Coop startete vollmundig das Projekt Finance+. Nach wenigen Monaten wirft der Detailhändler aber seine Digitalstrategie über den Haufen.
«Coop lanciert mit Coop Finance+ attraktive digitale Konto- und Vorsorgelösungen», hatte der Detailhändler erst Ende Oktober 2023 zur Unternehmensstrategie vollmundig angekündigt.
Nun, nur wenige Monate später, ist aber Schluss.
Mehr Wettbewerb unter Banken?
«Nach einer kurzen Pilotphase entscheidet sich Coop, das Projekt Finance+ als Betreiberin nicht weiterzuverfolgen», teilte der Detailriese am heutigen Donnerstag überraschend mit.
Als Grund für den merkwürdigen Entscheid gab Coop an, dass die Nachfrage nicht den Erwartungen entsprach.
Zudem habe sich Umfeld durch den verschärften Wettbewerb in der Finanzbranche in den vergangenen Monaten gewandelt, hiess es.
Suche nach Lösungen
Damit lässt Coop seine Kunden und namhaften Firmenpartner nunmehr hängen.
Coop gewährleiste aber den Betrieb der Plattform Finance+ bis auf Weiteres und erbringe alle Leistungen.
Für die Kunden würden Folgelösungen geprüft, hiess es.
Der genaue Zeitpunkt des Ausstieges sei noch nicht festgelegt.
Von Hypi, OLZ bis Vanguard alle dabei
In den Supermärkten gingen zwar vielen Menschen die Durchsagen zu Finance+ ohnehin rasch auf die Nerven. Kunden fragten sich, warum es überhaupt noch eine App für die Finanzen auf dem Schweizer Markt und noch eine Coop-App zu Superpunkten & Co. braucht.
Coop Finance+ ist ein Spar- und Privatkonto, mit dem man Zahlungen tätigen und für die private Vorsorge in der Säule 3a sparen kann.
Coop Finance+ lancierte die neue Dienstleistung in Zusammenarbeit mit additiv als Technologiepartner, der Hypothekarbank Lenzburg als Bankpartner beim Haushaltskonto, mit Liberty als Vorsorgestiftung, mit der Glarner Kantonalbank als Depotbank und Vermögensverwalterin der Vorsorgestiftung, mit OLZ als Fondspartner Schweiz sowie mit dem US-Vermögensverwalter Vanguard als Partner in der Anlagestrategie und Fondspartner Global. Die Namen konnten sich also sehenlassen.
Weitere Produkte sollten folgen
Kunden konnten zudem gratis Bargeldbezüge an den Kassen aller rund 1 000 Coop-Supermärkte und Coop-City-Warenhäuser tätigen. «Durch das dichteste Netz an Verkaufsstellen wird Coop somit zur grössten Anbieterin von kostenlosen Bargeld-Bezugsmöglichkeiten in der Schweiz», hiess es damals im Communiqué grossspurig.
Die eingeschlagene Strategie, den Kunden auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene, digitale Angebote anzubieten, setze Coop mit Finance+ konsequent fort.
«Weitere digitale Finanzprodukte sollen in den kommenden Monaten folgen», hatte Coop noch Ende Oktober 2023 mitgeteilt.
Trend falsch eingeschätzt
Viele Beobachter hatten sich aber gefragt, warum es ein solches Produkt auf dem Markt überhaupt noch braucht.
Obendrein ist das Bargeld auf dem Rückzug und UBS, Postfinance, & Co. fahren ihre Geldautomaten vielerorts herunter. An manchen Stellen war daher bei Coop Finance+ sogar von Todgeburt die Rede gewesen.
Dabei hatte der Konkurrent von Migros mit seiner erfolgreichen Migros Bank damit geworben, dass die Produkte qualitativ hochwertig seien und zu fairen Konditionen sowie geringen Gebühren ganz im Sinne einer Genossenschaft angeboten würden.
Mit einem überdurchschnittlichen Zins von 1,4 Prozent pro Jahr auf die Konto-Einlagen der Säule 3a, versüsste Coop sogar das Angebot.
Lange Wege in der Schweiz
Entweder sind die Kunden aber nicht in der Lage, am Finanzmarkt gut Produkte herauszufinden und zahlen lieber mehr für ihre Finanzdienstleistungen.
Oder aber Coop kennt die Menschen in der Schweiz sehr schlecht – denn bei den Sachen Geld sind die Entscheidungsprozesse nicht nur sehr, sondern sehr, sehr langsam.
Nach dem Untergang der Krisenbank Credit Suisse hätte es durchaus auch die Chance für mehr Wettbewerb am Schweizer Bankenmarkt gegeben.
Logik kommt abhanden
Coop sprach nun von Beendigung «der Pilotphase» des Projekts. Im ursprünglichen Communiqué ist von einer Pilotphase aber keine Rede gewesen.
Im Gegenteil war die Einführung der neuen Produkte und Dienstleistungen ein logischer Schritt für Coop in der Unternehmensstrategie gewesen.
Wo jetzt die Logik hin ist, sagt der Detailriese allerdings nicht.
08.08.2024/kut.