Die Industrie Deutschlands ist mit Hiobsbotschaften aufgefallen. Die Aussagen treffen auch die Schweiz.
Die Industrie der Exportnation Deutschland hat ein düsteres Bild von ihrer eigenen Zukunft gezeichnet.
Rund 15 Prozent der mittelständischen Unternehmen haben ihre Produktion in Deutschland derzeit reduziert oder gar ganz unterbrochen.
Zwei Herausforderungen
Dies ist das Ergebnis einer Umfrage des deutschen Industrieverbandes BDI, wie die «Welt am Sonntag» in ihrer jüngsten Ausgabe berichtete. Es sorgt derzeit in Industriekreisen für Aufsehen.
Im Vergleich mit einer ähnlichen Umfrage im Februar vergangenen Jahres ist das nämlich ein Anstieg um acht Prozentpunkte.
Als grösste Probleme nennen die Firmen zwei Umstände. Rund 76 Prozent der Befragten hielten den Fachkräftemangel und 62 Prozent die hohen Energiepreise für die grössten Herausforderungen.
Produktion ins Ausland
Doch viele Unternehmen reduzieren nicht nur die Produktion in Deutschland. Die deutschen KMU verlegen auch ihre Produktionsstätten. Dies dürfte direkte Auswirkungen auf die Schweiz haben, denn die beiden Exportnationen sind stark über Zulieferbetriebe miteinander verbunden.
Rund 16 Prozent der befragten deutschen Unternehmen seien bereits aktiv dabei, Teile der Produktion und Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern, hiess es. Weitere 30 Prozent denken konkret darüber nach.
Die Schweiz kennt solche Prozesse der Deindustrialisierung nur zu gut, weil der starke Schweizerfranken die hiesigen Produktionen sehr teuer macht.
Umso mehr muss der Wirtschaftsstandort Schweiz schauen, dass die Rahmenbedingungen stimmig bleiben.
Abbau von Bürokratie
Der berühmte BDI stellt aufgrund der Umfrageergebnisse nun Forderungen an die deutsche Regierung.
Die Industrie benötige für mehr Investitionen einen spürbaren Bürokratieabbau sowie gezielte Steuersenkungen, hiess es. Die Politik sei in der Verantwortung, die Rahmenbedingungen am Standort zu verbessern.
Das sind also keine Floskeln, sondern konkrete Sorgen von Industriebetrieben. Da sollten also auch Schweizer Politiker genau hinhören.
Fachkräfte holen
Der BDI forderte, den Strompreis für die Industrie dringend verlässlich und dauerhaft auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zu senken. Sonst drohe die Transformation in der Industrie zu scheitern, hiess es zu den Folgen.
Rund drei Viertel der Unternehmen beklagen ohnehin schon zu hohe Arbeitskosten – nicht zuletzt aufgrund des gravierenden Fachkräftemangels.
Wesentliche Hemmnisse für die gezielte Erwerbsmigration seien nach wie vor komplizierte und langwierige Verwaltungsverfahren, erklärte der BDI die schwierige Situation.
Niedrige Energiekosten
Was heisst das für die Schweiz?
Klar, müssen Schweizer Zulieferer etwa für die Automobilindustrie oder die Medizinaltechnik genau beobachten, wohin sich ihre Kunden orientieren.
Aber für das Inland gilt auch, dass es gesicherte Energie und günstige Kosten dafür genauso braucht, wie der ungehinderte Zugang zu Fachkräften aus dem Ausland.
Wie muula.ch aber unlängst berichtete, sträubt sich bei der naheliegendsten Lösung zur Linderung des Schweizer Fachkräftemangels aber ausgerechnet die industriefreundliche SVP.
Vielleicht hilft es, die Vernunft walten zu lassen, wenn die grösste Schweizer Partei sieht, dass andere Länder, wie Deutschland, bei der Migration vorwärtsmachen wollen.
08.06.2023/kut.