt ist und Mirabaud gleichzeitig sicherstellen will, dass das Finanzwesen zu einer besseren und gerechteren Gesellschaft für alle beiträgt.
Die Dubai Financial Service Authority (DFSA) verdonnerte Mirabaud nämlich zu einer Millionenbusse, weil die Bank ihre eigenen Regeln bezüglich Geldwäscherei und Compliance nicht eingehalten hat.
Über den Vorfall von Mitte Juli berichtete am Freitag zuerst das Portal «Inside Paradeplatz».
Druck auf Schweiz
Doch schaut man sich den Untersuchungsbericht genauer an, wird klar, wie die Schweizer «Geldmaschine» genau funktioniert, denn die Behörde in Dubai hat sich nicht nur die Mühe gemacht, detailliert jede Transaktion aufzuschreiben und zu publizieren, sondern auch die bankinternen Abläufe dazu gegenüberzustellen.
Damit werden das Geschäftsmodell und die Prozesse transparent.
Letztlich wird klar, dass sowohl der Kundenbetreuer als auch Bankmanager mehrfach beide Augen zugedrückt haben, wenn es um das eigene Geschäft ging, aber durchaus fragwürdige Transaktionen betraf.
Von einem Finanzwesen für eine bessere und gerechtere Gesellschaft kann daher eigentlich kaum die Rede sein.
Unklar bleibt allerdings, wie die arabische Behörde der Schweizer Bank in Dubai auf die Schliche kam und warum der brisante Report zu Transaktionen von Juni 2018 bis Oktober 2021 gerade momentan publik wird, wo die USA starken Druck auf die Schweiz ausüben, wie auch muula.ch berichtete.
Russland, Fussball und Zypern
Was hatte Mirabaud also für Kunden in Nahost?
Als «Mister A» bezeichnete die DFSA den Gründer und Chairman eines russischen Konglomerats. Sodann ist in dem Detailreport von einem «Mister B» die Rede, einem internationalen Ex-Fussballer und Fussball-Agenten, der nicht nur eigene Beteiligungen verwaltete, sondern mit einem zypriotischen PEP sogar ein 50:50-Business betrieb.
PEP ist die Bezeichnung für ‚politically exposed person‘, also einer politisch exponierten Persönlichkeit.
Hinzu kam noch «Mister C», ein Spanier, der aber auch auf Zypern lebt.
Viele Fragezeichen
Damit war an Internationalität in Dubai allerdings noch nicht genug, denn neben Immobiliendeals der Beteiligten gab es bei Mirabaud Middle East Limited auch Geschäfte, die über Hongkong abgewickelt worden waren und Elektronikwaren betrafen.
Die Compliance-Abteilung fragte intern eigens noch beim Kundenbetreuer nach, weshalb «ein Unternehmen aus Hongkong (das seine Bankgeschäfte mit einer Bank in Singapur abwickelt), das einem slowakischen Staatsangehörigen gehört, einem zyprischen Staatsangehörigen mit Wohnsitz in Zypern über Litauen» solche Elektronikwaren liefere.
Der Fussballer war dort auch geschäftlich aktiv, obwohl sein Lebenslauf, der zur Kontoeröffnung als Dokument eingereicht worden war, keinerlei Verbindungen nach Hongkong aufgewiesen hatte.
Frage zu 22.000 Nähmaschinen
Im Untersuchungszeitraum flossen fast dann 40 Millionen Dollar auf die Singapurer Bank und ging auf Geschäfte beispielsweise mit 22.000 Nähmaschinen, Luftreinigungsgeräten, 3D-Druckern und Wasserentsalzungsanlagen zurück.
Bei einer internen Befragung, warum es etwa so viele Nähmaschinen heutzutage noch brauche, antwortete der Kundenberater, dass diese in die Zimmer von Hausmädchen installiert würden, welche Teil von Immobilienbauten der Geschäftsleute seien.
Obwohl das alles abenteuerlich klang, hätten die Verantwortlichen diese merkwürdige Erklärung aber akzeptiert.
Zwischen den drei Herren und ihren Firmenkonstrukten flossen laut dem Report neben den Transaktionen nach Asien insgesamt 123,5 Millionen Dollar, welche die Finanzkontrolleure in einem schönen Chart darstellten.
Die Hintergründe dieser Finanzbewegungen blieben aber alle schleierhaft.
Rote Flaggen und PEP
Neben weiteren Merkwürdigkeiten, wie der Autorisierung von Zahlungen für den Fussballer durch Mitarbeiter von russischen «Mister A» und verbotene Zahlungseingänge für den PEP von anderen Personen, hätte all dies viele Warnsignale aufleuchten lassen müssen, so die DFSA.
Zwar lässt die ganze Untersuchung letztlich offen, ob es sich bei den genannten Fällen tatsächlich um Geldwäscherei oder sogar Terrorfinanzierung gehandelt habe. Doch noch ein «rotes Fähnchen» machten die Finanzkontrolleure bei dem Genfer Konkurrenten von Pictet und Lombard Odier dann doch noch publik.
Und dies sind die hohen Fees, welche Mirabaud mit den ganzen Banktransaktionen eingenommen hat.
Warnsignale wegen unsinniger Geschäfte
Die betroffenen Kunden zahlten nämlich sehr hohe Gebühren, um ihre Konten am Laufen zu halten.
«Während des relevanten Zeitraums zahlten die angeschlossenen Kunden rund 1,5 Millionen Dollar an Gebühren und erhielten nur 950.000 USD an Zinsen, von denen 850.000 USD aus Treuhandanlagen stammten, was zu einem Gesamtverlust von fast 580.000 USD führte», hiess es im Dubai-Report.
Die Nutzung solcher Anlagekonten, für die höhere Gebühren anfallen als etwa für herkömmliche Giro- und Sparkonten, sei aber wirtschaftlich gar nicht sinnvoll, schrieben die Kontrolleure weiter.
Und nur schon dies alleine hätte für Mirabaud ein Warnsignal sein müssen.
Sinkende Gewinne
Wer in die Geschäftsberichte der Mirabaud-Gruppe um die geschäftsführende Gesellschafterin Camille Vial und etwa den Präsidenten des Verwaltungsrats von Mirabaud (Middle East) Limited (Dubai) Nicolas Mirabaud der vergangenen Jahre schaut, sieht allerdings, dass die Gewinne des Geldhauses trotz steigender verwalteter Vermögen markant sinken.
Dies könnte eventuell intern zu Druck auf Kundenberater geführt haben.
Der Abschluss der Mirabaud-Gruppe für das Geschäftsjahr 2022 weist einen Reingewinn von 32 Millionen Franken aus. Im Jahr 2021 waren es noch 40,5 Millionen Franken gewesen.
Vor der Coronavirus-Pandemie im Jahr 2019 war dagegen ein Konzerngewinn von 50,8 Millionen Franken angefallen und im Geschäftsjahr 2018 hatte Mirabaud sogar rund 60 Millionen Franken unter dem Strich erwirtschaftet.
Zweifel an Selbstdarstellung
Letztlich zeigt sich bei alldem um das russische Konglomerat, dem Fussballstar und dem Spanier auf Zypern, die ihre Geschäfte aus Hongkong mit einer Singapurer Bank über die Vereinigten Arabischen Emirate bei einer Schweizer Bank abwickeln, dass es noch ein weiter Weg für ein Finanzwesen zu einer besseren und gerechteren Gesellschaft ist.
In einem Image-Video über Mirabaud in Dubai hiess es, die Schweizer Privatbank denke nicht von Quartal zu Quartal, sondern von Generation zu Generation. Angesichts der genannten Missstände kommen da bei Beobachtern sicher Zweifel auf.
06.08.2023/kut.